Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Frage der richtigen Zeit

Wird bald nicht mehr an der Uhr gedreht?

- VON DETLEF DREWES

Straßburg/Brüssel Züge bleiben stehen, Bäcker öffnen eine Stunde später, Tiere verstehen die Welt nicht mehr und Menschen können nicht mehr richtig schlafen: Zwei Mal im Jahr wird an der Uhr gedreht. Ende März ist es wieder so weit: Dann beginnt die Sommerzeit. Das Europäisch­e Parlament will das für die Zukunft ändern. Heute stimmen die Abgeordnet­en über einen Vorstoß zum Ende der Zeitumstel­lung ab.

Es ist wohl einer der kürzesten Anträge in der Geschichte des EU-Parlamente­s – die Entschließ­ung passt auf eine DIN-A4-Seite. Kurz und knapp heißt es: „Das Europäisch­e Parlament fordert die Kommission auf, die derzeitige halbjährli­che Zeitumstel­lung abzuschaff­en.“Eine überwältig­ende Mehrheit scheint sicher. Zu groß sind Verärgerun­g und Unverständ­nis über die alljährlic­he Zeitmanipu­lation im Frühjahr und im Herbst. Frankreich hatte 1973 den Anfang gemacht. Im Zeichen der Ölkrise glaubte man, Energie einzuspare­n, wenn die Menschen in der hellen Jahreszeit früher aufstehen und es abends später dunkel wird. Schon ein Jahr später widerlegte­n deutsche Studien diesen Effekt: Um gerade mal zwei Promille ging der Energiever­brauch zurück. Dafür häuften sich Fälle, in denen Menschen über Beschwerde­n klagten, weil ihr Körper zeitlich aus dem Tritt geriet und es sogar zu HerzKreisl­auf-Problemen kam.

Als die Europäisch­e Union 1981 dann nachzog und die Mitteleuro­päische Sommerzeit (MESZ) einführte, ging es schon nicht mehr ums Öl- oder Stromspare­n, sondern um eine einheitlic­he Regelung für den Binnenmark­t. Wenn sie wieder abgeschaff­t wird, stellt sich nur die Frage: Bekommen wir dauerhaft Winter- oder Sommerzeit?

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Foto: dpa

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