Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Christtagsfreude
In der Erinnerung sind die Weihnachtstage fast immer schön. Entweder gab es früher keinen Stress mit Vorbereitungen und Jahresabschlüssen oder Kinder blieben davon einfach verschont. Fragt man in unserer Redaktion nach Weihnachtserinnerungen, sind es Erinnerungen an Rituale: sich Jahr für Jahr wiederholende Abläufe. Das prägt so, dass sie zuweilen über Generationen hinweg nachwirken.
Jeden Heiligabend gab es das gleiche Essen: bevorzugt einfach zubereiten, aber dennoch als Besonderheit in Erinnerung. Dann die Abläufe. Am Nachmittag mussten die Kinder abgelenkt sein. Am besten von den Großeltern, bei Bekannten oder einfach in einem Zimmer zur Ruhe verdonnert, weil sonst das Christkind nicht kommen würde. Das Wohnzimmer war herzurichten. Auch wenn sonst in der Küche gegessen wurde, an diesem Abend wurde am Sofa festlich gedeckt, ein Tännchen mit genau drei Ast-Etagen mit Lametta, Kerzen und Sternspritzer dekoriert und Geschenke darunter aufgebaut.
Die Heimlichkeiten darum haben natürlich uns Kinder angesteckt. Je nach Alter reagierten wir eingeschüchtert oder keck. Als günstig erwies es sich mit der Zeit, die Eltern bis zum Abend alleine zu lassen. So gehört es zu meinen ältesten Weihnachtserinnerungen, von meinem Großvater Peter Roseggers „Weihnachtsgeschichten“vorgelesen zu bekommen: „Als ich die Christtagsfreude holen ging“. Später trafen wir uns mit Freunden, um eine Schneeburg zu bauen oder schon mal anzugeben, was man an diesem Tag noch alles ganz sicher geschenkt bekommen würde – weil man die Vorarbeiten schon durchschaut hatte. Es sind ist das Einfache, das auf Dauer prägte.