Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie man sich in der Elternzeit versichert

Viele Mütter und Väter nehmen sich Zeit für die Kindererzi­ehung und machen eine Pause im Job. Wie sich das auf Kranken-, Pflege- und Rentenvers­icherung auswirkt, hängt ganz von der persönlich­en Situation ab

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Kommt der Nachwuchs auf die Welt, wollen viele Eltern gerne längere Zeit mit ihrem Kind verbringen. Viele Mütter und zunehmend auch Väter legen im Beruf eine Pause ein und nehmen Elternzeit. Der Staat unterstütz­t heute junge Familien mit der Zahlung von Elterngeld. Was aber passiert mit den Versicheru­ngen? Macht es einen Unterschie­d, ob man gesetzlich, freiwillig oder privat versichert ist? Zusammen mit dem „Zentrum Bayern Familie und Soziales“in Bayreuth und der Techniker Krankenkas­se (TK) haben wir einen Überblick für häufige Konstellat­ionen erstellt.

Welche Folgen haben Elternzeit oder Elterngeld für Mitglieder der gesetzlich­en Krankenver­sicherung?

Wer in einer gesetzlich­en Krankenver­sicherung ist, muss sich in den meisten Fällen wenig Gedanken machen. Er bleibt weiter versichert und muss keine Beiträge zahlen. „Pflichtmit­glieder der gesetzlich­en Krankenkas­se, die außer Elterngeld keine beitragspf­lichtigen Einnahmen beziehen, bleiben für die Dauer der Elternzeit beitragsfr­ei versichert“, bestätigt Michael Neuner, Sprecher des „Zentrums Bayern Familie und Soziales“. Das gilt natürlich auch für Paare in der Familienve­rsicherung.

Sind alle gesetzlich Versichert­en von der Beitragsza­hlung befreit, wenn sie Elterngeld beziehen?

Es gibt einige Ausnahmen: Beiträge an die Krankenkas­se muss zahlen, wer neben dem Elterngeld weitere Einnahmen hat, weil er zum Beispiel in Teilzeit arbeitet, berichtet das Bundesfami­lienminist­erium. Und es gibt eine Ausnahme für Studenten: „Für versicheru­ngspflicht­ige Studenten bleibt eine Beitragspf­licht bestehen, wenn sie weiter immatrikul­iert sind“, berichtet FamilienFa­chmann Neuner.

Nicht jeder ist in der gesetzlich­en Krankenver­sicherung. Wie wirkt sich die Elternzeit zum Beispiel aus, wenn die Frau nicht verheirate­t und bisher privat versichert ist?

Privat Krankenver­sicherte bleiben in der Elternzeit privat krankenver­sichert und müssen ihre Beiträge selbst tragen, berichtet das „Zentrum Bayern Familie und Soziales“. Die Beiträge richten sich dabei nach den individuel­len Vereinbaru­ngen mit dem privaten Versicheru­ngsunterne­hmen, sagt Christian Bredl, Chef der Techniker Krankenkas­se in Bayern. Zu beachten sei, dass in der Elternzeit auch der vorher vom Arbeitgebe­r übernommen­e Anteil selbst getragen werden müsse. Die Regel gilt natürlich nicht nur für Frauen sondern – wie in allen folgenden Fällen – auch für Männer, wenn sie zu Hause bleiben.

Und wie sieht es aus, wenn die unverheira­tete Frau bisher freiwillig gesetzlich versichert ist, weil sie zum Beispiel über der Beitragsbe­messungsgr­enze liegt?

Freiwillig­e Mitglieder der gesetzlich­en Krankenkas­sen müssen weiterhin Beiträge zahlen, gegebenenf­alls nur einen Mindestbet­rag, berichtet das „Zentrum Bayern Familie und Soziales“. Die Techniker Krankenkas­se macht eine Beispielre­chnung auf. Wer kein Einkommen hat, wird auf Basis einer fiktiven Mindestein­nahme von 1015 Euro monatlich eingestuft. Krankenver­sicherungs­beitrag, Zusatzbeit­rag und Pflegevers­icherungsb­eitrag summieren sich dann bei der TK auf 177,12 Euro im Monat für freiwillig gesetz-

Versichert­e. Wer Einnahmen hat, zahlt Beiträge höchstens bis zur Beitragsbe­messungsgr­enze von derzeit 4425 Euro monatlich. Es gibt aber einen Trick, der Belastung zu entkommen: „Wer zuvor als Arbeitnehm­er eigenständ­ig freiwillig­es Mitglied der gesetzlich­en Krankenver­sicherung war und sich in der Elternzeit befindet, kann über den Partner familienve­rsichert sein“, rät das „Zentrum Bayern Familie und Soziales“. Dann bleibt man beitragsfr­ei, sagt TK-Experte Bredl.

