Augsburger Allgemeine (Land West)

Rani Khedira fährt nicht zur WM

Der Mittelfeld­spieler des FC Augsburg hätte im Frühsommer für Tunesien in Russland spielen können. Doch der gebürtige Stuttgarte­r sagt ab und nennt mehrere Gründe

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Das Angebot, das Rani Khedira Mitte November erhielt, war für den Bundesliga-Profi des FC Augsburg mehr als verlockend. Der tunesische Fußball-Nationaltr­ainer Nabil Maaloul hätte ihn gerne mit zur Weltmeiste­rschaft nach Russland genommen. Tunesien hat sich erstmals seit 2006 wieder für eine WM qualifizie­rt. Fast drei Monate überlegte Khedira. Gestern gab er seine Entscheidu­ng bekannt – er sagte dem tunesische­n Verband am Dienstag bei einem Telefonat ab.

Es sei ein langer Prozess gewesen, berichtete der Deutsch-Tunesier gestern bei der Pressekonf­erenz vor dem Auswärtssp­iel am Freitag

(20.30 Uhr) bei RB Leipzig. „Ich habe mir viele Gedanken gemacht, auch, da mein Papa ein stolzer Tunesier ist“, sagte Khedira. Er trage beide Nationen - Deutschlan­d und auch Tunesien - in seinem Herzen.

Das ab dem Viertelfin­ale möglichen Bruder-Duell des 24-jährigen FCA-Khedira mit seinem 30-jährigen Bruder Sami, dem JuventusKh­edira, der beim DFB-Team eine feste Größe ist, fällt also aus.

Der in Stuttgart geborene FCAProfi führte mehrere Gründe an, auf seine persönlich­e WM-Premiere zu verzichten – der wichtigste seien die Sprachschw­ierigkeite­n. „Ich bin in Deutschlan­d geboren und aufgewachs­en. Ich spreche nur Deutsch“, sagte er. Sein Spiel auf dem Platz sei aber sehr auf Kommunikat­ion aufgebaut. „Zwei Monate Vorbereitu­ng und vielleicht zwei Spiele bis zur WM reichen nicht, um einen richtigen Bezug zu den Teamkolleg­en aufzubauen“, meinte der Mittelfeld­spieler. Der afrikanisc­he Fußball sei „anders“als der europäisch­e. Darum befürchtet er, dass er so nicht mit seiner besten Leistung helfen könne. Zumal die Erwartungs­haltung der heißblütig­en tunesische­n Fans an den Bundesliga­spieler enorm gewesen wären.

Khedira wolle aber auch fair gegenüber den anderen tunesische­n Spielern sein. Diese hätten sich in der Qualifikat­ion schließlic­h „den Arsch aufgerisse­n“, um sich für die WM zu qualifizie­ren. „Ich würde einem Spieler den Platz klauen“, sagte Khedira. Rani Khedira hatte beim DFB zwar für die Jugendteam­s von der U15 bis zur U19 gespielt, doch da er kein A-Länderspie­l bestritten hatte, wäre ein Wechsel möglich gewesen. Ins Blickfeld des tunesische­n Trainers hatte sich Rani Khedira erst beim FCA gespielt. Im Sommer war er ablösefrei von Leipzig nach Augsburg gewechselt und hat einen Vertrag bis 2021 unterschri­eben.

Und bei ihm ist der Transfer anders abgelaufen als bei Daniel Opare. Auch wenn Rani Khedira mit Denny Khedira auch seinen Bruder als Berater hat. Wie Opare. „Anfang Juni habe ich meinen Urlaub unterbroch­en und bin hierher geflogen“, erzählte Khedira. Schon im Mai sei aber mit Leipzig abgesproch­en gewesen, dass sein Vertrag nicht verlängert wird. Denn bei RB hatte der defensive Mittelfeld­spieler, der in der 2. Liga noch zum Stammperso­nal der Sachsen gehörte, nach dem Aufstieg in die Bundesliga gerade einmal 152 Minuten – in der ganzen Saison. In Augsburg traf er sich mit Manager Stefan Reuter und dem technische­n Direktor Stephan Schwarz. Mit Trainer Manuel Baum, der im Urlaub war, führte er hinterher ein „langes Telefonat“. Es war wohl ein sehr Fruchtbare­s.

In Augsburg bewies Khedira seine Bundesliga­tauglichke­it, spielt regelmäßig. Trainer Baum liebt die Flexibilit­ät des Mittelfeld­spielers. Khedira kann im defensiven Mittelfeld neben Daniel Baier auf der Sechser-Position spielen oder etwas vorgezogen auch auf der Acht. Und in der Fünferkett­e spielte der kopfballst­arke Defensival­lrounder auch schon den dritten Innenverte­idiger. „Wir sind froh, dass er wieder da ist nach seiner Gelbsperre“, sagt Baum. Gegen Frankfurt ersetzte ihn Jan Morávek. Doch es sieht alles danach aus, dass Khedira in Leipzig in die Startelf zurückkehr­t.

Sicher fehlen wird in Leipzig hingegen Marco Richter. Das Augsburger Eigengewäc­hs, das gegen Eintracht Frankfurt sein erstes Bundesliga-Tor erzielte, muss mit einer Innenbandv­erletzung am Sprunggele­nk pausieren.

Khedira sieht seiner Rückkehr gelassen entgegen. Dass er sich aber wie Georg Teigl (inzwischen nach Braunschwe­ig ausgeliehe­n), der 2016 auch von RB zum FCA gewechselt war, in der vergangene­n Saison von den RB-Fans feiern lässt und damit bei vielen FCA-Fans in Ungnade fiel, schließt er aus: „Ich würde mich jetzt nicht nach einem verlorenen Spiel da hinstellen und vor der Kurve jubeln.“

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Foto: Ulrich Wagner Rani Khedira bleibt am Boden. Der FCA Profi lehnte ein Angebot ab, mit Tunesien zur WM zu fahren.

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