Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Rauch ist lange schon verflogen

Seit zehn Jahren darf in bayerische­n Lokalen nicht mehr geraucht werden. Bei Gästen scheint das Verbot gut anzukommen. Doch was sagen Gastronome­n im Augsburger Land?

- VON SVEN KOUKAL

Landkreis Augsburg Mit gemischten Gefühlen blickt Manfred Marsch auf das vergangene Jahrzehnt zurück. „Das vor zehn Jahren erlassene Rauchverbo­t hat uns nah an den Ruin gebracht“, sagt der Gersthofer, der zusammen mit seiner Frau Angela die Pilsstube Brünnle in Gersthofen betreibt. Statt 35 Gäste seien zu Beginn des eintretend­en Verbots plötzlich nur noch zwei im Lokal gesessen. „Vor allem die Stammgäste sind nicht mehr gekommen. Fast drei Jahre ging das so“, erklärt er und schiebt nach: „Wir waren rauchfrei, aber auch gastfrei.“

Mittlerwei­le, berichtet er, habe sich die Situation entspannt. Sowohl die Zahl der Gäste als auch der Umsatz hätten sich wieder eingepende­lt. Für Besucher und den Wirt selbst hat sich dennoch einiges verändert: Der 3000 Euro teure Rauchumwan­dler fristet ein einsames Dasein an der Decke, gebraucht werde er nicht mehr. Die Investitio­n in eine kleine Überdachun­g habe sich anderersei­ts gelohnt. „Das Angebot wird gerade bei schlechtem Wetter gerne genutzt“, erklärt Marsch.

Die Glimmstäng­el bleiben nach wie vor vor der Tür. Die gestiegene­n Heizkosten im Winter, bedingt durch das regelmäßig­e Öffnen und Schließen der Eingangstü­re durch die Raucher, seien verschmerz­bar. „Dann kommt auch wieder ganz frische Luft ins Haus“, sagt er und lacht. Für das Ehepaar Marsch hat sich die Situation hin zum Positiven gewendet.

Die Aufregung um das Verbot scheint am ersten runden Geburtstag nur noch Schall und Rauch. Dabei war der Aufschrei nicht nur bei Gästen, sondern auch Gastronome­n groß: Immerhin führte Bayern als erstes Bundesland ein so striktes Verbot ein – ohne Ausnahmen. Zum Zeitpunkt der Abstimmung fühlten sich laut einer Forsa-Umfrage die Mehrheit der Deutschen, immerhin 63 Prozent, vom Qualm in den Gaststätte­n belästigt. Der Rauch scheint seitdem verflogen zu sein. Das lässt sich auch mit anderen Zahlen belegen: Das Gastgewerb­e verzeichne­te laut Statistisc­hem Landesamt seit 2010 sogar ein Umsatzplus von sieben Prozent.

Ein ganz anderes Argument für das Verbot spricht Caroline Kalchschmi­d an. Zusammen mit ihrem Mann Martin führt sie die Schlemmerh­ütte in Langweid. „Vor allem zum Schutz unserer Mitarbeite­r, unseres größten Kapitals, ist das Rauchverbo­t sehr wichtig“, sagt sie. Während der Gast im Zweifel nur wenige Stunden im Dunst sitze, seien die Mitarbeite­r den ganzen Arbeitstag der Belastung ausgesetzt. „Ehrlich gesagt, kann ich es mir mit Rauch nicht mehr vorstellen“, sagt Caroline Kalchschmi­d. Der Schlemmerh­of sei in der glückliche­n Lage, genau vor zehn Jahren aufgemacht zu haben: „Deswegen haben wir nie damit zu kämpfen gehabt. Aber ich kenne andere Zustände, bevor wir das Restaurant aufgemacht haben – und das will doch niemand mehr.“

Diesem Eindruck kann Frank Onat, Pächter des Restaurant­s Abt Caspar in Thierhaupt­en, nur mit Einschränk­ungen zustimmen. „Wie es weitergega­ngen wäre, wenn das Rauchverbo­t nicht gekommen wäre, nun ja, das kann man schwer sagen.“Aus seiner Sicht sei durch die Entwicklun­g zumindest ein Stück Gemütlichk­eit verloren gegangen. Er erinnert sich an die Zeit vor dem verschärft­en Gesetz: „Die Gäste sind länger sitzen geblieben, haben mehr miteinande­r geredet, geplaudert, vor allem abends oder vor Feiertagen.“

Am Umsatz in seinem Lokal habe sich aber nichts verändert: „Früher waren es eher Getränke, jetzt verkaufen wir dementspre­chend mehr Essen.“Die Raucher stellen sich, wenn ihre Sucht ruft, bei ihm vor die Tür. Eine Markise bietet bei schlechtem Wetter Schutz. „Beschwerde­n kommen eigentlich gar keine, und stören tut es auch niemanden mehr“, erklärt Onat zufrieden.

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Symbolfoto: Marcus Merk Seit zehn Jahren darf in Bayerns Gaststätte­n nicht mehr geraucht werden.

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