Augsburger Allgemeine (Land West)

Das große Stühlerück­en im Stadtrat

Bereits neun Stadträte wechselten in dieser Periode die politschen Farben. Was sie verbindet: Sie gehörten alle der Opposition an. Unabhängig davon waren ihre Gründe sehr unterschie­dlich

- VON MICHAEL HÖRMANN

60 Frauen und Männer sitzen im Augsburger Stadtrat. Gewählt wurden sie im März 2014. Ihre Vereidigun­g erfolgte Anfang Mai 2014. Etwas mehr als die Hälfte der Periode, die bis Ende April 2020 dauert, ist nunmehr vergangen. Die 60 Frauen und Männer, die vor dreieinhal­b Jahren vereidigt wurden, sitzen alle noch im Stadtrat. Doch der Wechsel zwischen einzelnen Parteien und Gruppierun­gen ist so groß wie zuvor. Bereits neun Stadträte gehören nicht mehr derjenigen Partei und Gruppierun­g an, für die sie bei der Wahl 2014 antraten und von den Wählern die Stimmen für den nötigen Einzug in den Stadtrat erhielten.

Eines fällt bei der Analyse des häufigen Stühlerück­ens auf: Das regierende Dreierbünd­nis von CSU, SPD und Grünen hat keinen Gewählten aus der Fraktion verloren. Im Gegenteil: Die CSU steigerte ihre Fraktionss­tärke von anfangs 23 auf

27 Sitze. Das Regieren erscheint erstrebens­wert, auch wenn zuletzt Spekulatio­nen aufkamen, Thorsten Große und Rainer Schaal könnten die CSU in Richtung FDP verlassen. Passiert ist dieser Schritt nicht.

Die Wechsel spielten sich vielmehr in der Rathaus-Opposition ab, wobei es hier teils gravierend­e Änderungen gegeben hat. Die AfD verlor drei von einst vier gewählten Stadträten. Die CSM musste ebenso den Abgang von drei Fraktionsm­itgliedern verkraften. Der einstige Ableger der CSU ist nun gar nicht mehr im Stadtrat vertreten. Profitiert vom Stühlerück­en hat Pro Augsburg, das von drei auf vier Stadträte in der Fraktion gewachsen ist. Ein Altgedient­er in Person des früheren Kulturrefe­renten Peter Grab (heute WSA) verließ die Bürgervere­inigung. Thomas Lis (vormals AfD) und Claudia Eberle (vor- mals CSM) schlossen sich Pro Augsburg an. Grab hat es nach seinem Abschied von Pro Augsburg geschafft, die von ihm neu gegründete Gruppierun­g WSA (Wir sind Augsburg) in den Stadtrat zu hieven. FDP-Mann Markus Arnold hat seine Partei verlassen. Er agiert als parteilose­r Stadtrat bei der CSU-Fraktion. Parteilos sind gegenwärti­g Thorsten Kunze (vorher AfD) und Alexander Süßmair (vorher Die Linke). Mit Blick auf die Rathaus-Opposition gab es lediglich bei den Freien Wäh lern (zwei Sitze) sowie ÖDP (ein Sitz) und Polit WG (ein Sitz) keine Änderungen. Zum jeweiligen Wechsel gaben die Stadträte höchst unterschie­dliche Gründe an.

Bei der AfD lag es vor allem am Gesamtbild der Partei und dem damit verbundene­n Richtungss­treit in der Gruppierun­g in der Vergangenh­eit. Die CSM-Stadträte Rolf Rieblinger und Dimitrios Tsantilas kehrten zur CSU, ihrer früheren politische­n Heimat, zurück. Claudia Eberle (vormals CSM) wollte aktiv in den beratenden Ausschüsse­n tätig sein, was als Einzelkämp­ferin in dieser Form nicht möglich ist. Der Wechsel zu Pro Augsburg, das der CSM ohnehin im bürgerlich­en Lager nahesteht, bot sich an. Markus Arnold fühlte sich in Reihen der FDP nicht mehr wohl, ähnlich ging es zuletzt Alexander Süßmair bei den Linken.

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Foto: Anne Wall Wer sitzt für wen im Stadtrat? Die Antwort auf diese Frage hat sich seit 2014 immer wieder verändert.

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