Augsburger Allgemeine (Land West)

Das war ihr Jahr

Als Wonder Woman wurde Gal Gadot zum Star. Aber es gab noch Wichtigere­s. Über ihr Leben, weibliche Rollenbild­er und die komische Uno

- Interview: Patrick Heidmann

Miss Gadot, Sie waren zuletzt als Wonder Woman in „Justice League“die einzige Frau unter lauter männlichen Superhelde­n. Wurde Ihnen das Testostero­n nicht irgendwann zu viel?

Gal Gadot: Ach Quatsch, die Arbeit mit den Jungs hat viel Spaß gemacht. Außerdem war „Wonder Woman“die Ausnahme. Eigentlich bin ich es gewohnt, in einem sehr männerdomi­nierten Umfeld zu arbeiten. Immerhin habe ich in ein paar „Fast & Furious“-Filmen mitgespiel­t. Und obendrein würde ich mich ohnehin als Tomboy bezeichnen.

(Das englische „Tomboy“wird im Deutschen gerne mit „Wildfang“übersetzt, meint aber noch mehr: Mädchen und Frauen, die sich entgegen der gängigen Geschlecht­errolle wie Jungen bzw. Männer verhalten.)

Im Film erinnert Batman Wonder Woman daran, dass sie eine Inspiratio­n für die Menschen ist. Das sind Sie persönlich spätestens nach dem großen Erfolg von „Wonder Woman“auch, nicht wahr?

Gadot: Lustigerwe­ise hatte ich darüber nie nachgedach­t, als ich die Rolle damals bekommen habe. Erst seit der Film in die Kinos kam und so ein großer Erfolg wurde, führe ich mir immer wieder vor Augen, dass damit auch eine Verantwort­ung einhergeht. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich mir auch vorher schon Gedanken darüber gemacht habe, wie ich mich präsentier­en und durchs Leben gehen will. Vermutlich nicht zuletzt, weil ich Mutter von zwei Töchtern bin. Dass so viele junge Frauen in sozialen Netzwerken nichts anderes tun, als Fotos von sich im Bikini oder von ihrem Essen zu zeigen, halte ich zum Beispiel für eine unglaublic­he Verschwend­ung von Aufmerksam­keit. Wenn so viele Blicke auf dich gerichtet sind, musst du doch etwas daraus machen.

Erfolg verpflicht­et?

Gadot: Wahrschein­lich müsste man besser sagen: Menschsein verpflicht­et. Ich bin ja auch nichts Besonderes, sondern nur eine Schauspiel­erin, die das Glück hat, eine beliebte und besondere Figur zu verkörpern. Wenn ich mit Fans und vor allem mit jungen Fans interagier­e, will ich für sie immer mit gutem Beispiel vorangehen, sowohl in der persönlich­en Begegnung als auch online. Aber eigentlich sollten wir das doch alle, oder? Egal ob berühmt oder nicht, und egal ob man Kinder hat oder nicht. Wonder Woman ist aber in ihrer Vorbildfun­ktion natürlich auch ganz besonders überlebens­groß. Setzt Sie das unter Druck?

Gadot: Ich bin alles andere als perfekt. Ich versuche es auch gar nicht zu sein, und das weiß jeder, der mich kennt. Und höchstwahr­scheinlich ist nicht einmal Wonder Woman perfekt. Denn eigentlich hat doch jeder von uns schon oft genug erlebt, dass Perfektion kaum zu erreichen ist, weder in der Arbeit noch als Mutter oder als Partner. Ich finde das auch gar nicht schlimm. Mir ist nur wichtig, dass ich immer mein Bestes versuche und aufmerksam und konzentrie­rt bin. Davon abgesehen will ich einfach das Leben genießen und mich nicht von irgendwelc­hen unrealisti­schen Erwartunge­n unter Druck setzen lassen.

Ihr Leben dürfte sich 2017 auf jeden Fall grundlegen­d verändert haben. Was war denn jenseits des sensatione­llen Erfolgs von „Wonder Woman“das Irrste, was in diesem Jahr passiert ist?

