Augsburger Allgemeine (Land West)
Klar, die mit dem Sex wieder
Porträt Dass Kim Basinger ab heute auch im dritten Teil von „Fifty Shades of Grey“zu sehen ist, scheint zu passen. Oder? Eine Karriere zwischen Körper und Charakter
Man nehme zwei Punkte, verbinde sie mit einer schnurgeraden Linie – schon erhält man eine Lebensgeschichte. Punkt eins: Der Film „9 1/2 Wochen“im Jahr 1986, „Der schweinischste Film aller Zeiten“, wie die damals schäumte (oder warb?), ein sadomasochistisch durchwirkter Erotikstreifen, der eine Schauspielerin namens Kim Basinger zum Star machte. Punkt zwei: „Fifty Shades of Grey“, dreiteiliger Weltbestseller, eine sadomasochistisch durchwirkte Erotikromanze, deren Verfilmung letzter Akt heute in die Kinos kommt und auch Kim Basinger in einer tragenden Nebenrolle wieder einen großen Auftritt beschert. Passt.
Und weiteres, was auf diese Lebensgerade passen würde, ließe sich auch noch anführen. Die heute 64-jährige Basinger begann ihre Karriere bei Schönheitswettbewerben, wurde schnell zum gut bezahlten Model, sie spielte schon im USFernsehfilm „From Here To Eternity“wie später noch öfter eine Prostituierte, war – nicht zu vergessen! – James Bonds sexy Gespielin in „Sag niemals nie“und posierte bald darauf über viele Seiten hinweg völlig hüllenlos im Playboy … Eine schöne Frau zeigt sich und macht Karriere.
Aber wie solche schnörkellosen Lebenslinien meistens reine Fiktion sind: Hier wäre die Gerade eine geradezu fiese Verkürzung. Denn es muss schon einen drastischen ersten Wendepunkt im Leben dieser ältesten von drei Töchtern eines musizierenden Managers und eines Mannequins gegeben haben, denn als Kind lebte sie so verschüchtert und in sich zurückgezogen, dass allein, zur Schule zu gehen, eine Qual für sie war (wie später auch der Dreh von „9 1/2 Wochen“mit Mickey Rourke). Mindestens der zweite Wendepunkt also: Als sie sich vom Image der „verführerischsten Schauspielerin Hollywoods“kurierte – und das war ja auch in Komödien wie „Die blonde Versuchung“mit ihrem zwischenzeitlichen Gatten Alec Baldwin gepflegt worden oder in Action als Freundin von Michael Keaton als „Batman“. Es war ein harter Schnitt. Basinger hatte die Hauptrolle im Sex-Drama „Boxing Helena“nicht erhalten, hatte geklagt und war daran, nachdem sie zuvor ein ganzes Dorf zum Aufbau eines eigenen Filmstudios gekauft hatte, fast pleitegegangen. Und dann: Kamen die Charakterrollen! Im Thriller „L. A. Confidential“gleich mit Golden Globe und Oscar prämiert. In der Biografie des Rappers Eminem, „8 Mile“, als Wrack von einer Mutter. Im Polit-Thriller „Im inneren Kreis“, im Ehe-Drama „Auf brennender Erde“, im SozialDrama „Um jeden Preis“…
Seitdem spielt sie alles. Mit Kurven und Charakter. Ohne Geraden. Sogar „Fifty Shades“(Kritik heute
auf der Kino-Seite). Bloß keine Rolle mehr in den Boulevard-Medien. Nach der Scheidung von Baldwin und dem jahrelangen Sorgerechtsstreit um die gemeinsame Tochter Eliesse lebt sie mit dieser zurückgezogen in den gehobenen Weiten von Los Angeles.