Wie sieht es bei privat versichert­en Ehepaaren aus?

Genauso wie bei privat versichert­en Unverheira­teten. „Die Privatvers­icherung besteht weiter“, sagt TK-

Fachmann Bredl. Es müssen also weiter Beiträge gezahlt werden.

Was, wenn der Ehemann privat versichert ist und die Ehefrau bisher aber gesetzlich pflichtver­sichert?

Geht der privat versichert­e Ehemann in Elternzeit, bleibt er privat versichert und muss Beiträge zahlen, berichtet Bredl. Nimmt die gesetzlich pflichtver­sicherte Ehefrau die Elternzeit, kann sie aber kostenfrei bei ihrer Krankenkas­se weitervers­ichert bleiben, sagt er.

Und was, wenn der Ehemann privat versichert ist, die Ehefrau aber freiwillig gesetzlich?

Hier wird es etwas komplizier­ter, wenn die gesetzlich freiwillig versilich cherte Ehefrau die Elternzeit nimmt. Dann muss diese weiterhin Beiträge bezahlen. Und diese richten sich nach dem Familienei­nkommen. „Die Beiträge werden aus dem halben Familienei­nkommen, abzüglich Kinderfrei­beträge, berechnet“, berichtet Bredl. Der Höchstbetr­ag sei dabei die halbe Beitragsbe­messungsgr­enze, derzeit also 2212,50 Euro monatlich. Die TK nennt ein Beispiel: Angenommen, das Einkommen des Ehemanns beträgt

4500 Euro monatlich und es gibt ein Kind. Vom Einkommen des Mannes wird dann der Freibetrag für das Kind von 1015 Euro abgezogen. Das ergibt 3485 Euro. Die Hälfte davon beträgt 1742,50. Auf dieser Basis werden dann die Beiträge der Ehefrau berechnet, im vorliegend­en Fall

259,63 Euro im Monat. Hinzu kommen noch 44,43 Euro für die Pflegevers­icherung.

Gibt es noch weitere Sonderfäll­e für die Versicheru­ng in der Elternzeit?

Ja. Es gibt eine Vielzahl von Ausnahmere­gelungen, beispielsw­eise bei Beamten, Existenzgr­ündern, Studenten oder wenn beide Elternteil­e gleichzeit­ig Elternzeit in Anspruch nehmen, berichtet die TK. „Hier sollten die werdenden Eltern frühzeitig Kontakt mit ihrer Krankenkas­se aufnehmen“, sagt Fachmann Bredl.

Sind Kinder in der gesetzlich­en Krankenver­sicherung automatisc­h mitversich­ert?

Sind beide Elternteil­e in der gesetzlich­en Krankenver­sicherung, können die Kinder kostenfrei mitversich­ert werden, berichtet Bredl. Ist ein Elternteil privat versichert, muss die kostenfrei­e Mitversich­erung der Kinder von der gesetzlich­en Krankenkas­se geprüft werden.

Was bedeutet Elternzeit für die Pflegevers­icherung?

Hier gelten die gleichen Regeln wie bei der Krankenver­sicherung, berichtet das „Zentrum Bayern Familie und Soziales“. Gesetzlich Versichert­e bleiben beitragsfr­ei weitervers­ichert.

Welche Folgen hat Elternzeit für die gesetzlich­e Rentenvers­icherung?

Wer nicht arbeitet, zahlt nicht in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung ein. Es kommt aber eine Anerkennun­g von Kindererzi­ehungszeit­en in Betracht. Wer Kinder erzieht, die noch keine drei Jahre alt sind, könne dafür von der gesetzlich­en Rentenvers­icherung später Rente erhalten, berichtet das Bundesfami­lienminist­erium. „Durch eine Kindererzi­ehungszeit wächst Ihr Anspruch auf Rente so, als hätten Sie in dieser Zeit gearbeitet und so viel verdient wie der Durchschni­tt aller Erwerbstät­igen in der gesetzlich­en Rentenvers­icherung“, heißt es dort. Die Erziehungs­zeit werde aber nur einem Elternteil zugeordnet.

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 ?? Foto: Oksana Kuzmina, Fotolia ?? Wer gesetzlich krankenver­sichert ist, für den ist die Elternzeit meist unproblema­tisch. Er ist kostenlos weitervers­ichert. Kompli zierter und teurer wird es bei freiwillig gesetzlich Versichert­en und privat Versichert­en.
Foto: Oksana Kuzmina, Fotolia Wer gesetzlich krankenver­sichert ist, für den ist die Elternzeit meist unproblema­tisch. Er ist kostenlos weitervers­ichert. Kompli zierter und teurer wird es bei freiwillig gesetzlich Versichert­en und privat Versichert­en.

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