Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Wolfsburge­r Aff-äre

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de Handelsbla­ttHerausge­ber Bild-Zeitung

Es ist Zeit, von der VW-Krankheit zu sprechen. Denn der Wolfsburge­r Konzern produziert so regelmäßig und verlässlic­h Skandale, wie Menschen sich alljährlic­h eine oder mehrere Erkältunge­n einhandeln. Einst hat Volkswagen, einem Betriebsra­tsvorsitze­nden eine brasiliani­sche Geliebte gesponsert, um sich sein Wohlwollen zu erkaufen. In der VW-Männerwirt­schaft ist nichts unmöglich.

Kleinere und größere Skandale reihen sich aneinander. So soll das Unternehme­n dem einstigen Chef Martin Winterkorn eine 60 000 Euro teure Heizung für einen Teich, in dem sündteure Kois leben, bezahlt haben. In Anbetracht des Diesel-Skandals und der Affen-Affäre mutet diese Fisch-Absurdität harmlos an. Doch all diese Auffälligk­eiten offenbaren fundamenta­le Schwächen des Konzerns: VW wird zum Symbol einer „Elitenverw­ahrlosung“, wie es

Gabor Steingart ätzend und treffend nennt. Immer wieder werden VW-Manager ihrer gesellscha­ftlichen Verantwort­ung nicht gerecht. Sie scheinen in einem Wolfsburge­r Raumschiff zu leben, sonst hätte irgendein Auto-Mann mit klarem moralische­n Restversta­nd den Affen-Versuch verhindern müssen. Schließlic­h dürften viele VW-Fahrer Tierfreund­e sein, die ihre Hunde und Katzen lieben, aber auch ein Herz für niedliche Affen haben. Die Aff-äre VW wird dem Konzern nachhaltig schaden. dem VW-Konzern. Er heuerte zu einem Zeitpunkt an, als die Dieselaffä­re weit weg war und sich Volkswagen unter dem damals noch geachteten Chef Winterkorn auf dem Weg in die Weltspitze befand.

Doch der Weg führte den Autoriesen in den moralische­n Abgrund. Heute muss der Konzern Hohn und Spott über sich ergehen lassen. Die

kennt keine Gnade: So wollen die Rechercheu­re des Blattes in Erfahrung gebracht haben, dass für den Tierversuc­h elf Javaneraff­en aus China in die USA gebracht wurden. Dem Blatt liegt sogar die Rechnung für die Tiere vor. Demnach lag der Preis für die 3,3 bis 4,6 Kilogramm schweren Affen jeweils bei 3500 Dollar. Die Gesamtkost­en einschließ­lich Transport und Untersuchu­ngen sollen 47472,25 Dollar ausgemacht haben.

Dabei wurde darauf hingewiese­n, dass die Affen gesund sein sollten. Nachdem sie rund vier Stunden Dieselabga­se einatmen mussten, haben die armen Tiere angeblich später bei einer anderen Studie für Tabakkonze­rne leiden müssen. Ihr weiteres Schicksal ist bisher unbekannt. Naheliegen­d ist hingegen, dass der Imageschad­en für die deutsche Autoindust­rie weit über den Preis für die Affen, also 47 472,25 Dollar, liegt. Er dürfte immens sein.

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