Augsburger Allgemeine (Land West)

Lange Zeit ohne Pfarrer

Seit dem Burn-out des Pfarrerehe­paars Strauch hat die evangelisc­he Gemeinde Zusmarshau­sen keinen Pfarrer mehr. Wie es jetzt weitergeht

- VON MANUELA BAUER

Seit dem Burn-out des Pfarrerehe­paars hat die evangelisc­he Gemeinde in Zusmarshau­sen keinen Pfarrer mehr. Wie es dort weitergehe­n soll.

Zusmarshau­sen/Adelsried Es war kurz vor Ostern 2016, als Pfarrer Hans Strauch mitteilte, dass er und seine Frau Silvia einen Klinikaufe­nthalt antreten werden. Der Grund: Burn-out. Seitdem sind sie nicht mehr im Dienst, die evangelisc­he Gemeinde Zusmarshau­sen hat keinen eigenen Pfarrer mehr. Eine schwierige Situation. Wie geht es nun weiter? Darum ging es jetzt bei der Gemeindeve­rsammlung in Adelsried.

Zu der Kirchengem­einde gehören etwa 3000 Protestant­en und die vier Kirchen in Zusmarshau­sen, Dinkelsche­rben, Adelsried und Welden. Zurzeit übernimmt Alan Büching, Pfarrer von Diedorf-Fischach, vertretung­sweise zusätzlich die Pfarramtsf­ührung. Die Nachricht vom Burn-out habe bei vielen einen „gewissen Schock, eine Traumatisi­erung“ausgelöst, sagte Büching. „Auch bei mir.“In der Gemeinde und unter Kollegen gebe es viele Schuldgefü­hle: Woran lag es? Haben wir sie überforder­t? Warum haben wir nichts bemerkt? Dazu komme der unbewältig­te Abschied: Silvia Strauch wurde im März 2017 in einem Gottesdien­st in den Ruhestand verabschie­det, Hans Strauch hat die Gemeinde aber bisher nicht mehr getroffen.

Die Situation ohne eigenen Pfarrer ist für die Gemeinde nicht einfach. Doch sie meistere sie sehr gut, betont Büching – vor allem durch das große Engagement Ehrenamtli­cher, egal ob im Gottesdien­st oder fürs Konficamp. „Ich habe einen Heidenresp­ekt vor dem Kirchenvor­stand“, sagt der Pfarrer. „Er versucht, der Gemeinde Halt zu geben und hoffnungsv­oll zu planen.“Die Gottesdien­ste übernehmen vorwiegend Diakon Matthias Schrank, zwei Prädikante­n und ein Lektor. Auch mehrere Pfarrer aus der Umgebung helfen aus. Die Anwesenden spendeten für sie alle kräftigen Applaus – auch für Pfarrer Büching, der neben seiner eigenen Gemeinde auch noch die in Zusmarshau­sen betreut.

„In anderen Gemeinden wird während einer Vakanz das Programm reduziert, hier gibt es eher mehr als vorher“, erklärt Büching. Ein Gemeindebr­ief und die sogenannte­n Omnibus-Gottesdien­ste wurden eingeführt – besondere Gottesdien­ste, in denen zum Beispiel ein Orchester oder Figurenthe­ater auftritt. Zum Lob an die Ehrenamtli­chen gibt es aber auch kritische Töne aus der Versammlun­g: „Es sind immer die Gleichen, die aktiv sind“, meint eine. „Da lässt die Kraft auch nach.“

Wie soll es in der Gemeinde nun weiter gehen? Dazu gibt es ganz unterschie­dliche Meinungen im Kirchenvor­stand. Dieser sei in zwei gleich große Teile gespalten, erklärt Büching: Die eine Hälfte meint, die vier Gemeindete­ile mit den vier Kirchen waren der Grund für die Überlastun­g der Pfarrer. Man müs- se deshalb über eine Reduzierun­g der Gebäude und neue Strukturen nachdenken. Die andere Hälfte glaubt dagegen, dass die Zukunft nur mit vier Gebäuden machbar sei.

Trotz intensiver Diskussion­en sei der Kirchenvor­stand noch nicht zu einer einvernehm­lichen Lösung gekommen, erklärt Büching. „Das wird eine wichtige Aufgabe des künftigen Pfarrers sein.“Die Ankündigun­g, über einen Verkauf einer Kirche nachzudenk­en, löst bei manchen in der Versammlun­g Unruhe aus: „Das ist ein Tritt ins Hinterteil der Leute, die geholfen haben, die Kirche aufzubauen!“

Doch wann bekommt die Gemeinde nun endlich wieder einen neuen Pfarrer? Diese Frage kann Dekan Stefan Blumtritt noch nicht beantworte­n. Eigentlich dauert eine Vakanz etwa sechs Monate, in Zusmarshau­sen sind es nun schon fast zwei Jahre. Blumtritt schildert, wie schwierig die Suche ist. Da es in der evangelisc­hen Kirche in der Regel keine Zwangsvers­etzungen gebe, liege die Entscheidu­ng immer bei den Pfarrern, ob sie sich auf einen Posten bewerben. Die Zusmarshau­ser Stelle ist seit Juni ausgeschri­eben. „Es gab zahlreiche Gespräche und mindestens drei ernsthafte Interessen­ten“, erzählt Blumtritt. Beworben hat sich aber noch niemand.

Auch wenn manch ein Gläubiger befürchtet, die Gemeinde sei durch ihre Vorgeschic­hte und die Größe unattrakti­v: Der Dekan betont, dass es meist nicht an der Gemeinde liegt, ob sich ein Pfarrer auf eine Stelle bewirbt oder nicht. Da spielten ganz andere Dinge eine Rolle: Findet der Partner eine Arbeitsste­lle in der Nähe? Kann das Kind die Schule wechseln? Dürfen die Katzen mit ins Pfarrhaus ziehen? In Personaldi­ngen habe er schon viel Enttäuschu­ngen erlebt, er wolle der Gemeinde keine falschen Hoffnungen machen: „Deshalb werden Sie erst informiert, wenn alles unterschri­eben ist. Alles andere sind ungelegte Eier.“

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