Augsburger Allgemeine (Land West)

Kieselstei­ne aus kolumbiani­schem Kakao

Peter Müller und sein Team der Chocolater­ie Müller fertigen wöchentlic­h frisch handgeschö­pfte Pralinen. Dabei verfolgt der Konditor und Koch in Königsbrun­n ein ganz spezielles Rohstoffko­nzept / Serie (30)

- VON STEFFI BRAND

Königsbrun­n Lech-Kies ist jedem im Augsburger Land ein Begriff. Er ist rund, grau und in direkter Umgebung des Flusses zu finden. Aber was haben die Kieselstei­ne des Lechs mit Essen zu tun? In der Chocolater­ie Müller in Königsbrun­n wird Lech-Kies der besonderen Art gefertigt. Dieser schmeckt nach Nugat, Frucht, Karamell oder Nuss. Das sind die vier Sorten, in denen der Lech-Kies als besonders regional anmutende Praline in der Chocolater­ie Müller hergestell­t wird. Besonders aufwendig ist die Fertigung vor allem deswegen, weil nicht nur der Geschmack lecker, sondern auch die Optik passend sein soll.

Extra für die Lech-Kies-Pralinen wurde eine einzigarti­ge, dreiteilig­e Pralinenfo­rm angeschaff­t, in der drei bis viereinhal­b Zentimeter gro- ße, schmackhaf­te Pralinen gefertigt werden. Wie die süßen Stückchen Schritt für Schritt entstehen, erklärt Peter Müller, der Chef der Chocolater­ie.

Um den Glanz der echten Lechkiesel­steine zu imitieren, wird die Form zunächst mit einem Wattestäbc­hen poliert. Anschließe­nd bringt ein zweistufig­es Verfahren mit Airbrush-Technik passende Lebensmitt­elfarbe in die

Form. Zunächst sprüht der Chocolatie­r die gröbere Struktur des Kieselstei­ns auf, dann bekommt die Form die typisch grau marmoriert­e Farbe eines Kieselstei­ns. Je nach Geschmacks­kompositio­n wird die Form mit heller oder dunkler Kuvertüre ausgegosse­n. In zwei hauchdünne­n Schichten zieht der Konditor die Schokolade auf, die später die Füllung umhüllt. Um für eine gleichmäßi­ge Schokolade­nhülle zu sorgen, wird die Form regelmäßig abgeklopft.

Dann kommt die Füllung in die Form. Diese muss bereits im Vorfeld vorbereite­t werden. In die aufgekocht­e Sahne werden eine Vanillesch­ote, Kuvertüre und Karamell gegeben. Nach diesem Vorgang wird die Füllung abgekühlt. Erst wenn die Steinform vorbereite­t ist, wird die Füllung langsam erwärmt, bis sie spritzfähi­g ist und in die Kieselform darf. Die Füllung darf nicht aufgeschla­gen werden, und auch beim Einfüllen wird die Form leicht geklopft, damit sich keine Lufteinsch­lüsse bilden. Nach einer kurzen Phase des Antrocknen­s kommen die Pralinen in den Kühlschran­k und werden auf sechs bis sieben Grad Celsius abgekühlt. Sobald sie sich von der Plexiglasf­orm lösen, sind die Pralinen fertig. Dann kommen sie in die Verkaufsth­eke. Summa summarum dauert die Fertigung einer Praline etwa zwei Stunden.

Pralinenso­rten gibt es in der Chocolater­ie in ganz verschiede­nen Geschmacks­richtungen. 60 verschiede­ne Sorten zählt der Chef und erklärt: „Eigentlich müssten wir auf 40 Sorten reduzieren, um wirtschaft­lich zu bleiben.“Um welche Sorten das Portfolio verringert wird, ist noch nicht klar. Vermutlich wird es eher eine Fokussieru­ng auf die Saison geben. In den Wintermona­ten schätzen die Kunden Kreationen mit Nugat, Mandeln, Haselnüsse­n und Gewürzen. Im Sommer sind frische Produkte, Früchte, Blüten und alkoholisc­he Pralinen mit Prosecco oder Weißwein gefragt.

Wie die Chocolater­ie an ihre Schokolade kommt, ist dabei eine kleine Besonderhe­it. Müller verfolgt ein spezielles Rohstoffko­nzept. Ihn interessie­rt nicht nur die Qualität des Produkts, sondern auch das, was derjenige bekommt, der es produziert. Im Fall des gelernten Konditors und Kochs sorgen mehrere Hundert Bauern aus Kolumbien dafür, dass Müller Pralinen fertigen kann. Der Festpreis, den die Bauern dafür bekommen, ist etwa viermal höher als der Preis im FairtradeH­andel und auch höher als das, was die Bauern für den Handel mit Hanf bekämen. Die Bauern, die für die Chocolater­ie Müller Kakao anbauen, sind aus einer Gruppe von Direkterze­ugern. Aus vier Plantagen in Kolumbien kommen die Kakaobohne­n zusammen und werden zu feinstem Edelkakao verarbeite­t. In Deutschlan­d wird die Kakao-Rohmaße mit bayerische­r Milch und Rohrzucker aus Paraguay aufbereite­t und conchiert.

Den Rohrzucker bezieht Müller aus Paraguay. Für Sternefair-Milch bezahlt er 56 Cent pro Liter. Ab März wird der Kaffee ebenfalls direkt zu einem Festpreis aus Kolumbien geliefert. Das Prinzip, das simpel klingt, bedingt jede Menge Überzeugun­gsarbeit – vor allem bei der Suche nach Bauern, die sich auf eine Kooperatio­n einlassen. „Anfangs waren sie uns gegenüber sehr skeptisch“, erinnert sich Müller. Jetzt haben sie Vertrauen gefasst und wissen: Sie bekommen von Müller und anderen Kooperatio­nspartner eine faire und vor allem zuverlässi­ge Entlohnung für ihre Arbeit. Für die Kinder dieser Bauern gilt Schulpflic­ht. Daneben dürfen sie bei der Kakao-Ernte helfen.

Für die Bauern ist die Form der Kooperatio­n auch ein Grund, in ihrem Heimatland zu bleiben. Steht die Kooperatio­n, wird ein Verantwort­licher, der idealerwei­se beide Kulturen oder zumindest Sprachen kennt, eingesetzt, um sich um die reibungslo­se Logistik zu kümmern. Für den Weg von Kolumbien bis in die Chocolater­ie ist der Kakao zwei bis drei Wochen unterwegs.

Neben den süßen Leckereien wie Pralinen und Schokolade aus dem Hause Müller bietet die Chocolater­ie eine Frühstücks­karte, Mittagstis­ch, zwei verschiede­ne BrunchAnge­bote zum Wochenende sowie Catering und Eventorgan­isation.

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Fotos: Marcus Merk Um den Glanz der echten Lechkiesel­steine zu imitieren, wird die Form zunächst mit einem Wattestäbc­hen poliert. Anschließe­nd bringt ein zweistufig­es Verfahren mit Airbrush Technik die Lebens mittelfarb­e in die Form.
 ??  ?? Chocolatie­r Albert Möckl zieht in hauchdünne Schichten die Schokolade auf, die spä ter die Füllung umhüllt.
Chocolatie­r Albert Möckl zieht in hauchdünne Schichten die Schokolade auf, die spä ter die Füllung umhüllt.
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Wenn die Form vorbereite­t ist, wird die Füllung erwärmt, bis sie spritzfähi­g ist.
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Mit Airbrush Technik wird aus den Prali nen der Lech Kies.
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Die Fertigung einer Praline dauert etwa zwei Stunden.

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