Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie viele sind es denn nun?
Das Einwohnermeldeamt zählt anders. Warum der Bürgermeister von Dinkelscherben die Bevölkerungszahlen des Statistischen Landesamtes für falsch erklärt
Dinkelscherben Bürgermeister Edgar Kalb aus Dinkelscherben protestiert scharf gegen die offiziellen Einwohnerzahlen seiner Gemeinde. „Die Zahlen des Statistischen Landesamtes für Dinkelscherben sind zu niedrig“, erklärt er. Hintergrund ist, dass wir am vergangenen Samstag über die Bevölkerungsentwicklung bis 2016 im Landkreis Augsburg berichtet hatten. Die dabei verwendeten Zahlen waren am 4. Januar vom Bayerischen Landesamt für Statistik veröffentlicht worden.
Kalb hält diese für falsch. Laut seinen Angaben habe Dinkelscherben zum 31. Dezember 2016 6448 Einwohner gehabt, und damit 52 Bürger mehr, als die Zahl des Statistischen Landesamtes ausweist. Aus den Zahlen des Landesamtes hatte sich ein moderater Bevölkerungsschwund ergeben, dem Kalb ebenfalls widerspricht.
Er verweist auf aktuelle Zahlen des Einwohnermeldeamtes, denen zufolge zum 31. Dezember 2017
6474 Menschen in Dinkelscherben wohnten, was gegenüber dem Zensus 2011 einem leichten Bevölkerungswachstum entspricht. „Zum einen war die Anzahl der Geburten
2017 höher als die der Sterbefälle und zum anderen hatten wir mehr Zuzug als Wegzug“, so Kalb. Er befürchtet einen ernsthaften Rufschaden für die Marktgemeinde Dinkelscherben.
Gunnar Loibl, Pressesprecher des Statistischen Landesamtes, erklärt, woher die Unterschiede kommen: „Diese abweichenden Zahlen resultieren aus einer unterschiedlichen Basis und Berechnung“, sagt Loibl. So nähmen Gemeinden und Städte die Zahlen der Einwohnermelderegister als Basis, während das Landesamt die Volkszählung aus 2011, genannt Zensus, als Grundlage ansetze. Von diesen Zahlen würden dann alle Todesfälle und Fortzüge abgezogen und alle Geburten und Zuzüge dazugezählt, so Loibl. Durch diese Berechnung ergebe sich die amtliche Einwohnerstatistik, die für alle Rechtsvorschriften, in denen die Anzahl der Einwohner eine Rolle spiele, verbindlich sei. Beispiele dafür seien der Bürgermeistersold oder die Anzahl von Stadt- oder Gemeinderäten. „Es treten häufig Unterschiede zu den Zahlen der Gemeinden auf“, weiß Loibl und erklärt weiter, dass beispielsweise daher kommt, dass bei Wegzügen ins Ausland keine Abmeldung erfolge und so „Karteileichen“bei den Einwohnermeldeämtern entstehen könnten. Diese Fehler könnten zwar vom Statistischen Landesamt gefunden, dürften aber wegen datenschutzrechtlicher Bedenken nicht an die Gemeinden gemeldet werden. So werde nur die korrigierte Einwohnerzahl an die Gemeinden weitergegeben.
Bürgermeister Kalb setzte dagegen, dass er nicht verstehen könne, woher das Statistische Landesamt die Angaben über Zu- und Wegzug oder Geburten und Todesfälle nähme. Bei ihm sei keine Anfrage nach diesen Daten eingegangen. Zudem betont er, dass seine Zahlen deutlich aktueller seien, da sie vierteljährlich erhoben und veröffentlicht würden. Tatsächlich gibt es in ganz Deutschland Unmut über die offizielle Eindies wohnerstatistik. Seit 24. November 2017 läuft eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, in der die Länder Berlin und Hamburg gegen den Zensus 2011 und die Methode zu dessen Erhebung klagen. Ein Urteil steht noch aus. Bürgermeister Kalb betont, dass 2011 seine Zahlen noch mit denen des Zensus 2011 übereingestimmt hätten. Die Abweichungen seien erst danach entstanden.