Augsburger Allgemeine (Land West)
Demo gegen Rinderstall im Sitzungssaal
Die Gegner des Projekts eines Landwirts in Diedorf fürchten um ihre Wohnqualität. Welche Alternativen sie sehen
Neusäß Im Eingangsbereich des Bürgerhauses Willishausen haben sich knapp 40 Personen versammelt. Viele von ihnen halten Zettel oder kleine Protesttafeln in der Hand. „Lieber Gemeinderat, Senioren wollen keine Bullen als Nachbarn“oder „Nein zum Bullenstall im Diedorfer Wohngebiet“steht auf den Plakaten. Ein Klemmbrett mit einer Unterschriftenliste wird herumgegeben.
Die Gruppe, die sich am Dienstagabend kurz vor der Sitzung des Bauausschusses im Bürgerhaus versammelt hat, will vor allem eines: den geplanten Rinderstall auf einem Feld in der Nähe des Seniorenzentrums in Diedorf verhindern. Zunächst war der Bau direkt an der Lindenstraße zwischen Diedorf und Lettenbach geplant. Dieser Antrag liegt bereits genehmigungsreif im Landratsamt. Bisher hat den Start der Bauarbeiten nur ein Rückstellungsantrag der Gemeindeverwaltung verhindert. Denn der Bauantrag kam für den Gemeinderat zum falschen Zeitpunkt: Sie waren gerade dabei, genau für diesen Bereich einen neuen Flächennutzungsplan auszuarbeiten. Dabei könnte der landwirtschaftliche Betrieb einmal den Platz für neue Wohnhäuser beschränken. Auch einige Anwohner aus Lettenbach waren gegen den Standort. Gegen diese Rückstellung hat der Investor übrigens geklagt, die Verhandlung ist demnächst.
Als Kompromiss schlug die Gemeinde anschließend den Standort auf der Großberglohe, ein Feld in der Nähe des Wohngebietes entlang des Schweriner Wegs in Diedorf, vor. Für die Gegner kommt auch dieser nicht infrage. Der Mastbetrieb gehöre in ein Gewerbegebiet, sagen viele. Vor allem bei denen, die direkt betroffen sind, lässt das Thema die Emotionen hochkochen. Die Protestierenden diskutieren heftig untereinander, aber auch mit den Gemeinderäten, die für die anstehende Sitzung eintreffen.
Die Diedorfer Protestbewegung will an diesem Abend vor allem eines: Präsenz zeigen. Dazu sagt Gemeinderat Frank Wasser (Bürgerunion): „In dem Moment, in dem die Bürger zeigen, wofür sie stehen, kann die Politik das nicht mehr ignorieren.“Das Verhältnis zwischen Protestlern und Gemeinderäten ist nicht etwa feindselig. Die meisten Ausschussmitglieder mi- schen sich unter die Leute, beteiligen sich an den hitzigen Diskussionen. Man habe ihnen die Grundstücke am Schweriner Weg für viel Geld als moderne Wohngegend verkauft, sagt Johanna Heim. „Doch jetzt soll Diedorf wieder ein Kuhort werden“, kritisiert sie. Hedda Fischer schließt sich ihr an. Sie war die Erste, die sich vor knapp zwei Wochen schriftlich mit der Aufforderung, das Projekt zu stoppen, an die Gemeinde gewandt hat. Das Argument des Investors Alois Rittel, dass ein Hofladen und ein Reitstall Diedorf bereichern könnten, gilt für sie nicht: „Hofladen und Reitangebot beheben ja das Problem nicht.“Sie fürchtet vor allem die Geruchsbelästigung und den Lärm, den Hof und Betriebsverkehr verursachen könnten.
Jürgen Heim sieht ein weiteres Problem: „Es fehlen uns Informationen, wir wissen nicht, wer überhaupt über den Standort entschieden hat.“Der Beschluss sei nicht transparent gewesen. Weder im Amtsblatt noch auf ihrer Internetseite hätte die Gemeinde die Bürger ausreichend informiert, so Heim. Gemeinderat Helmut Schalk (Wir für Diedorf) versucht zu erklären: „Der Impuls für die Alternative ist wahrscheinlich davon gekommen, dass ein Eigentümer bereit war, sei- ne Fläche für den neuen Standort zur Verfügung zu stellen.“Allerdings sei das Thema bisher in keiner Gemeinderatssitzung besprochen worden, in der er persönlich anwesend war, so Schalk.
Von dem Bau des Rinderstalls ist auch Thomas Schwarz betroffen, vor allem geht es ihm aber ums Prinzip: „Es steht in keinem Verhältnis, wenn ein einzelner Gewerbetreibender einen Betrieb eröffnen will und dafür Hunderte Anwohner einen Nachteil in Kauf nehmen müssen.“Viele sind an diesem Abend seiner Meinung.
Als die Sitzung beginnt, sind auch die Gegner des Rinderstalls im Raum. Der Ausschuss hat an diesem Tag allerdings nicht über das Thema gesprochen, es stand auch nicht auf der Tagesordnung. „Das war uns klar“, sagt Maria Liegert, eine Vertreterin der Initiative. „Es ging uns vor allem darum, uns zu zeigen“, erklärt sie.
Ihr größtes Problem: „Wenn der Mastbetrieb da ist, dann können wir uns nicht mehr dagegen wehren.“Deshalb wollen sie und ihre Unterstützer weiter aktiv bleiben und vor der Sitzung des Gemeinderats wieder protestieren. Dann, am Donnerstag, 1. Februar, soll über das Thema Rinderstall gesprochen werden.