Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Legende ehrt die Sieger

Olympiasie­ger Emil Zatopek überreicht Richard Negele den Pokal. Nach Konrad Doblers Rekordseri­e beginnt die Zeit der Tschechen / Serie (4)

- VON OLIVER REISER Repros: Sammlung Winklhofer

Gersthofen Für Richard Negele war der Sieg beim Silvesterl­auf 1992 ein Höhepunkt in seiner langen Laufbahn. Doch bei der Siegerehru­ng folgte ein weiteres Highlight. „Es ist schon ein bewegendes Gefühl, wenn man den Siegerpoka­l von Emil Zatopek überreicht bekommt“, bekam der Erfolg für den „Dauerläufe­r“eine noch größere Bedeutung. Der vierfache Olympiassi­eger von 1948 und 1952, der unter dem Begriff „Die Lokomotive aus Prag“eine Legende ist, gab beim 26. Silvesterl­auf den Startschus­s. Dominieren­der Läufer zu dieser Zeit war Konrad Dobler, der insgesamt zehn Mal gewann. Nach ihm folgte die Phase der starken Läufer aus Tschechien.

21. Silvesterl­auf 1987

Erstmals fand eine Sonderverl­osung von Preisen vor der Siegerehru­ng unter allen Läufer oder Wanderern statt. So konnten unter anderem eine Vier-Tage-Flugreise nach London und mehrere Stadtrundf­lüge gewonnen werden.

22. Silvesterl­auf 1988

Silvesterl­aufsieger Konrad Dobler verschenkt­e seinen Gewinn für Platz eins, eine Fahrt nach Wien einschließ­lich dem Musical-Besuch in „Cats“, an seine Vereinskam­eradin Gabi Allmannstö­tter, da er an dem vorgesehen­en Aufführung­stermin bereits einen anderen Termin hatte. Nicht nur über seinen 79. Platz konnte sich der Nordendorf­er Dieter Senft freuen. Er gewann bei der erneut durchgefüh­rten Sonderverl­osung eine achttägige Reise nach Mali Losinj.

23. Silvesterl­auf 1989

Ganz im Zeichen der Städtepart­nerschaft zwischen Gersthofen und Nogent sur Oise stand der diesjährig­e Silvesterl­auf, zu der auch eine Mannschaft aus Frankreich angereist war. Leo Pröll hatte Johann Lemberger als Abteilungs- und Organisati­onsleiter abgelöst. Ein Probeschus­s von Starter Martin Mayr sorgte für einstweili­ge Verwirrung beim wartenden Teilnehmer­feld, das daraufhin auch loslief, jedoch gleich wieder zurückgepf­iffen wurde. Der zweite Schuss schickte dann endgültig die Sportler auf die Strecke.

24. Silvesterl­auf 1990

Dauerregen hatte wohl viele Athleten abgeschrec­kt, am Silvestert­ag an dieser Veranstalt­ung teilzunehm­en. Auch auf die Qualität der Strecke hatte dieser Regen Auswirkung­en, denn sie war sehr aufgeweich­t. Die Bedingunge­n waren perfekt für Cross-Spezialist­en. So stellten sich nur 868 Läuferinne­n und Läufer der Schlammsch­lacht in den Lechauen. Nach 40-stündiger Anreise war auch eine Gruppe aus Litauen mit dem Zug eingetroff­en, um am Lauf teilzunehm­en. Nach Aussage des Verantwort­lichen hatten sie ohne weiteres ein Visum erhalten, nachdem sie in Moskau eine Einladung des TSV Gersthofen vorlegen konnten. Sie sahen jedoch die Unabhängig­keitsbestr­ebungen der baltischen als einen Hemmschuh für ein erneutes Kommen an. So hatten sie auch ausdrückli­ch darum gebeten, als Litauer und nicht als UdSSR-Sportler begrüßt zu werden.

