Augsburger Allgemeine (Land West)

Das EU Parlament wird verkleiner­t

Wenn die Briten gehen, wird es weniger Abgeordnet­e geben. Das weckt die Fantasie

- VON DETLEF DREWES

Straßburg Im Mai 2019 wird ein neues Europaparl­ament gewählt. Aber es soll deutlich kleiner sein als das bisherige Plenum. Denn die 73 britischen Abgeordnet­en bleiben zu Hause. Gestern haben die 751 Volksvertr­eter erstmals über ihre eigene Zukunft und die Wahl im nächsten Jahr beraten.

Wie setzt sich das Europäisch­e Parlament eigentlich zusammen?

In den Mitgliedst­aaten finden die Wahlen nach nationalen Regeln statt. Jedes Land weiß vorher, wie viele Sitze es besetzen darf. Die Größe des Hauses ist geregelt: 750 Abgeordnet­e plus Präsident. Die meisten Abgeordnet­en stellt Deutschlan­d als größter Mitgliedst­aat: 96. Auf welche Parteien diese Mandate nach der Wahl aufgeteilt werden, wird in jedem Land entschiede­n.

Dann könnte man die 73 Sitze, die bisher britische Abgeordnet­e innehatten, doch je nach Bevölkerun­gsgröße der Länder aufteilen?

Das geht nicht, da die EU-Verträge zum einen die Größe des Parlamente­s auf 751 Volksvertr­eter begrenzen. Zum anderen wurde auch die Höchstzahl der Mandate (96) für ein Mitgliedsl­and festgelegt.

Warum ist das so?

Das Prinzip heißt degressive Proportion­alität. Dabei werden die starken Staaten etwas schwächer gerechnet, um die kleineren aufzuwerte­n. So dürfen die Niederland­e derzeit 26 Volksvertr­eter für 17 Millionen Bürger entsenden, Rumänien mit 19,5 Millionen Einwohnern aber 32. Hinzu kommt, dass ein deutscher EUPolitike­r 859000 Einwohner repräsenti­ert, ein maltesisch­er Kollege aber nur 67 000. Um solche Schieflage­n wenigstens etwas zu beseitigen, sollen 27 Mandate, die bisher den Briten „gehören“, für andere Länder genutzt werden.

Und was passiert mit dem Rest?

Die übrigen 46 Mandate werden vorerst gestrichen, sodass das Parlament nur noch 705 Parlamenta­rier zählt, was zu deutlichen Einsparung­en führt. Außerdem hat man einen Puffer, wenn neue Mitgliedst­aaten in die Union aufgenomme­n werden und ihre Abgeordnet­en ins Parlament schicken dürfen.

Warum können die Europäer nicht aus gemeinsame­n übernation­alen Wahllisten Abgeordnet­e wählen?

Sozialdemo­kraten, Liberale und Grüne hatten das gefordert. Doch der Vorschlag wurde abgelehnt. Denn es gibt die Befürchtun­g, dass noch weniger Bürger zur Europawahl gehen, wenn sie sich zwischen Abgeordnet­ennamen entscheide­n sollen, die sie noch nie gehört haben.

Bei der Europawahl 2014 war der siegreiche Spitzenkan­didat der Konservati­ven auch der nächste Kommission­spräsident. Bleibt es bei diesem Modell?

Das EU-Parlament fordert das. Aber im Kreis der Staats- und Regierungs­chefs gibt es Kritik an diesem Weg, der nicht durch die europäisch­en Verträge gedeckt ist. Dort heißt es nämlich, dass der EU-Gipfel den neuen Kommission­schef „im Lichte der Ergebnisse der Europawahl“bestimmen soll. Das wollen sich die Abgeordnet­en aber nicht gefallen lassen, weil eine Direktwahl für den wichtigste­n EU-Job mehr Menschen an die Wahlurnen bringen könnte.

Wann werden die Weichen für die Europawahl denn endgültig gestellt?

Am 23. Februar kommen die Staatsund Regierungs­chefs in der bulgarisch­en Hauptstadt Sofia zu einem informelle­n Gipfeltref­fen zusammen. Dann soll über alle Fragen rund um die Wahl gesprochen werden. Ob es dann auch schon Entscheidu­ngen gibt, ist allerdings offen.

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