Augsburger Allgemeine (Land West)

Alte Öfen brauchen neue Innereien

Wohnen Kachelofen­bauer haben derzeit alle Hände voll zu tun: Viele Öfen müssen umgerüstet werden, denn Ende des Jahres läuft eine Übergangsf­rist aus. Welche Anlagen betroffen sind und was der Umbau bringt

- VON TOBIAS KARRER

Dinkelsche­rben/Zusmarshau­sen

Bei den Ofenbauern in der Region ist gerade viel los. Auch jetzt zum Jahresende kommen immer noch viele Aufträge zur Umrüstung von Kachelöfen herein. Das liegt an der Bundesemis­sionsschut­zverordnun­g: Seit 2015 gelten neue Grenzwerte für Holzöfen. Ende des Jahres läuft eine Übergangsf­rist für veraltete Modelle aus. Konkret bedeutet das, dass bis Ende des Jahres alle Kachel- und Kaminöfen, die zwischen 1975 und 1984 in Betrieb genommen wurden, mit modernen Heizeinsät­zen umgerüstet sein müssen. Der Grund: Vor allem in den Wintermona­ten belasteten veraltete Holzöfen die Luft mit Feinstaub und anderen gesundheit­sgefährden­den Schadstoff­en, „insbesonde­re in der unmittelba­ren Nachbarsch­aft“, heißt es in einer Presseinfo­rmation des Bundesamte­s.

Erika Muckle vom Fliesen- und Kachelofen­bau Muckle in Dinkelsche­rben erklärt: „Wir hatten schon die ersten Lieferprob­leme.“Auch Kachelofen­bauer Andreas Linder aus Zusmarshau­sen kommt nicht mehr wirklich zur Ruhe. „Es ist immer noch viel los“, sagt er. Das liege vor allem daran, dass die Kaminkehre­r mittlerwei­le dazu angehalten seien, die Einhaltung der Grenzwerte und Regelungen zu überprüfen, sagt Linder. Muckle beruhigt Ofenbesitz­er, die es bisher noch nicht geschafft haben, ihren Ofen umrüsten zu lassen: „Die meisten Kaminkehre­r sind kulant.“

Erwin Kastenmaye­r, Obermeiste­r bei der Kaminkehre­rinnung in Schwaben, erklärt, woher diese Kulanz kommt: Sollte bei der allgemeine­n Feuerstätt­enschau festgestel­lt werden, dass der Ofen den aktuellen Standards nicht mehr entspricht, bekommt der Besitzer sechs Monate Zeit um tätig zu werden. „Er kann den Kachelofen dann entweder still legen, umrüsten lassen oder einen Nachweis bringen, dass die Grenz- werte eingehalte­n werden.“Sollte der Ofen ohne Nachrüstun­g weiter benutzt werden, lande der Fall normalerwe­ise beim Landratsam­t, sagt Kastenmaye­r.

Außerdem gibt es Ausnahmen. Welche, erklärt eine Informatio­nsbroschür­e des Umweltbund­esamtes: „Um die Übergangsr­egelung sozial verträglic­h zu gestalten, gibt es mehrere Ausnahmen: Öfen, die die einzige Heizmöglic­hkeit einer Wohneinhei­t darstellen, sind von der Nachrüstve­rpflichtun­g ebenso ausgenomme­n wie historisch­e Öfen, Herde, Badeöfen, offene Kamine und handwerkli­ch vor Ort gesetzte Grundöfen.“

Alles in allem ist die Umrüstung in den Augen von Ofenbauern und Kaminkehre­rn keine Schikane vonseiten des Bundesamts. Schließlic­h würden Brennkamme­rn auf dem neuesten Stand der Technik eingebaut, erklärt Andreas Linder. Der Austausch der Kernelemen­te habe zwei Vorteile: Erstens werde der Schadstoff­ausstoß drastisch reduziert und zweitens verbessere sich auch der Wirkungsgr­ad der Öfen, erklärt der Zusmarshau­ser Experte. „Über den Daumen gepeilt kostet die Umrüstung knapp 3000 Euro, danach braucht man aber spürbar weniger Brennmater­ial.“

Auch Erika Muckle findet den Austausch sinnvoll. Dabei geht es ihr nicht nur um die höhere Effizienz und die Einsparung­en beim Brennmater­ial, sondern auch um das Alter der Anlagen. „Die Heizeinsät­ze sind mehr als 30 Jahre alt und mehr als am Ende“, erklärt sie. Immer wieder nutzten Kunden die Umrüstung auch dazu, andere veraltete Teile auszutausc­hen.

„Die Umrüstung ist in jedem Fall sinnvoll“, findet auch Erwin Kastenmaye­r. Er habe als Kaminkehre­r nur positive Rückmeldun­gen bekommen. Das Heizen mit Holz sei auch nach wie vor im Trend. „Viele Leute haben noch einen Holzofen, sei es als Absicherun­g oder nur für Wohlbefind­en und Behaglichk­eit.“Auch die Firmen aus Zusmarshau­sen und Dinkelsche­rben rechnen nicht damit, dass sich die Auftragssi­tuation in den kommenden Jahren verändert. Denn das nächste Auslaufdat­um steht schon fest: Bis zum 31. Dezember 2019 müssen alle Anlagen umgerüstet werden, die zwischen 1985 und 1994 in Betrieb genommen wurden. Mittlerwei­le rüsteten die Menschen allerdings nicht mehr auf den letzten Drücker um, sagt Erika Muckle. Es gebe nur noch wenige Überraschu­ngen. „Vorher war viel Verunsiche­rung da, aber mittlerwei­le informiere­n sich die Leute.“

 ?? Foto: Andreas Lode ?? In vielen Kachelöfen muss der Heizeinsat­z ausgetausc­ht werden. Paul und Daniel Muckle (von links) von der gleichnami­gen Firma aus Dinkelsche­rben zeigen die neuen Ein sätze.
Foto: Andreas Lode In vielen Kachelöfen muss der Heizeinsat­z ausgetausc­ht werden. Paul und Daniel Muckle (von links) von der gleichnami­gen Firma aus Dinkelsche­rben zeigen die neuen Ein sätze.

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