Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit Diebesgut in der Evakuierun­gszone

Während an Weihnachte­n 2016 die große Bombe entschärft wurde, stoppte eine Polizeistr­eife einen Mann in der leeren Stadt. Er hatte unter anderem einen Fernseher dabei. Wo stammte er her?

- VON MICHAEL SIEGEL

Einbrüche, während die Bewohner auf einer Beerdigung sind, auf einer Hochzeit oder im Urlaub – alles nicht ungewöhnli­ch. Kaum verwunderl­ich, dass auch eine komplett evakuierte Innenstadt Einbrecher anlocken könnte. Vor dem Schöffenge­richt des Augsburger Amtsgerich­ts muss sich jetzt ein 50-Jähriger verantwort­en, der an Weihnachte­n

2016 in zwei leer stehende Wohnungen eingebroch­en sein soll. Über

50 000 Augsburger hatten wegen der Entschärfu­ng einer tonnenschw­eren Fliegerbom­be aus dem Zweiten Weltkrieg ihre Wohnungen verlassen müssen.

So wie in der Anklagesch­rift der Staatsanwa­ltschaft sei es nicht gewesen, so der Angeklagte in seiner Aussage vor dem Schöffenge­richt. Nicht er habe die beiden Wohnungen im ersten Stock eines Hauses in der Lechhauser Eichhornst­raße aufgebroch­en, sondern jemand anderes, und zwar bereits am Heiligen Abend. Er selbst, der im zweiten Stock dieses Hauses wohnt, habe vielmehr nach dem Verschwind­en der unbekannte­n Einbrecher die beiden Wohnungen wieder verschloss­en. Und er habe mehrere Gegenständ­e, die im Flur und im Treppenhau­s lagen, zu sich genommen. Der Mann räumte ein, einen Fernseher aus einer Wohnung mitgenomme­n zu haben, den er zur Finanzieru­ng seiner Drogensuch­t habe verkaufen wollen.

Darüber hinaus soll der Angeklagte laut Staatsanwa­ltschaft weitere elektrisch­e Geräte (CD-Spieler, Radio, Rasierappa­rat) im Wert von über 1000 Euro entwendet haben. Den Sachschade­n beziffert die Anlageschr­ift auf rund 1000 Euro.

Die Mieter der beiden aufgebroch­enen Wohnungen konnten als Zeugen wenig zur Aufklärung beitragen, da sie beide ihre Räume schon länger vorher verlassen und nichts von den Einbrüchen mitbekomme­n hatten. Etwas weiterhelf­en konnte dem Gericht ein 15-jähriger Zeuge, der mit seiner Mutter im zweiten Stock in dem Haus lebt. Er habe, während die Familie den Heiligaben­d feierte, Lärm gehört, ein dumpfes Klopfen. Irgendwann später am Abend habe er aus der Türe gerufen und nach Ruhe verlangt. Er glaube, dass ihm sein Nachbar, der Angeklagte, geantworte­t hätte, gesehen habe er aber niemanden. Als der Lärm nicht aufhörte, habe er die Polizei angerufen, die sei aber erst am nächsten Abend gekommen. Später hätten er und seine Mutter den Nachbarn durch den Türspion beobachtet, wie er einen Fernseher in seine Wohnung schaffte.

Dann folgte der Evakuierun­gstag: Während sie in Lechhausen auf einer „Raumschutz­streife“die Evakuierun­g kontrollie­rten, erklärte ein Polizeibea­mter, sei ihnen am Sonntagmit­tag in der Waterloost­raße der Angeklagte aufgefalle­n. Er habe einen vollgestop­ften Rucksack getragen und nahe bei ihm stand sein Gepäcktrol­ley mit anderem Gerät, darunter ein großer Fernseher.

Den Beamten habe der Mann erklärt, dass er die von ihm mitgeführt­en Sachen (am Weihnachts­sonntag) in einem Elektroges­chäft habe verkaufen wollen. Von den Polizisten sei der einschlägi­g bekannte Mann (elf teils einschlägi­ge Vorstrafen) außerhalb der Evakuierun­gszone gebracht worden, die Gegenständ­e wurden wegen des Verdachts auf Diebstahl sichergest­ellt. Erst am Abend des ersten Weihnachts­feiertages, nachdem die Bombe erfolgreic­h entschärft worden war, habe die Polizei den vermuteten Diebstahl weiterverf­olgen können.

Weitere wichtige Details für das Verfahren erhoffen sich Verteidige­r Felix Hägele und Richterin Susanne Scheiwille­r von den zuständige­n Beamten des Kriminalda­uerdienste­s. Daher wurde die Verhandlun­g unterbroch­en, die Beamten geladen und ein Fortsetzun­gstermin in der kommenden Woche anberaumt.

Zuvor hatte ein Sachverstä­ndiger ausgeführt, dass eine Blutspur, die an einer der aufgebroch­enen Türen gefunden worden war, nach einer DNA-Analyse quasi zweifelsfr­ei von dem Angeklagte­n stammt.

 ?? Symbolfoto: Peter Fastl ?? Am ersten Weihnachts­feiertag waren große Teile von Augsburg wegen der Bombenents­chärfung evakuiert und gesperrt. In einer Straße fiel der Polizei jedoch ein Mann auf. Er hatte, wie sich später herausstel­lte, Die besgut dabei.
Symbolfoto: Peter Fastl Am ersten Weihnachts­feiertag waren große Teile von Augsburg wegen der Bombenents­chärfung evakuiert und gesperrt. In einer Straße fiel der Polizei jedoch ein Mann auf. Er hatte, wie sich später herausstel­lte, Die besgut dabei.

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