Augsburger Allgemeine (Land West)

„Heimat“sind nicht nur schöne Landschaft­en

Die Reaktionen unserer Leser auf das Titel-Thema unserer Zeitung sind vielfältig. Nicht jeder ist an seinem Geburtsort daheim, aber fast jeder hat eine Geschichte zu erzählen

- VON MATTHIAS SCHALLA UND KATRIN SCHWEIGER

Was bedeutet „Heimat“? Mit dieser Frage wollten wir vor Kurzem von unseren Lesern wissen, was sich hinter dem Begriff für jeden persönlich versteckt. Und die Antworten zeigen die unterschie­dlichsten Facetten. Nicht jeder ist an seinem Geburtsort daheim.

Gersthofen/Landkreis Was bedeutet für Sie „Heimat“? Mit dieser Frage wollten wir vor Kurzem von unseren Lesern wissen, was sich hinter dem Begriff für jeden persönlich versteckt. Und die Antworten zeigen die unterschie­dlichsten Facetten. Für die einen ist „Heimat“der Ort, an dem sie geboren und aufgewachs­en sind, für andere wiederum der Ort, an dem sie sich wohlfühlen und an dem ihr Herz hängt.

● Josef Pfister zitiert zur Interpreta­tion von „Heimat“aus dem Buch seiner Kindheitse­rinnerunge­n: „Normalerwe­ise verbindet man den Begriff ,Heimat’ mit ,daheim’. Für Auswandere­r, Flüchtling­e oder Vertrieben­e sei die Heimat aber dort, wo man Wurzeln gefasst hat, wohnt, sesshaft ist und in die Gesellscha­ft eingebunde­n sei.

Wichtig ist vor allem, in seinem Tun und Handeln frei zu sein, betont Pfister frei nach Goethes Faust ,hier bin ich Mensch, hier kann ich‘s sein’“.

● Maximilian Pfeiffer aus Steppach hat seine Heimat in Schwaben. „Hier fühl ich mich wohl“, schreibt er. Geboren wurde er zwar vor mehr als 84 Jahren in Senden und wohnte dort bis ins Jahr 2003. Aber nach einer Zwischenst­ation in Vöhrigen zog er im Juni 2012 in die SeniorenRe­sidenz in Steppach. „Hier werde ich gut betreut“, sagt er und betont, dass er sich wohlfühlt.

● Angela Enzler ist im Salzburger Land in Österreich geboren, getauft, eingeschul­t und gefirmt worden. „Diese besonderen Feste aus der Schulzeit werde ich nie vergessen und immer mit der Heimat verbinden“, schreibt sie. Heimat bedeute für sie auch gegenseiti­ge Hilfsberei­tschaft und Freundlich­keit. „Jeder grüßt jeden – auch heute noch“, sagt sie. Tolle Erlebnisse in den Bergen, und die wunderschö­ne Landschaft prägen für sie nach wie vor das Gefühl der Heimat. Zwar fahre sie nach jedem Besuch in Leogang wieder gerne zurück nach Zusmarshau­sen, „aber Heimat Heimat“, betont sie. Und die liege im Salzburger Land.

● Christa Braun aus Gersthofen hat kriegsbedi­ngt ihre Geburtssta­dt Berlin früh verlassen müssen. „Aus Hunger, Kälte und Trümmern kam ich achtjährig – und leider nur für fünf Jahre – an den Lech nach Landsberg“, schreibt sie. Zwar habe es sich dort nach Heimat „angefühlt“, allerdings sei sie nie eine „Einheimisc­he“gewesen. „Schon allein deswegen, weil ich Schriftdeu­tsch spreche“, sagt sie und bedauert, dass sie der Mundart nie mächtig gewesen sei. 55 Jahre lang lebte sie schließlic­h in Baden-Württember­g, fühlte sich dort zwar wohl, „aber nie daheim“.

Nun sei sie zwar dankbar und froh, dass sie wieder am Lech wohne, „aber es lässt sich nicht ändern, dass ich heimatlos bleibe und nirgendwo so selbstvers­tändlich eingepasst bin, wie ein Schlüssel im Schloss, die Hand im Handschuh oder der Fuß im eingetrage­nen Schuh“. Nach „lebenslang­em Nachspüren“habe sie dennoch für sich einen Weg gefunden, eine „Heimat“zu haben: Deutschlan­d. Es sei landschaft­lich wunderschö­n, besitze und pflege eine vielfältig­e Kultur und sie könne „ohne nachzudenk­en meine Mutterspra­che sprechen“.

● Elfriede Kröner wohnt in Kutzenhaus­en und definiert Heimat als Erinnerung. „Für mich ist Heimat alles Alte, was ich erlebt habe“, schreibt sie. Dazu gehörten natürlich auch die vielen Menschen, die sie kennengele­rnt habe, fährt sie fort. „Im Alter ist natürlich das Haus, das man gebaut hat, und die Familie Heimat“, beendet sie ihre Ausführung.

● Margit Schäfer aus Steinekirc­h war ihr Leben lang auf der Suche nach einer Heimat. „Heimat bedeutet für mich einen Ort, der Sicherheit und Geborgenhe­it ausstrahlt“, schreibt sie. Danach habe sie lange gesucht, erzählt sie weiter. Bereits in der Kindheit machte sie erste Erfahrunge­n mit Umzügen. Auch später reiste sie beruflich bedingt durch ganz Deutschlan­d immer auf der Suche nach ihrem „Wohlfühlpl­atz zum Bleiben“. Überall habe sie versucht „ein Stück Heimat zu ergattern“.

Heute zieht sie immer noch herum, jetzt im ehrenamtli­chen Dienst. Sie betreut kranke Menschen und herrenlos gewordene Tiere zu Hause und wohnt bei ihnen, bis anderweiti­ge Vorkehrung­en getroffen werden können.

„Ich bewohne deshalb nur ein Zimmer, habe auch eine Postfachbl­eibt adresse und bin stets mit Rucksack unterwegs“, erzählt sie. Heimat ist für sie mittlerwei­le „unser winzig kleiner Planet Erde, den es zu schützen und bewahren gilt.“

● Anne Straßer hat ihre Heimat in Adelsried gefunden. Hier lebt sie seit 1981 und hat als Gemeinderä­tin unter anderem maßgeblich beim Umbau des örtlichen Friedhofs mitgearbei­tet. Für sie ist Heimat beispielsw­eise „der Ort, an dem man die Namen auf den Grabsteine­n kennt.“

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Dieses Foto mit dem Vermerk „Johann Schneider in Biburg“auf der Rückseite ist für Elfriede Kröner ein Stück Heimat.
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Fotos: Elisabeth Kröner Auch dieses Klassentre­ffen an einem Fischweihe­r verbindet unsere Leserin Elfriede Kröner mit dem Begriff Heimat.
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Die Aufnahme aus dem Jahr 1956 schickte uns Elfriede Kröner.

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