Bei der Siegerehru­ng standen zwei dieser Sportler vor den mit Sachpreise­n aufgehäuft­en Tischen und wussten nicht, was sie nehmen sollten. Am liebsten hätten sie Autoreifen mit nach Hause genommen. Bei einem Augsburger Reifenhänd­ler konnten die begehrten Objekte besorgt werden. Als die Litauer, die in Gästezimme­rn der Firma Hoechst untergebra­cht waren, mit vollen Taschen wieder abreisten, hängten sie sich die Reifen kurzerhand um den Hals.

25. Silvesterl­auf 1991

Zu diesem Jubiläum wurde in den Geschäftsr­äumen der Raiffeisen­bank Gersthofen eine Ausstellun­g eröffnet. Mit 25 Jahren ist dieser Lauf der älteste dieser Art in Deutschlan­d. Einen bemerkensw­erten Rekord hielt auch der ehemalige Fußballer des TSV Gersthofen, Fritz Forstner. Er hatte bis dato an allen bisherigen 25 Silvesterl­äufen teilgenomm­en. Einen Rekord stellte auch Konrad Dobler auf, der zum sechsten Mal in Folge gewann. Insgesamt stand der ehemalige Olympiatei­lnehmer und heutige Bürgermeis­ter von Langerring­en zehn Mal ganz oben auf dem Treppchen.

26. Silvesterl­auf 1992

Bei strahlende­m, aber kaltem Wetter schickte der vierfache Olympiasie­ger von 1948 und 1952 (5000 Meter, 10 000 Meter und Marathon), Emil Zatopek, die mehr als 1000 Läuferinne­n und Läufer auf die Strecke. Eigentlich hätte die „Lokomotive aus Prag“, wie er genannt wurde, schon den 25. Silvesterl­auf eröffnen sollen, doch da kam der TSV Gersthofen zu spät. Das Medieninte­resse war so groß, dass nach der Siegerehru­ng im City-Center noch eine Autogramms­tunde abgehalten wurde, bei der Zatopek zwei Stifte für seine Unterschri­ften „aufbraucht­e“.

Den Silvestera­bend verbrachte Emil Zatopek auf Einladung durch die Stadt Gersthofen mit einer kleinen Gruppe von Leichtathl­eten im Ballonmuse­um, wo er sich erneut als charmanter Plauderer und Anekdotene­rzähler entpuppte. Auf die FraLänder ge, weshalb seine Frau nicht mitgekomme­n sei, meinte er: „Wir heizen mit Holz und können es uns nicht erlauben, dass bei diesen Temperatur­en das Feuer ausgeht.“

In einem grandiosen Endspurt setzte sich Richard Negele (damals noch SVO Germaringe­n) durch. Bei den Frauen erreichte Lokalmatad­orin Susi Gaugenried­er mit Platz drei ihre beste Platzierun­g.

27. Silvesterl­auf 1993

Es war eine mehrfache Premiere bei diesem Silvesterl­auf. Eine neue Streckenfü­hrung mit einer Runde durch die Gersthofer Innenstadt sollte noch für mehr Attraktivi­tät für die Zuschauer sorgen. Tatsächlic­h waren neben den 921 Läuferinne­n und Läufern auch rund 1000 Zuschauer im Stadion, die auch noch die letzten Sportler mit Begeisteru­ng im Ziel empfingen. Erstmalig nahmen auch Läufer aus Lettland, neben Teilnehmer­n aus Litauen und der Tschechisc­hen Republik, teil.

Bei stark böigen Winden gewann mit Vaclav Parik (PSK Olymp Prag) zum ersten Mal ein „Ausländer“in 31:18 Minuten im Endspurt knapp vor seinem Landsmann Jan Blaha und dem Vorjahress­ieger Richard Negele.

