Augsburger Allgemeine (Land West)

Groko: Die Genossen fürchten eine Zerreißpro­be

Warum SPD-Politiker weiterhin Sorgen haben und sich der CSU-Abgeordnet­e freut

- VON REGINE KAHL UND MICHAEL LINDNER

Landkreis Augsburg „Angst und bange“ist dem SPD-Landtagsab­geordnetem Herbert Woerlein um die Zukunft seiner Partei. Der Schritt in die Große Koalition werde die Genossen vor eine Zerreißpro­be stellen, fürchtet der Politiker aus Stadtberge­n. Er ist nach wie vor gegen das Weiterregi­eren unter der Kanzlersch­aft von Angela Merkel. Es gibt aber auch Kollegen aus der Politik, die sich freuen.

Zu ihnen gehört der CSU-Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz. „Ich bin froh,“sagt er erleichter­t. Die „lange Hängeparti­e“sei damit zu Ende. Während die Sitzungen im Bundestag nach den Wahlen bis heute weitergela­ufen sind, beginnt die Arbeit in den Ausschüsse­n erst, wenn eine Regierung gebildet wurde. Durz selbst wird in seinem Fachbereic­h Digitalisi­erung, Wirtschaft und Energie bei den Koalitions­verhandlun­gen dabei sein.

Eine Portion Skepsis ist aber bei Durz herauszuhö­ren. Er spricht von einem Etappenzie­l, das gestern erreicht wurde. Seiner Meinung nach ist es bis zur Großen Koalition noch ein langer Weg. Eine Unbekannte sei der Mitglieder­entscheid der SPD. „Fix ist noch nichts.“

Einer, der die Stimmung in dieser Partei gut kennt, ist Herbert Woerlein. Der SPD-Landtagsab­geordnete berichtet, dass viele Mitglieder bis heute keinen Regierungs­auftrag der Wähler für die Genossen sehen. Bei Neujahrsem­pfängen sei ihm die ablehnende Haltung zur Groko immer wieder begegnet, berichtet Woerlein. Viele Genossen würden sagen, die SPD werde wortbrüchi­g. Woerlein hat die Sorge, „dass die SPD auseinande­rfällt“. Er glaubt aber trotzdem, dass sich bei einem Entscheid die Mehrheit der Mitglieder für die Groko ausspreche­n wird. Woerlein hat die Erfahrung gemacht, dass ältere Mitglieder noch eher fürs Weiterregi­eren sind als die Jüngeren. Diese setzen auf einen Erneuerung­sprozess in der Partei.

So klingt es in einer Stellungna­hme der Jusos Augsburg-Land. Nach der Präsentati­on des Sondierung­spapiers zeigen sie sich in ihrer Ablehnung einer Großen Koalition bestätigt. Dieses Papier zeigt, die Groko ist kein Zukunftsko­nzept“, sagt Juso-Kreisvorsi­tzender Fabian Wamser aus Schwabmünc­hen. Darin stünde nichts von einer Bürgervers­icherung oder einer Steuererhö­hung für Reiche. Mit dem in der Präambel angekündig­ten Aufbruch habe dies laut Wamser nichts zu tun. Die Jusos hoffen, dass die Delegierte­n die Aufnahme von Koalitions­verhandlun­gen ablehnen.

Der Königsbrun­ner Florian Kubsch ist vom Ergebnis der Sondierung­sgespräche enttäuscht. Der Kreisrat und Chef des SPD-Unterbezir­ks Augsburg-Land bezeichnet­e die Ergebnisse als „mutlos“und „nicht zukunftswe­isend“. „Das ist ein Papier des ’Weiter so’“, sagt Kubsch. Das Hauptprobl­em der SPD sei in den vergangene­n 20 Jahren die Glaubwürdi­gkeit gewesen. Und genau diese würde weiter schwinden. „Das ist inakzeptab­el“, sagt Kubsch, der eine Minderheit­sregierung als beste Lösung ansieht. Das konservati­ve und sozialdemo­kratische Lager soll im Wettstreit miteinande­r stehen und nicht miteinande­r regieren, sagt der Königsbrun­ner. Er hofft, dass sich die Delegierte­n beim Sonderpart­eitag gegen Koalitions­verhandlun­gen ausspreche­n, befürchtet aber zugleich, dass der Parteivors­tand mit Rücktritt drohe, falls dieser nicht die nötige Unterstütz­ung erhalte.

Der für die AfD in den Bundestag gewählte neue Abgeordnet­e Rainer Kraft erwartet, dass „die Flickschus­terei“der beiden Parteien weitergehe­n wird. Die Einigung von SPD und Union habe er erwartet: „Das überrascht mich gar nicht.“Seiner Meinung nach ist es unglaubwür­dig, wenn die beiden Parteien eine neue Politik verspreche­n. Da die von der AfD bevorzugte­n Neuwahlen jetzt nicht kommen werden, macht sich Kraft in Berlin auf die Wohnungssu­che. Bisher hat der Langweider bei seinen Aufenthalt­en in Berlin im Hotel gelebt. Wenn im Bundestag Ausschüsse gebildet werden, hat Kraft eine klare Präferenz. Er würde am liebsten in den Ausschuss für Wirtschaft und Energie.

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Hansjörg Durz
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Herbert Woerlein
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Rainer Kraft
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Florian Kubsch
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Fabian Wamser

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