Augsburger Allgemeine (Land West)
Zu schade für den Wertstoffhof?
Warum viele Kühlschränke entsorgt werden und was die Liebhaber von Retro-Design angesprochen hätte
Biberbach/Landkreis Augsburg Ob bei Tapeten, Möbeln oder Elektrogeräten: Retro-Optik ist angesagt. Auch für Kühlschränke mit altem Design zahlen Liebhaber heutzutage viel Geld. Darüber waren sich die Initiatoren des Landkreis-Wettbewerbs im Klaren, als sie zur Suche nach dem ältesten Kühlschrank riefen. Um die gute Optik von älteren Exemplaren wie dem Kühlschrank von Hildegard und Adolf Eser aus dem Biberbacher Ortsteil Affaltern zu erhalten, hatten sie ursprünglich eine ungewöhnliche Idee.
„Wir wollten Upcycling-Workshops anbieten“, verrät die Klimaschutzbeauftragte des Landkreises, Margit Spöttle. Allerdings fand sich kein Referent, der die richtige Anleitung gegeben hätte, wie sich zum Beispiel aus dem Bosch der Esers ein modisches Regal bauen lässt. Oder eine Bar. Oder aus der Front mit dem auffälligen Schnappgriff eine Art Pinnwand mit Magneten.
Es gibt viele Ideen, wie sich alte Kühlschränke noch sinnvoll nutzen lassen. Aber nicht jedes Gerät, das für die Landkreis-Aktion vorgeschlagen wurde, war auch tatsächlich fürs Upcycling geeignet: „Die Ästhetik hatten nur wenige“, sagt Spöttle. Und: „Auch nicht jeder ältere Kühlschrank war wirklich gut erhalten.“
Laut Reglement des Wettbewerbs wandern die Exemplare, für die es eine Tauschprämie gibt, jetzt auf den Wertstoffhof – bis auf zwei Geräte. Sie bleiben der Nachwelt erhalten. Margit Spöttle erklärt: „Wir hatten im Volkskundemuseum Oberschönefeld nachgefragt. Dort gibt es Interesse.“Klar: Im Museum werden Geschichte und Kultur, Leben und Arbeiten des Alltags in Schwaben abgebildet. Und dazu gehört eben auch der Kühlschrank. Er hatte vor 60 Jahren den Alltag in vielen Haushalten verändert.
Auch bei den Esers aus Affaltern. Ihr weißer Bosch war nach dem Krieg Fortschritt und Luxus zugleich. „Wir hatten damals ja noch keinen Fernseher“, erinnert sich Hildegard Eser. „Aber dafür einen Kühlschrank.“Während er bereits in den 1930er-Jahren in den USA zur Standardausstattung in privaten Haushalten gehörte, kam der praktische Freund aller Frauen, der aufwendiges Vorkochen und den täglichen Gang zum Einkaufen ersparte, erst in den 1950- und 1960er-Jahren flächendeckend nach Deutschland. Bei allen Vorzügen hatte der Ausfluss des Wirtschaftswunders allerdings einen großen Nachteil: Die ersten Kühlschränke fraßen Strom. Sehr viel Strom.
Um den hohen Verbrauch heute kritisch zu hinterfragen, wurde der Landkreis-Wettbewerb auf die Beine gestellt. Landrat Martin Sailer sagte bei der Abschlussveranstaltung in Stadtbergen: „Jeder kann zum Klimaschutz in den eigenen vier Wänden beitragen. Der Wettbewerb hat uns gezeigt, dass viele Landkreisbürger bereit sind, ihren Beitrag zu leisten.“Von der Resonanz war das Klimaschutz-Team des Landratsamts überwältigt. „190 Bewerbungen gingen im Aktionszeitraum ein. Dass es dann so viele alte Geräte wurden, hatten wir nicht gedacht“, sagt die Klimaschutzbeauftragte Margit Spöttle.
Das Durchschnittsalter der Kühlschränke lag am Ende bei 40 Jahren. So verteilten sich die Geräte auf die vergangenen Jahrzehnte:
● 1950er Jahre 27 Geräte
● 1960er Jahre 24 Geräte
● 1970er Jahre 24 Geräte
● 1980er Jahre 42 Geräte
● 1990er Jahre 37 Geräte
● 2000 und 2001 sechs Geräte. Insgesamt 30 Bewerbungen konnten jedoch nicht berücksichtigt werden, da die Teilnahmebedingungen des Wettbewerbs nicht erfüllt waren. Ausgelobt war für den Besitzer des ältesten teilnehmenden Geräts eine Tauschprämie über 400 Euro bei Ersatz durch ein modernes Gerät. Insgesamt waren 5000 Euro im Prämientopf vorhanden