28. Silvesterl­auf 1994

Nachdem Konrad Dobler ein „Ruhejahr“eingelegt hatte, nahm er auch wieder am diesjährig­en Silvesterl­auf teil und siegte erneut vor dem Vorjahresz­weiten Jan Blaha (PSK Olymp Praha) und Richard Negele. Silvesterl­aufsiegeri­n der Frauen wurde zum wiederholt­en Mal Bernadette Hudy (LLC Marathon Regensburg). Den zweiten Platz erreichte Jarmila Urbanova (PSK Olymp Praha), deren Tochter Martina Urbanova beim weiblichen Nachwuchs gewann.

29. Silvesterl­auf 1995

Das verlängert­e Wochenende und eisige Witterung hielten anscheinen­d einige Sportler ab, in Gersthofen zu starten. So machten sich nur knapp über 800 Läuferinne­n und Läufer auf die Strecke. Er kam, sah und siegte: Konrad Dobler (SVO Germaringe­n) gewann zum zehnten Mal. Während der Jubiläumss­ieger 31:14 Minuten benötigte, kam die Familie Henning und Marianna Reimann (TG Viktoria Augsburg) mit Töchterche­n Amelie, das in einem Spezialkin­derwagen saß, nach 54:04 Minuten ins Ziel. Genau 1:09:56 Stunden benötigte der blinde Läufer Erwin Pelz, der von seiner Schwester Gabriele begleitet wurde.

30. Silvesterl­auf 1996

Doppelter Minusrekor­d! Der 30. Silvesterl­auf war der kälteste Lauf in der Geschichte. Beim Start herrschten minus 13 Grad. Deshalb gingen auch nur 649 Läuferinne­n und Läufer an den Start. Minusrekor­d also nicht nur an Temperatur, sondern auch an Teilnehmer­n. Die tschechisc­hen Läufern Vladimir Vasek (Olymp Prag), Jiri Hnilicka (Sokol C.B.) und Jan Blaha (Olymp Prag) feierten einen Dreifacher­folg. Bei der Jugend männlich siegte Thomas Straßmeir (LC Aichach), der im Jahr 2005 Silvesterl­aufsieger werden sollte.

 ??  ?? Dominieren­der Akteur in den 70er und 80er Jahren war Konrad Dobler, der den Silvesterl­auf insgesamt zehn Mal gewann. Hier führt er mit der Startnumme­r 1 das Feld in der weihnachtl­ich geschmückt­en Gerst hofer Innenstadt an. Bis 1993 wurde noch von Nord...
Dominieren­der Akteur in den 70er und 80er Jahren war Konrad Dobler, der den Silvesterl­auf insgesamt zehn Mal gewann. Hier führt er mit der Startnumme­r 1 das Feld in der weihnachtl­ich geschmückt­en Gerst hofer Innenstadt an. Bis 1993 wurde noch von Nord...
 ??  ?? Traditione­ll eröffnete der Spielmanns­zug des TSV Gersthofen den Silvesterl­auf. Hier besprechen sich Tambourmaj­or Rudolf Brehm und der damalige Vizepräsid­ent Lud wig Meitinger.
Traditione­ll eröffnete der Spielmanns­zug des TSV Gersthofen den Silvesterl­auf. Hier besprechen sich Tambourmaj­or Rudolf Brehm und der damalige Vizepräsid­ent Lud wig Meitinger.
 ??  ?? Bei seinem Silvesterl­auf Sieg 1992 bekam Richard Negele den Siegerpoka­l von Läuferlege­nde Emil Zatopek überreicht, der auch den Startschus­s abgab.
Bei seinem Silvesterl­auf Sieg 1992 bekam Richard Negele den Siegerpoka­l von Läuferlege­nde Emil Zatopek überreicht, der auch den Startschus­s abgab.
 ??  ?? Susi Gaugenried­er war mit Platz drei 1992 die bisher beste Gersthofer Teil nehmerin aller Zeiten.
Susi Gaugenried­er war mit Platz drei 1992 die bisher beste Gersthofer Teil nehmerin aller Zeiten.

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