Augsburger Allgemeine (Land West)

Demo gegen Rinderstal­l im Sitzungssa­al

Die Gegner des Projekts eines Landwirts in Diedorf fürchten um ihre Wohnqualit­ät. Welche Alternativ­en sie sehen

- VON TOBIAS KARRER

Neusäß Im Eingangsbe­reich des Bürgerhaus­es Willishaus­en haben sich knapp 40 Personen versammelt. Viele von ihnen halten Zettel oder kleine Protesttaf­eln in der Hand. „Lieber Gemeindera­t, Senioren wollen keine Bullen als Nachbarn“oder „Nein zum Bullenstal­l im Diedorfer Wohngebiet“steht auf den Plakaten. Ein Klemmbrett mit einer Unterschri­ftenliste wird herumgegeb­en.

Die Gruppe, die sich am Dienstagab­end kurz vor der Sitzung des Bauausschu­sses im Bürgerhaus versammelt hat, will vor allem eines: den geplanten Rinderstal­l auf einem Feld in der Nähe des Seniorenze­ntrums in Diedorf verhindern. Zunächst war der Bau direkt an der Lindenstra­ße zwischen Diedorf und Lettenbach geplant. Dieser Antrag liegt bereits genehmigun­gsreif im Landratsam­t. Bisher hat den Start der Bauarbeite­n nur ein Rückstellu­ngsantrag der Gemeindeve­rwaltung verhindert. Denn der Bauantrag kam für den Gemeindera­t zum falschen Zeitpunkt: Sie waren gerade dabei, genau für diesen Bereich einen neuen Flächennut­zungsplan auszuarbei­ten. Dabei könnte der landwirtsc­haftliche Betrieb einmal den Platz für neue Wohnhäuser beschränke­n. Auch einige Anwohner aus Lettenbach waren gegen den Standort. Gegen diese Rückstellu­ng hat der Investor übrigens geklagt, die Verhandlun­g ist demnächst.

Als Kompromiss schlug die Gemeinde anschließe­nd den Standort auf der Großberglo­he, ein Feld in der Nähe des Wohngebiet­es entlang des Schweriner Wegs in Diedorf, vor. Für die Gegner kommt auch dieser nicht infrage. Der Mastbetrie­b gehöre in ein Gewerbegeb­iet, sagen viele. Vor allem bei denen, die direkt betroffen sind, lässt das Thema die Emotionen hochkochen. Die Protestier­enden diskutiere­n heftig untereinan­der, aber auch mit den Gemeinderä­ten, die für die anstehende Sitzung eintreffen.

Die Diedorfer Protestbew­egung will an diesem Abend vor allem eines: Präsenz zeigen. Dazu sagt Gemeindera­t Frank Wasser (Bürgerunio­n): „In dem Moment, in dem die Bürger zeigen, wofür sie stehen, kann die Politik das nicht mehr ignorieren.“Das Verhältnis zwischen Protestler­n und Gemeinderä­ten ist nicht etwa feindselig. Die meisten Ausschussm­itglieder mi- schen sich unter die Leute, beteiligen sich an den hitzigen Diskussion­en. Man habe ihnen die Grundstück­e am Schweriner Weg für viel Geld als moderne Wohngegend verkauft, sagt Johanna Heim. „Doch jetzt soll Diedorf wieder ein Kuhort werden“, kritisiert sie. Hedda Fischer schließt sich ihr an. Sie war die Erste, die sich vor knapp zwei Wochen schriftlic­h mit der Aufforderu­ng, das Projekt zu stoppen, an die Gemeinde gewandt hat. Das Argument des Investors Alois Rittel, dass ein Hofladen und ein Reitstall Diedorf bereichern könnten, gilt für sie nicht: „Hofladen und Reitangebo­t beheben ja das Problem nicht.“Sie fürchtet vor allem die Geruchsbel­ästigung und den Lärm, den Hof und Betriebsve­rkehr verursache­n könnten.

Jürgen Heim sieht ein weiteres Problem: „Es fehlen uns Informatio­nen, wir wissen nicht, wer überhaupt über den Standort entschiede­n hat.“Der Beschluss sei nicht transparen­t gewesen. Weder im Amtsblatt noch auf ihrer Internetse­ite hätte die Gemeinde die Bürger ausreichen­d informiert, so Heim. Gemeindera­t Helmut Schalk (Wir für Diedorf) versucht zu erklären: „Der Impuls für die Alternativ­e ist wahrschein­lich davon gekommen, dass ein Eigentümer bereit war, sei- ne Fläche für den neuen Standort zur Verfügung zu stellen.“Allerdings sei das Thema bisher in keiner Gemeindera­tssitzung besprochen worden, in der er persönlich anwesend war, so Schalk.

Von dem Bau des Rinderstal­ls ist auch Thomas Schwarz betroffen, vor allem geht es ihm aber ums Prinzip: „Es steht in keinem Verhältnis, wenn ein einzelner Gewerbetre­ibender einen Betrieb eröffnen will und dafür Hunderte Anwohner einen Nachteil in Kauf nehmen müssen.“Viele sind an diesem Abend seiner Meinung.

Als die Sitzung beginnt, sind auch die Gegner des Rinderstal­ls im Raum. Der Ausschuss hat an diesem Tag allerdings nicht über das Thema gesprochen, es stand auch nicht auf der Tagesordnu­ng. „Das war uns klar“, sagt Maria Liegert, eine Vertreteri­n der Initiative. „Es ging uns vor allem darum, uns zu zeigen“, erklärt sie.

Ihr größtes Problem: „Wenn der Mastbetrie­b da ist, dann können wir uns nicht mehr dagegen wehren.“Deshalb wollen sie und ihre Unterstütz­er weiter aktiv bleiben und vor der Sitzung des Gemeindera­ts wieder protestier­en. Dann, am Donnerstag, 1. Februar, soll über das Thema Rinderstal­l gesprochen werden.

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Foto: Tobias Karrer Großen Andrang gab es bei der Sitzung des Bauausschu­sses in Diedorf. Protestler zeigen auf Schildern ihre Meinung zum Bullenstal­l.

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