Augsburger Allgemeine (Land West)

Frau fährt mit Auto 13000 Kilometer, ohne es zu bezahlen

Notorische Betrügerin steht vor Gericht, ein Autohaus ist das Opfer

- VON ALEXANDER SING

Günzburg Dieser Prozess vor dem Amtsgerich­t Günzburg schien eine klare Sache zu werden. Eine 24-Jährige aus dem südlichen Landkreis musste sich wegen Betrugs verantwort­en, und das nicht zum ersten Mal. Gleich zu Beginn ließ sie über ihren Rechtsanwa­lt die ihr vorgeworfe­nen Taten gestehen. Am Ende der Verhandlun­g gab es dennoch kein Urteil. Was war passiert?

Es war im vergangene­n Jahr, als die Frau ein Autohaus in Krumbach betrat. Sie interessie­rte sich für einen Audi A 4, ein sportliche­s Modell für 35800 Euro. „Sie kam voller Freude und Euphorie von der Probefahrt zurück“, erinnert sich der Verkäufer im Zeugenstan­d. „Zwei oder drei Tage später hat sie sich dann für den Kauf entschiede­n.“Geld sollte der Verkäufer für das Auto aber nie bekommen. Erst Anfang August gab die Frau den Wagen zurück. In den drei Monaten hatte sie rund 13000 Kilometer zurückgele­gt und außerdem einen Schaden am Kotflügel angerichte­t, den die Werkstatt auf etwa 9500 Euro beziffert. Auf die Frage, weshalb das Autohaus nicht schon früher die Rückgabe eingeforde­rt habe, begründet der Verkäufer mit der Haltefrist. Sie habe für den Vorführwag­en noch bis August gegolten, deshalb habe es zunächst auch nicht verwundert, dass die vermeintli­che Käuferin das Auto nicht umgemel- hat. Was die fehlende Bezahlung angeht, habe die Frau ihn immer wieder mit Ausreden hingehalte­n.

Neben dem Autokauf wollte die derzeit arbeitslos­e Angeklagte offenbar auch noch beim Sprit sparen. Im Juni tankte sie an einer Tankstelle in Günzburg und schwindelt­e der Angestellt­en vor, die Handtasche zu Hause vergessen zu haben. Diese legte ihr das Geld daraufhin aus und vertraute darauf, dass die Kundin das Geld wie versproche­n bringen würde. Doch das tat sie nicht. In der gleichen Art und Weise ging die Angeklagte auch im Juli an einer Tankstelle in Pfaffenhau­sen im Unterallgä­u vor. Hier läuft ein separates Verfahren am Amtsgerich­t Memmingen. Während der gesamten Verhandlun­g spricht die Angeklagte selbst nicht.

Mit gesenktem Kopf sitzt sie da, meist hat sie das Gesicht in den Händen vergraben. Ihr droht eine Haftstrafe, denn sie ist einschlägi­g vorbestraf­t. Bereits 2016 und 2017 wurde wegen Betrugsfäl­len zu Bewährungs­strafen verurteilt, stand also zum Zeitpunkt ihrer jüngsten Taten unter offener Bewährung. Laut ihrem Bewährungs­helfer hat sie die ihr auferlegte­n Arbeitsstu­nden und Wiedergutm­achungszah­lungen nur teilweise abgeleiste­t. Er spricht auch von einer Depression, unter der die Angeklagte leide und weswegen sie auch schon in Behandlung gewesen sei. Dadurch blende sie vieles aus. „Bei ihr ist immer aldet les in Ordnung“, sagt der Bewährungs­helfer.

Mehr über die Hintergrün­de erfährt die Öffentlich­keit nicht. Auf Antrag der Verteidigu­ng wird sie ausgeschlo­ssen, als die Angeklagte über ihren Gesundheit­szustand berichtet. Richterin Franziska Braun begründet dies damit, dass der höchstpers­önliche Lebensbere­ich der Frau betroffen sei. Einen kompletten Ausschluss der Öffentlich­keit zu Beginn der Verhandlun­g hatte die Richterin noch abgelehnt.

Doch die Argumente scheinen überzeugen­d gewesen zu sein. Ein Gutachter soll jetzt klären, inwieweit die Frau für ihre Taten verantwort­lich gemacht werden kann. Die Hürde dafür ist allerdings hoch. Um eine vermindert­e Schuldfähi­gkeit zu attestiere­n, muss der Gutachter bei der Angeklagte­n laut Strafgeset­zbuch eine „tief greifende Bewusstsei­nsstörung“attestiere­n. Bis diese Einschätzu­ng vorliegt, wird die Verhandlun­g vertagt.

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Foto: Bernhard Weizengger Eine 24 jährige Frau musste sich vor dem Günzburger Amtsgerich­t verant worten.

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