Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Wolfsburger Aff-äre
Es ist Zeit, von der VW-Krankheit zu sprechen. Denn der Wolfsburger Konzern produziert so regelmäßig und verlässlich Skandale, wie Menschen sich alljährlich eine oder mehrere Erkältungen einhandeln. Einst hat Volkswagen, einem Betriebsratsvorsitzenden eine brasilianische Geliebte gesponsert, um sich sein Wohlwollen zu erkaufen. In der VW-Männerwirtschaft ist nichts unmöglich.
Kleinere und größere Skandale reihen sich aneinander. So soll das Unternehmen dem einstigen Chef Martin Winterkorn eine 60 000 Euro teure Heizung für einen Teich, in dem sündteure Kois leben, bezahlt haben. In Anbetracht des Diesel-Skandals und der Affen-Affäre mutet diese Fisch-Absurdität harmlos an. Doch all diese Auffälligkeiten offenbaren fundamentale Schwächen des Konzerns: VW wird zum Symbol einer „Elitenverwahrlosung“, wie es
Gabor Steingart ätzend und treffend nennt. Immer wieder werden VW-Manager ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht. Sie scheinen in einem Wolfsburger Raumschiff zu leben, sonst hätte irgendein Auto-Mann mit klarem moralischen Restverstand den Affen-Versuch verhindern müssen. Schließlich dürften viele VW-Fahrer Tierfreunde sein, die ihre Hunde und Katzen lieben, aber auch ein Herz für niedliche Affen haben. Die Aff-äre VW wird dem Konzern nachhaltig schaden. dem VW-Konzern. Er heuerte zu einem Zeitpunkt an, als die Dieselaffäre weit weg war und sich Volkswagen unter dem damals noch geachteten Chef Winterkorn auf dem Weg in die Weltspitze befand.
Doch der Weg führte den Autoriesen in den moralischen Abgrund. Heute muss der Konzern Hohn und Spott über sich ergehen lassen. Die
kennt keine Gnade: So wollen die Rechercheure des Blattes in Erfahrung gebracht haben, dass für den Tierversuch elf Javaneraffen aus China in die USA gebracht wurden. Dem Blatt liegt sogar die Rechnung für die Tiere vor. Demnach lag der Preis für die 3,3 bis 4,6 Kilogramm schweren Affen jeweils bei 3500 Dollar. Die Gesamtkosten einschließlich Transport und Untersuchungen sollen 47472,25 Dollar ausgemacht haben.
Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Affen gesund sein sollten. Nachdem sie rund vier Stunden Dieselabgase einatmen mussten, haben die armen Tiere angeblich später bei einer anderen Studie für Tabakkonzerne leiden müssen. Ihr weiteres Schicksal ist bisher unbekannt. Naheliegend ist hingegen, dass der Imageschaden für die deutsche Autoindustrie weit über den Preis für die Affen, also 47 472,25 Dollar, liegt. Er dürfte immens sein.