Gadot: Das war natürlich die Geburt meiner zweiten Tochter, gerade einmal sechs Wochen bevor die Pressetour zu „Wonder Woman“losging. Und dann habe ich mir kurz vor der Weltpremie­re auch noch eine Rückenverl­etzung zugezogen. Dass war fast ein bisschen sinnbildli­ch: die beiden Geburten – also die meiner Tochter und die des Films – brachen mir das Kreuz (lacht). Auf jeden Fall war das komplette Jahr 2017 dermaßen überwältig­end, dass ich bis heute noch nicht richtig verschnauf­en oder gar darüber nachdenken konnte. Ich glaube, dass ich erst in ein oder zwei Jahren wirklich werde wertschätz­en können, was alles Unglaublic­hes passiert ist. Und 2018 tut mir ehrlich gesagt jetzt schon leid. Denn es wird dieses Jahr mit ziemlicher Sicherheit nicht toppen können.

Kürzlich waren Sie sogar Gastgeberi­n der legendären Sketch-Show „Saturday Night Live“, was im Showgeschä­ft als besondere Ehre gilt…

Gadot: Das war vollkommen verrückt. Ich liebe die Sendung, deswegen habe ich gleich zugesagt. Aber ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, worauf ich mich eigentlich einlasse. Das war eine richtig stressige Angelegenh­eit. Die Sendung ist ja wirklich live, bis zur letzten Sekunde werden noch die Sketche verändert und obendrein ist ja Englisch nun einmal nicht meine Mutterspra­che. Trotzdem will ich diese Erfahrung auf keinen Fall missen, und ich bewundere die Autoren und Komiker, die dort arbeiten, wirklich sehr.

Noch mal kurz zu Ihrer zweiten Schwangers­chaft? Wie haben Sie die eigentlich mit den körperlich doch sicher recht anstrengen­den Dreharbeit­en für „Justice League“unter einen Hut gebracht?

Gadot: Das Gute war, dass ich erst während der Dreharbeit­en schwanger wurde – und da dann ausgerechn­et die körperlich besonders mühsamen Szenen schon hinter mir hatte. Aber die grellen Scheinwerf­er und die ganzen Green Screens machten mir zu schaffen. Mir wurde ziemlich oft schlecht und ich bekam Migräne, weswegen ich dann anfing, mit Sonnenbril­le bei der Arbeit aufzutauch­en. Meine Kollegen machten sich natürlich lustig, als sie noch nicht wussten, was Sache ist. Ezra Miller scherzte zum Beispiel immer, dass ich jetzt wohl einen auf Hollywood-Diva machen würde. Dabei habe ich nur versucht, nicht zu kotzen.

Negative Schlagzeil­en hat Wonder Woman in den letzten anderthalb Jahren eigentlich nur einmal gemacht. Die Uno ernannte sie 2016 erst zur Sonderbots­chafterin für Frauenrech­te, nur um dann doch einen Rückzieher zu machen. Es gab Kritik, dass die Figur nicht feministis­ch sei, sondern eher für eine Objektifiz­ierung der Frau stehe. Haben Sie das verstanden?

Gadot: Ich fand die Sache ziemlich seltsam. In meinen Augen steht Wonder Woman für die Selbstermä­chtigung von Frauen, für Fairness und Gleichbere­chtigung, Liebe und Akzeptanz. Deswegen fand ich eigentlich, dass die Uno eine gute Wahl getroffen hatte. Ich konnte mir gut vorstellen, dass eine positive Signalwirk­ung von so einer Initiative hätte ausgehen können. Mir wurde nie genau erklärt, warum die Entscheidu­ng plötzlich rückgängig gemacht wurde. Zuletzt habe ich gehört, dass nun vielleicht die Zeichentri­ckfigur Peppa Wutz Sonderbots­chafterin werden soll (grinst). Aber wie gesagt: Für Erklärunge­n müssen Sie sich an die Uno wenden.

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 ??  ?? 2017 Ihre Karriere Mit 19 Jahren wurde Gal Gadot zur Miss Israel gewählt, vier Jahre später gab sie in einer Fern sehserie ihr Schauspiel­debüt und inzwischen ver körpert sie mit Wonder Woman die weibliche Su perheldin schlechthi­n. Dazwischen lagen: ein...
2017 Ihre Karriere Mit 19 Jahren wurde Gal Gadot zur Miss Israel gewählt, vier Jahre später gab sie in einer Fern sehserie ihr Schauspiel­debüt und inzwischen ver körpert sie mit Wonder Woman die weibliche Su perheldin schlechthi­n. Dazwischen lagen: ein...
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2004

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