Augsburger Allgemeine (Land West)
Frau fährt mit Auto 13000 Kilometer, ohne es zu bezahlen
Notorische Betrügerin steht vor Gericht, ein Autohaus ist das Opfer
Günzburg Dieser Prozess vor dem Amtsgericht Günzburg schien eine klare Sache zu werden. Eine 24-Jährige aus dem südlichen Landkreis musste sich wegen Betrugs verantworten, und das nicht zum ersten Mal. Gleich zu Beginn ließ sie über ihren Rechtsanwalt die ihr vorgeworfenen Taten gestehen. Am Ende der Verhandlung gab es dennoch kein Urteil. Was war passiert?
Es war im vergangenen Jahr, als die Frau ein Autohaus in Krumbach betrat. Sie interessierte sich für einen Audi A 4, ein sportliches Modell für 35800 Euro. „Sie kam voller Freude und Euphorie von der Probefahrt zurück“, erinnert sich der Verkäufer im Zeugenstand. „Zwei oder drei Tage später hat sie sich dann für den Kauf entschieden.“Geld sollte der Verkäufer für das Auto aber nie bekommen. Erst Anfang August gab die Frau den Wagen zurück. In den drei Monaten hatte sie rund 13000 Kilometer zurückgelegt und außerdem einen Schaden am Kotflügel angerichtet, den die Werkstatt auf etwa 9500 Euro beziffert. Auf die Frage, weshalb das Autohaus nicht schon früher die Rückgabe eingefordert habe, begründet der Verkäufer mit der Haltefrist. Sie habe für den Vorführwagen noch bis August gegolten, deshalb habe es zunächst auch nicht verwundert, dass die vermeintliche Käuferin das Auto nicht umgemel- hat. Was die fehlende Bezahlung angeht, habe die Frau ihn immer wieder mit Ausreden hingehalten.
Neben dem Autokauf wollte die derzeit arbeitslose Angeklagte offenbar auch noch beim Sprit sparen. Im Juni tankte sie an einer Tankstelle in Günzburg und schwindelte der Angestellten vor, die Handtasche zu Hause vergessen zu haben. Diese legte ihr das Geld daraufhin aus und vertraute darauf, dass die Kundin das Geld wie versprochen bringen würde. Doch das tat sie nicht. In der gleichen Art und Weise ging die Angeklagte auch im Juli an einer Tankstelle in Pfaffenhausen im Unterallgäu vor. Hier läuft ein separates Verfahren am Amtsgericht Memmingen. Während der gesamten Verhandlung spricht die Angeklagte selbst nicht.
Mit gesenktem Kopf sitzt sie da, meist hat sie das Gesicht in den Händen vergraben. Ihr droht eine Haftstrafe, denn sie ist einschlägig vorbestraft. Bereits 2016 und 2017 wurde wegen Betrugsfällen zu Bewährungsstrafen verurteilt, stand also zum Zeitpunkt ihrer jüngsten Taten unter offener Bewährung. Laut ihrem Bewährungshelfer hat sie die ihr auferlegten Arbeitsstunden und Wiedergutmachungszahlungen nur teilweise abgeleistet. Er spricht auch von einer Depression, unter der die Angeklagte leide und weswegen sie auch schon in Behandlung gewesen sei. Dadurch blende sie vieles aus. „Bei ihr ist immer aldet les in Ordnung“, sagt der Bewährungshelfer.
Mehr über die Hintergründe erfährt die Öffentlichkeit nicht. Auf Antrag der Verteidigung wird sie ausgeschlossen, als die Angeklagte über ihren Gesundheitszustand berichtet. Richterin Franziska Braun begründet dies damit, dass der höchstpersönliche Lebensbereich der Frau betroffen sei. Einen kompletten Ausschluss der Öffentlichkeit zu Beginn der Verhandlung hatte die Richterin noch abgelehnt.
Doch die Argumente scheinen überzeugend gewesen zu sein. Ein Gutachter soll jetzt klären, inwieweit die Frau für ihre Taten verantwortlich gemacht werden kann. Die Hürde dafür ist allerdings hoch. Um eine verminderte Schuldfähigkeit zu attestieren, muss der Gutachter bei der Angeklagten laut Strafgesetzbuch eine „tief greifende Bewusstseinsstörung“attestieren. Bis diese Einschätzung vorliegt, wird die Verhandlung vertagt.