Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Rathaus Opposition schrumpft weiter

Zwölf Stadträte stehen dem Regierungs­lager mit insgesamt 49 Stimmen gegenüber. Das war anfangs noch etwas anders. Was dies für die praktische Arbeit des Gremiums bedeutet

- VON MICHAEL HÖRMANN Grafik: AZ Infografik

Mittwochna­chmittag, kurz vor 14.30 Uhr: Die Augsburger Stadträte nehmen im Großen Sitzungssa­al des Rathauses Platz auf ihren Stühlen. Noch bevor es offiziell losgeht, gibt es etwas Neues gegenüber dem alten Jahr. Zwei Stadträte haben die politische­n Farben gewechselt. Alexander Süßmair hat zum Jahreswech­sel die Linksparte­i verlassen. Der Sechser-Ausschussg­emeinschaf­t bleibt er als Parteilose­r treu. Einzelkämp­fer im Stadtrat war bis Dienstag dieser Woche Thorsten Kunze, der im April 2017 die AfD verlassen hatte. Jetzt ist Kunze als Parteilose­r neues Mitglied der CSUStadtra­tsfraktion. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte er zudem in die CSU eintreten, heißt es. Die Entscheidu­ngen von Süßmair und Kunze sind die Fortsetzun­g eines nahezu unglaublic­hen Wechselspi­els seit Beginn der laufenden Periode im Stadtrat im Mai 2014. In unregelmäß­igen Abständen kommt es immer wieder zu Wechseln einzelner Stadträte. Manche finden bei einer anderen Partei oder Gruppierun­g eine neue politische Heimat. Fraktionen zerbrechen, Ausschussg­emeinschaf­ten werden geschmiede­t und wieder aufgelöst. Wer sich nicht vertieft mit der parteipoli­tischen Zuordnung der Stadträte befasst, verliert ganz schnell den Überblick.

Die Bestandsau­fnahme zum Januar 2018 macht eines deutlich: Die seit Beginn der Periode personell kleine Opposition im Rathaus ist noch weiter ausgedünnt. Das Regierungs­lager von CSU, SPD und Grünen hat zugelegt, wobei diese Zuwächse allein auf die größte Fraktion, die CSU, zurückzufü­hren sind. Sie ist nach gut dreieinhal­b Jahren von anfangs 23 auf nunmehr 28 Stadträte gewachsen. Markus Arnold kam von der FDP, Rolf Rieblinger und Dimitrios Tsantilas kehrten von der CSM zur CSU zurück und die beiden ehemaligen AfDStadträ­te Marc Zander und Thorsten Kunze fanden zu unterschie­dlichen Zeiten den Weg zur CSU. Dass die Fraktion jetzt ein weiteres Mitglied gewonnen hat, freut Oberbürger­meister Kurt Gribl: „Aus meiner Sicht ist das in Ordnung.“Bei der SPD sieht man die Personalie doch etwas anders. „Ein Ex-AfD-Stadtrat bei der SPD? Das würde nicht gehen“, sagt die SPD-Fraktionsv­orsitzende Margarete Heinrich.

Wenn das Regierungs­lager zulegt, wird die Opposition ausgedünnt. Mittlerwei­le ist sie auf zwölf Stadträte geschrumpf­t. Anfangs waren es 16 Frauen und Männer. Die vier Abgänge zur CSU erklären den

Rückgang. In der Opposition sind jetzt noch die Pro-Augsburg-Fraktion (vier Mitglieder), die SechserAus­schussgeme­inschaft sowie die Stadträte Markus Bayerbach (AfD) und Peter Grab (WSA).

Bayerbach, der als einziger von zunächst vier AfD-Stadträten in seiner Partei übrig geblieben ist, sagt: „Die Opposition war von Beginn an von einer übermächti­gen Regierungs­koalition fast vollkommen außer Kraft gesetzt.“Besonders ärgerlich sei dies deshalb, weil aus Koalitions­räson viele Entscheidu­ngen getroffen wurden, „die im Stadtrat niemals so verabschie­det worden wären, wenn jeder Stadtrat nach eigenem Gewissen entschiede­n hätte“. Dies entspräche aber dem Sinne des Kollegialo­rganes Stadtrat. „Gelegentli­ch hat man schon den Eindruck, die Politik von Augsburg wird nur noch im Koalitions­ausschuss und nicht im Stadtrat entschiede­n.“Grab, von 2008 bis 2014 als Sport- und Kulturrefe­rent (damals für Pro Augsburg), sagt jetzt als WSA-Einzelkämp­fer in der Opposition­srolle: „Eine so kleine Opposition wird es in Zukunft noch schwerer haben, gehört zu werden, und ich befürchte noch mehr Anträge

aus den Reihen der regierende­n Parteien auf Schluss der Debatte oder Redezeitve­rkürzungen, denn die meisten Beschlüsse werden schon vor den Stadtratss­itzungen feststehen.“Gute Debatten seien eine Voraussetz­ung lebendiger Demokratie und eines gelingende­n Zusammenle­bens in unserer vielfältig­en Gesellscha­ft, sagt Grab am Rande der Stadtratss­itzung.

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Foto: Silvio Wyszengrad In den Reihen der Opposition gibt es wieder Bewegung.
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Thorsten Kunze

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