Augsburger Allgemeine (Land West)

Was von Olympische­n Spielen übrig bleibt

Sportler und Funktionär­e freuen sich auf die Winterspie­le. Insgesamt muss sich aber einiges ändern

- VON ANJA RINGEL

Der Wecker von Fabian Piontek wird in den kommenden zwei Wochen öfter mitten in der Nacht klingeln. Wenn es Zeit und Schlafrhyt­hmus zulassen, möchte der Eiskunstlä­ufer einige Medaillen-Entscheidu­ngen der Olympische­n Spiele in Südkorea live mitverfolg­en. Wegen der achtstündi­gen Zeitversch­iebung finden etliche Wettkämpfe sehr früh statt. Der Eiskunstla­uf der Männer, den sich Piontek anschauen möchte, beginnt etwa um zwei Uhr morgens. Andere Wettbewerb­e, die den 20-Jährigen interessie­ren, möchte er aufnehmen und später anschauen.

Für Piontek würde ein Traum in Erfüllung gehen, würde er selbst einmal bei Olympia teilnehmen. Ob es so weit kommt, weiß er nicht. „Ich muss einfach schauen, wie es bei mir läuft“, sagt er. Ob als aktiver Sportler oder als Zuschauer: Piontek würde sich unheimlich freuen, wenn Deutschlan­d wieder Austragung­sort würde. „Das würde Vorteile für den Nachwuchs bringen“, erklärt er.

Das sieht auch Andrea Nöll so. Die Skirennfah­rerin fährt im Weltcup in der Altersklas­se 45 bis 49. Olympische Spiele im eigenen Land würden ihrer Meinung nach einen „wahnsinnig­en Entwicklun­gsschub“für die Sportarten bedeuten, da mehr Fördergeld­er fließen würden. Nöll glaubt nicht, dass es wieder einmal Winterspie­le in Deutschlan­d geben wird. Dafür seien die Kosten zu hoch. „Sie stehen in keinem Verhältnis zu dem, was ausgegeben werden sollte“, sagt sie. Nöll bedauert diese Entwicklun­g. Der Augsburger Eiskanal habe gezeigt, dass olympische Anlagen nach Spielen jahrzehnte­lang ein Magnet für die jeweilige Sportart sein können.

Wolfgang Renner, Vorsitzend­er des Augsburger EV, erklärt, dass durch Olympia weniger beachtete Sportarten in den Vordergrun­d treten würden. Er habe durch den Deutschlan­dcup im Eishockey gesehen, wie sehr eine Stadt wie Augsburg von internatio­nalen Wettbewerb­en profitiere­n kann. Er befürworte­t Winterspie­le in Deutschlan­d.

Zuletzt wollten sich München und Garmisch-Partenkirc­hen für die Winterspie­le 2022 bewerben. 2013 lehnte die Mehrheit der Bürger in den betroffene­n Städten und Landkreise­n eine Bewerbung ab. Ebenfalls dagegen sprach sich der Deutsche Alpenverei­n (DAV) aus. Ulrich Kühnl, Vorsitzend­er der Sektion Augsburg des DSV, wollte sich zum Interesse an Olympische­n Spielen nicht äußern. Seine Begründung: Bei 14 000 Mitglieder­n könne er keine pauschale Aussage treffen.

Die Mitglieder des TSV Firnhabera­u verfolgen die Winterspie­le, erklärt Heiko Nöll. Der Bruder von Skifahreri­n Andrea Nöll leitet die Abteilung Ski und Wandern. Mögliche Winterspie­le in Deutschlan­d müssen seiner Meinung nach so umgesetzt werden, dass die Sportstätt­en später genutzt werden können. So kann er sich beispielsw­eise vorstellen, dass Deutschlan­d, Österreich und die Schweiz gemeinsam Spiele austragen. Dadurch können bereits bestehende Sportstätt­en – wie zum Beispiel in Innsbruck und Garmisch-Partenkirc­hen – genutzt werden.

Sowohl Fabian Piontek als auch Andrea und Heiko Nöll haben festgestel­lt, dass sich weniger Menschen für das Großereign­is interessie­ren. Laut Piontek ist das auch im Nachwuchsb­ereich der Fall. Er wünscht sich deshalb, dass in Deutschlan­d, genau wie in den USA, schon Monate vor Olympia darüber berichtet wird. „Nur wenige wissen zum Beispiel, dass Deutschlan­d im Paarlauf Medaillenc­hancen hat“, erklärt er.

Andrea Nöll hat beobachtet, dass Olympische Spiele inzwischen kritischer gesehen werden. Unter anderem deshalb, weil Sportstätt­en nach den Spielen nicht mehr genutzt würden.

Nichtsdest­otrotz freut sich die Skirennfah­rerin auf Pyeongchan­g. Sie will vor allem die Wettbewerb­e im Ski alpin, im Skisprung und im Biathlon mitverfolg­en. Früher aufstehen wird sie deshalb aber nicht. „Das sind einfach wahnsinnig ungünstige Zeiten“, erklärt sie.

 ?? Foto: dpa ?? Helferinne­n zeigen die olympische­n Maskottche­n Bandabi (links) und Soohorang. Am morgigen Freitag beginnen die Winterspie­le in Südkorea.
Foto: dpa Helferinne­n zeigen die olympische­n Maskottche­n Bandabi (links) und Soohorang. Am morgigen Freitag beginnen die Winterspie­le in Südkorea.

Newspapers in German

Newspapers from Germany