Augsburger Allgemeine (Land West)
Es braucht mehr Alternativen zum eigenen Auto
Im Kundencenter der Stadtwerke am Königsplatz standen die Fahrgäste gestern Schlange. Doch nach Angaben des Unternehmens wollten sie sich nicht beschweren – sie wollten Abonnements abschließen. Diese Nahverkehrskunden taten damit genau das, was der Tarifverbund mit der Tarifreform bezweckt: Indem die Konditionen für Einzelfahrten so verschlechtert wurden, dass sie für viele Nutzer nun unattraktiv sind, sollen mehr Leute vom Abschluss eines Abonnements, sagen wir es höflich, überzeugt werden.
Für einige wird dies auch eine Option sein. Erkenntnisse darüber, wie sich die Reform auswirkt, gibt es erst in einigen Wochen. Doch eines lässt sich bereits jetzt ahnen: Die Umstellung wird wohl nicht zu einem „Run“auf das Angebot des ÖPNV in der Region beitragen. Das machen allein schon die vielen Beschwerden deutlich, die seit Wochen als Leserbriefe bei unserer Zeitung eingehen. Viele kündigen darin an, künftig wieder häufiger aufs Auto umzusteigen.
Man darf gespannt sein, ob der AVV seine Ziele – Umsatzsteigerung, mehr Abonnenten, Umlenkung der Fahrgäste auf nutzerschwache Zeiten – erreichen wird. Unabhängig davon wäre es besser gewesen, der Verbund hätte nicht nur auf die eigenen Zahlen und Befindlichkeiten geachtet, sondern das Ganze im Blick behalten (auch wenn dies wirtschaftlich gesehen unüblich ist): Das Mobil-Abo für 30 Euro ab 7 Uhr morgens hätte wahrscheinlich viele Abnehmer gefunden. Es hätte ein Anreiz sein können, das Auto öfter stehen zu lassen. Wer so viele Autos wie möglich aus den Städten haben möchte, muss mehr attraktive Angebote im öffentlichen Nahverkehr bieten, als das der AVV mit seiner neuen Reform tut.