Augsburger Allgemeine (Land West)
Das große Stühlerücken im Stadtrat
Bereits neun Stadträte wechselten in dieser Periode die politschen Farben. Was sie verbindet: Sie gehörten alle der Opposition an. Unabhängig davon waren ihre Gründe sehr unterschiedlich
60 Frauen und Männer sitzen im Augsburger Stadtrat. Gewählt wurden sie im März 2014. Ihre Vereidigung erfolgte Anfang Mai 2014. Etwas mehr als die Hälfte der Periode, die bis Ende April 2020 dauert, ist nunmehr vergangen. Die 60 Frauen und Männer, die vor dreieinhalb Jahren vereidigt wurden, sitzen alle noch im Stadtrat. Doch der Wechsel zwischen einzelnen Parteien und Gruppierungen ist so groß wie zuvor. Bereits neun Stadträte gehören nicht mehr derjenigen Partei und Gruppierung an, für die sie bei der Wahl 2014 antraten und von den Wählern die Stimmen für den nötigen Einzug in den Stadtrat erhielten.
Eines fällt bei der Analyse des häufigen Stühlerückens auf: Das regierende Dreierbündnis von CSU, SPD und Grünen hat keinen Gewählten aus der Fraktion verloren. Im Gegenteil: Die CSU steigerte ihre Fraktionsstärke von anfangs 23 auf
27 Sitze. Das Regieren erscheint erstrebenswert, auch wenn zuletzt Spekulationen aufkamen, Thorsten Große und Rainer Schaal könnten die CSU in Richtung FDP verlassen. Passiert ist dieser Schritt nicht.
Die Wechsel spielten sich vielmehr in der Rathaus-Opposition ab, wobei es hier teils gravierende Änderungen gegeben hat. Die AfD verlor drei von einst vier gewählten Stadträten. Die CSM musste ebenso den Abgang von drei Fraktionsmitgliedern verkraften. Der einstige Ableger der CSU ist nun gar nicht mehr im Stadtrat vertreten. Profitiert vom Stühlerücken hat Pro Augsburg, das von drei auf vier Stadträte in der Fraktion gewachsen ist. Ein Altgedienter in Person des früheren Kulturreferenten Peter Grab (heute WSA) verließ die Bürgervereinigung. Thomas Lis (vormals AfD) und Claudia Eberle (vor- mals CSM) schlossen sich Pro Augsburg an. Grab hat es nach seinem Abschied von Pro Augsburg geschafft, die von ihm neu gegründete Gruppierung WSA (Wir sind Augsburg) in den Stadtrat zu hieven. FDP-Mann Markus Arnold hat seine Partei verlassen. Er agiert als parteiloser Stadtrat bei der CSU-Fraktion. Parteilos sind gegenwärtig Thorsten Kunze (vorher AfD) und Alexander Süßmair (vorher Die Linke). Mit Blick auf die Rathaus-Opposition gab es lediglich bei den Freien Wäh lern (zwei Sitze) sowie ÖDP (ein Sitz) und Polit WG (ein Sitz) keine Änderungen. Zum jeweiligen Wechsel gaben die Stadträte höchst unterschiedliche Gründe an.
Bei der AfD lag es vor allem am Gesamtbild der Partei und dem damit verbundenen Richtungsstreit in der Gruppierung in der Vergangenheit. Die CSM-Stadträte Rolf Rieblinger und Dimitrios Tsantilas kehrten zur CSU, ihrer früheren politischen Heimat, zurück. Claudia Eberle (vormals CSM) wollte aktiv in den beratenden Ausschüssen tätig sein, was als Einzelkämpferin in dieser Form nicht möglich ist. Der Wechsel zu Pro Augsburg, das der CSM ohnehin im bürgerlichen Lager nahesteht, bot sich an. Markus Arnold fühlte sich in Reihen der FDP nicht mehr wohl, ähnlich ging es zuletzt Alexander Süßmair bei den Linken.