Augsburger Allgemeine (Land West)
So läuft es unter dem neuen Intendanten
Wer ist schuld daran, dass die neu gebauten Tribünen wegen der schlechten Sicht noch mal abgerissen werden mussten? Die Justiz sieht die Architekten in der Pflicht. Wie viel Geld die Stadt bekommt, ist noch unklar
Im Rechtsstreit um den millionenschweren Baupfusch am Curt-Frenzel-Stadion hat die Stadt einen wichtigen Etappensieg erreicht. In dem seit Jahren dauernden Verfahren geht es um die Frage, ob die Architekten die Verantwortung dafür tragen, dass die Tribünen des Eisstadions wegen der zu schlechten Sicht auf die Eisfläche noch mal neu gebaut werden mussten. Die Stadt fordert eine Millionensumme von dem Architektenbüro, das mit den Planungen für den Umbau des traditionsreichen Stadions betraut war.
Der Fall hat den Augsburgern vor einigen Jahren bundesweiten Spott eingebracht. Im Zuge des groß angelegten Stadionumbaus wurden im Jahr 2010 auch die Tribünen neu errichtet. Als dann im Oktober 2010 das erste Spiel der Panther stattfand, waren die Fans empört. Die Sichtverhältnisse entpuppten sich als teils katastrophal. Aus Protest stellten sich Eishockey-Fans mit verbundenen Augen auf die Tribüne. Die Stadt legte sich rasch auf die Architekten des Büros Hermann + Öttl als Verantwortliche fest. Als Reaktion auf das Tribünendesaster wurde ein anderes Planungsbüro beauftragt. Die neuen Tribünen wurden abgerissen und erneut gebaut. Ein Bericht des Kommunalen Prüfungsverbandes stellte einen Architektenfehler in den Raum, attestierte der Stadtspitze aber auch eine fehlende Information des Stadtrats bei Umplanungen. Die für das Projekt zuständige städtische Tochtergesellschaft AGS hätte keinen „Blankoscheck“bekommen dürfen, hielten die Prüfer fest. Und sie bemängelten einen fehlenden schriftlichen Vertrag mit den Architekten. Das wurde dann im Eilverfahren von der Stadt nachgeholt.
Seit dem Jahr 2012 geht es vor Gericht um die durch die TribünenPanne entstandenen Kosten. Die Stadt hat die Architekten verklagt. Im November 2014 hat das Landgericht entschieden, dass die Stadt grundsätzlich einen Schadenersatzanspruch hat. Das Gericht argumentierte, bei der Stadt und der Tochter AGS habe man zwar Bescheid gewusst, dass die Sicht durch Umplanungen, die auch dem Brandschutz geschuldet waren, schlechter wird. Die Planer hätten die städtischen Verantwortlichen jedoch im Unklaren gelassen, wie drastisch das ausfällt. An vielen Plätzen wurde die für Zuschauerränge gültige DINNorm massiv verfehlt.
Die Anwälte des Architekturbüros hatten entgegnet, dass kein Vertreter von Stadt und AGS je nachgefragt habe, wie stark sich die Sicht denn verschlechtern werde. Die Anwälte zogen gegen die Entscheidung des Landgerichts bis vor den Bundesgerichtshof. Dort scheiterten sie nun aber mit dem Versuch, das Urteil zu kippen. Die Stadt sieht das als „wichtiges Etappenziel“. In einer städtischen Mitteilung heißt es: „Die Feststellung des Landgerichts Augsburg, wonach die Architekten fehlerhaft geplant haben, ist rechtskräftig.“Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) sieht sich bestätigt. „Die Verantwortung für den Planungsfehler liegt bei den Architekten und nicht bei der Stadt“, sagt er.
Mit wie viel Schadenersatz die Stadt rechnen kann und wann sie das Geld bekommen wird, ist allerdings noch unklar. Denn die Schadenshöhe wurde in dem Prozess bislang nicht geklärt. In der ursprünglichen Klageschrift benannte die Stadt eine Summe von mindestens 2,7 Millionen Euro. Damals hatte aber auch die Stadt noch keinen genauen Überblick über die mit den Umbauten verbundenen Kosten. Auch von fünf Millionen Euro war in der Vergangenheit schon einmal die Rede. Aktuell will sich die Stadt nicht zu einer möglichen Summe äußern.
Demnächst soll das Verfahren vor dem Landgericht fortgesetzt werden. Sollte es keine Einigung zwischen Stadt und Architekten geben, droht ein erneut zähes Verfahren. Mehrere Gutachter müssten dann wohl eingeschaltet werden, um die genauen Kosten, die dem Architekturbüro anzulasten sind, zu ermitteln. So etwas kann Jahre dauern. Zumal es wieder mehrere Instanzen beschäftigen könnte.
Gespräche über eine gütliche Einigung waren vor Jahren im Vorfeld des Rechtsstreits gescheitert. Die Architekten und die im Hintergrund stehende Haftpflichtversicherung wären damals zur Zahlung von 300000 Euro bereit gewesen, was die Stadt aber als viel zu niedrig abgelehnt hatte. Für erneute Gespräche über einen Vergleich sei man offen, heißt es bei der Stadt. Nur die Summe müsse am Ende eben stimmen – zumal die Schuldfrage inzwischen ja feststehe.