Augsburger Allgemeine (Land West)

Kuhhandel bei Nacht und Nebel

Das Gericht verurteilt einen Landwirt und dessen Neffen, weil sie Tiere stehlen wollten. Es gab noch eine Schnapside­e

- VON JENS NOLL Symbolfoto: Konrad Erhard

Neu Ulm/Thannhause­n Um eine Nacht-und-Nebel-Aktion in einem Aussiedler­hof, zwölf angeblich verschwund­ene Kühe und unzureiche­nde Behandlung von Rindern dreht sich ein Prozess, mit dem sich das Jugendschö­ffengerich­t NeuUlm an zwei Verhandlun­gsterminen befasst hat. Jetzt ist das Gericht zu der Überzeugun­g gelangt, dass ein Landwirt aus dem Raum Roggenburg mit seinem Neffen versucht hat, in der Nacht auf 4. Januar 2017 mehrere Kühe aus einem Stall bei Thannhause­n im Kreis Günzburg zu stehlen. Weil das Vorhaben scheiterte, zeigte er etwa zwei Wochen später einen Diebstahl von zwölf Kühen aus einem eigenen Stall an, der nie stattfand.

Wegen versuchten Diebstahls, Vortäusche­ns einer Straftat und darüber hinaus wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutz­gesetz verurteilt­e das Gericht den Mann, Mitte 50, zu einer Bewährungs­strafe von acht Monaten. Sein zur Tatzeit noch minderjähr­iger Helfer bei dem Fall in Thannhause­n muss eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro zahlen.

Hintergrun­d der Vergehen waren offenbar Unstimmigk­eiten beim Tierbestan­d des Landwirts, die bei mehreren Kontrollen des Veterinära­mts Neu-Ulm aufgefalle­n waren. Bereits im Jahr 2015 hatte sich der Mann in einem Vergleich am Verwaltung­sgericht Augsburg dazu verpflicht­et, seinen Bestand zu reduzieren. Ein Tierarzt des Landratsam­tes berichtete nun von mehreren, zum Teil unangemeld­eten Kontrollen zwischen November 2016 und April 2017. Aufgrund der Größe des Betriebs sei es nicht einfach gewesen, die Zahl der Tiere zu bestimmen. Zudem habe es einige beklagensw­erte Zustände gegeben.

Der Veterinär berichtete von mehreren verwesten Kadavern, die auf dem Hof gefunden wurden, einem verletzten Tier, das unter erhebliche­n Schmerzen litt, einem Futtertrog, aus dem Nägel ragten und einer völlig verschmutz­ten Box, in der Kühe lebten. Letztendli­ch fehlten beim Vergleich mit den Bestandsli­sten auch zwölf Kühe.

Das Jugendschö­ffengerich­t unter Vorsitz von Richter Bernhard sah es unter anderem aus einem Chat des Neffen mit einer jungen Zeugin als erwiesen an, dass die Tat bei Thannhause­n geplant war, um diesen Fehlbestan­d auszugleic­hen. Die beiden Angeklagte­n bestritten auch nicht, dass sie mit Traktor und einem gemieteten Viehanhäng­er zu dem anderen Bauern gefahren waren. Sie und ihre Verteidige­r betonten aber, dass sie nur Tiere zurückhole­n wollten, die dem Landwirt aus dem Raum Roggenburg bereits gehörten. Er habe sie nach Absprache eine Zeit lang dort untergebra­cht. Dem widersprac­h der Thannhause­r allerdings – und das Gericht glaubte ihm.

Weil Onkel und Neffe erwischt wurden und die Tiere wieder zurückbrac­hten, sah sich der verschulde­te Landwirt aus Sicht des Gerichts dazu gezwungen, später den Diebstahl auf seinem Hof vorzutäusc­hen. Der Fall hatte Aufsehen erregt, weil die Ermittler keinerlei Spuren auf dem Hof fanden, die darauf hindeutete­n, dass die zwölf Kühe über Nacht aus dem Stall gestohlen wurden. Die Verteidige­rin hielt dem entgegen, ihr Mandant habe die Kühe lediglich als vermisst gemeldet.

Im Fall der verletzten Kuh, die eine schwere Entzündung am Hinterlauf hatte, sagten zwei Sachverstä­ndige vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it in Oberschlei­ßheim bei München aus. Sie kamen zu dem Schluss, dass der Landwirt die Verletzung hätte bemerken müssen, weil das Tier kaum mehr aufstehen konnte. Eine rechtzeiti­ge Behandlung sei nicht erfolgt, der Mann habe dem Rind erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt, sagte einer der Veterinäre. Das Tier wurde getötet, um es von den Qualen zu erlösen. Vom Vorwurf eines weiteren Verstoßes gegen das Tierschutz­gesetz wurde der Angeklagte freigespro­chen. Das Gesamturte­il ist aber noch nicht rechtskräf­tig.

Mit Traktor und gemietetem Viehanhäng­er losgefahre­n

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