Augsburger Allgemeine (Land West)
Der andere Justin Timberlake
Warum der Superstar sein neues Album in einem künstlichen Wäldchen vorstellt
Sonntagnacht wird er für die Halbzeitunterhaltung beim „Super Bowl“sorgen. Doch vorher stellte der Pop-Superstar Justin Timerlake noch sein neues Album in einem künstlich angelegten New Yorker Wäldchen vor. Die am Freitag erscheinende Platte heißt ja „Man Of The Woods“, Mann in den Wäldern – ist aber alles andere als Country.
Es ist der mutige, ambitionierte, bisweilen auch überambitionierte, auf 16 Songs in 66 Minuten verteilte Versuch, mit modernsten Produktionsmitteln ein irgendwie heimeliges (der Däne würde „hygge“sagen) Klanggefühl zu schaffen. Die Soul-, Gospel- und R&B-Einflüsse aus Timberlakes Heimat Tennessee sollten gekreuzt werden mit futuristischem Funk und Sounds, die zugleich erdig und innovativ sein sollten. Klingt kompliziert?
Ist es in der Praxis auch. „Man Of The Woods“ist kein einfaches oder besonders zugängliches Album, ein kristallklarer Hit wie zuletzt „Can’t Stop The Feeling“aus dem Sommer 2016 ist nicht zu erkennen. Doch es ist Justin Timberlake hoch anzurechnen, dass er es sich während der gut zweijährigen (durch die Geburt seines Sohnes Silas für längere Zeit unterbrochenen) Produktionsarbeit nicht leicht gemacht hat. Herausgekommen ist etwa die interessant ungerade und nach derbem Sex klingende, sich vor Prince verneigende Robo-Pop-Single „Filthy“. Besonders stark geraten ist die housig-heftige Disconummer „Midnight Summer Jam“, zu der die Lichter im Pop-Up-Wäldchen flackern – der Song wirkt komplexer als vergleichbare Ware vom aktuellen GrammyAbräumer Bruno Mars, auch cooler.
Weiterhin überzeugt Timberlake in der Disco mit dem dunklen, kluborientierten, für einen Weltstar erfrischend unkommerziellen „Supplies“– und mit „Montana“, das fast nach „Stayin’ Alive“erinnert“. Ansonsten hängt das Album auch mal durch. Wenn nicht gerade Söhnchen Silas im Fokus steht. „Man Of The Woods“ist die Übersetzung seines Namens und ungewohnt persönlich geht es dann im langsamen, an George Michaels „Faith“erinnernden Titelsong zu. Gegen Plattenende packt „The Hard Stuff“einen mit akustischer Gitarre und der Liebe zu Silas und seiner Mama. Und abschließend brabbelt der Kleine im poppigsten Song „Young Man“dann auch noch selbst mit.