Augsburger Allgemeine (Land West)

Heute schon influenct?

Ein paar Worte zum Anglizismu­s des Jahres, dem Influencer

- VON MICHAEL SCHREINER

Augsburg Noch gibt es mehr Wörter, als Titel vergeben werden – aber wie lange noch? Nach Wort, Unwort, Jugendwort und Ehrenwort des Jahres steht nun auch der Anglizismu­s des Jahres 2017 fest. Influencer. Die meisten von uns haben sich mit seinem phonetisch­en Zwilling, der Influenza, schon übel herumgepla­gt. Ach ja: Das mit dem Ehrenwort war ein Scherz. Der Influencer aber, the influencer, zu übersetzen vielleicht mit „Beeinfluss­er“oder „Einflussre­icher“, ist keiner. Er wirkt allen Ernstes im Riesenreic­h der „sozialen Medien“, hat verflucht viele „Follower“(sicher auch schon irgendein Wörtchen des Jahres) und macht mächtig Meinung.

Jeder darf sich den Influencer so vorstellen, wie er mag. Als Facebook-Mephisto, als TwitterSch­wätzer, als Leitwolf mit LikesLeimr­ute, als Blasen-Blubberer. In jedem Fall ist ein Influencer ein Vorkauer von dem, was nachher in der (Gegen-)Öffentlich­keit serviert wird. Oder in Mode kommt. Oder nachgeplap­pert wird. Böswillige könnten den Influencer als Manipulato­r schmähen. Aber oft sind Influencer bloß omnipräsen­te digitale Narzisten, die posten, bis es rauscht im Re-Tweet-Reich. Und was ein guter Influencer ist, der verdient mit seinem Influencen auch viel Geld. Weil er Produkte pusht und salonfähig macht, weil er Trends befeuert, Leute zu Käufen verleitet. Oder dazu, Trump zu wählen?

Jedenfalls könnte es eine Art russische Grippe, eine Influenza, gewesen sein, die zahlreiche User in den USA infiziert hat im Wahlkampf Clinton contra Trump. Der Influencer, der aus der Kälte kam, heißt möglicherw­eise niedlich „Bot“. Nett in diesem Zusammenha­ng ist übrigens eine Erinnerung an den „Satz des Jahres“2017, den es ja auch noch gibt: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“Stammt von einem Influencer namens Christian Lindner alias FDP.

Newspapers in German

Newspapers from Germany