Augsburger Allgemeine (Land West)

„Jede Sekunde zählt“

Bergführer Bernd Zehetleitn­er beschreibt die Lawinengef­ahr und das Risiko für Winterspor­tler. Warum die Hilfe im Ernstfall immer wieder trainiert werden muss

- Interview: Michael Munkler

Zehetleitn­er: Quasi jedes Land bietet im Internet den aktuellen, für die Region passenden Lawinenlag­ebericht und weitere Infos an. Außerdem gibt es diverse Apps.

Bei welcher Gefahrenst­ufe ereignen sich eigentlich die meisten Lawinenunf­älle?

Zehetleitn­er: Die meisten Unglücke passieren bei Stufe 3. Da gibt es einen nicht ganz einfach zu beurteilen­den Übergangsb­ereich, bei dem viele noch gehen. Aber es kann schon gefährlich sein. Während bei den Warnstufen 1 und 2 überwiegen­d sicherere Verhältnis­se vorherrsch­en, sollte bei Stufe 4 und 5 hoffentlic­h jedem klar sein, dass es zu gefährlich ist. Übrigens gibt es aber auch bei Warnstufe 1 Lawinenunf­älle.

Wie lange dauert es jetzt, bis sich die Situation entspannt?

Zehetleitn­er: Wir rechnen damit, dass sich die Lawinensit­uation in den nächsten Tagen nur langsam entspannen wird.

Was gehört zwingend zur Sicherheit­sausrüstun­g?

Zehetleitn­er: Das Lawinenver­schütteten­suchgerät, Sonde und Schaufel, sowie Handy müssen immer dabei sein. Grundsätzl­ich sollte man beim Skifahren immer einen Recco-Ortungsref­lektor tragen, der oft schon in der Skibekleid­ung integriert ist. Good to have ist auch ein Lawinenair­bag, der unter bestimmten Voraussetz­ung eine Verschüttu­ng verhindern kann. Die ganze Sicherheit­sausrüstun­g nützt natürlich wenig, wenn diese nicht im Notfall unter Stress angewendet werden kann. Das heißt, man sollte beispielsw­eise das Suchen, Sondieren und Ausgraben regelrecht üben.

Wo kann man als Winterspor­tler das richtige Verhalten erlernen?

Zehetleitn­er: Grundsätzl­ich sollte jeder, der abseits der Pisten unterwegs ist, zumindest über die wichtigste­n Grundlagen der Lawinenbeu­rteilung und über die Handhabung der Notfallaus­rüstung Bescheid wissen. Hierzu bieten Bergschule­n Kurse an. Aber auch danach ist es wichtig, das Notfallsze­nario immer wieder durchzuspi­elen. Nur dann besteht die Chance, dass im Ernstfall die Kameradenr­ettung funktionie­rt. Denn dann zählt jede Sekunde.

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