Augsburger Allgemeine (Land West)
Wenn der Fasching in die Stadt einzieht
Augsburg gilt nicht als Hochburg des närrischen Treibens. Bis Dienstag will die Vereinigung „Under oiner Kapp“das auf dem Rathausplatz ändern. Ein Ortstermin
Seit dem Wochenende ist der Fasching in Augsburg auf dem Höhepunkt. Manche mögen das als Widerspruch sehen. Allzu oft wird das bunte Treiben in der Fuggerstadt belächelt. Die Faschingsgesellschaften, die sich jedes Jahr aufs Neue ins Zeug legen, und ihre Anhänger sehen das anders. Die Vereinigung „Under oiner Kapp“, in der fünf Faschingsgesellschaften aus der Region zusammengeschlossen sind, startete am Samstag ihr viertägiges Programm auf dem Rathausplatz.
Königliche Hoheiten auf dem Königsplatz, das passt. Am Samstagvormittag sammeln sich hier die Gruppen und Prinzenpaare der fünf Faschingsgesellschaften: Augspurgia, Faschings- und Freizeitclub Augsburg (FFC), Carneval Club Königsbrunn Fantasia (CCK), Narrneusia aus Neusäß sowie Lechana aus Gersthofen. Ein paar Musik-Gruppen sind auch dabei, wie etwa der Spielmannszug Gersthofen. Gleich ziehen alle durch die Fußgängerzone zum Rathausplatz. Trotz Temperaturen um die null Grad werden die Prinzenpaare in Cabrios chauffiert. Klar, dass die Verdecke offen sind. Schließlich will man den Zuschauern winken. Die Kostüme mit viel Glitzer und Federn halten nicht wirklich warm. Prinzessin Mona II. vom FFC friert etwas in ihrer dünnen Netzstrumpfhose, aber sie freut sich auf die Cabrio-Fahrt. „Ich habe extra den Vater einer Freundin bezirzt, dass er uns in seinem Auto fährt.“Der ein oder andere Narr trinkt noch schnell ein Bier. „Während des Umzugs darf man nicht“, erklärt ein Mann.
Der bunte Tross bewegt sich laut und fröhlich durch die Annastraße. Etliche Passanten, mit Einkaufstüten bepackt, schlängeln sich vorbei. Dem Umzug schenken sie kaum Beachtung. Viele andere bleiben stehen, schauen zu, freuen sich und winken den Prinzenpaaren zurück. Wie die Königsbrunnerin Alexandra Dierker. Sie ist mit ihrer Familie extra für die Veranstaltung nach Augsburg gekommen. Doch dann ist sie überrascht. „Wie das war es schon? Ich dachte, ich stehe hier eine Stunde“, sagt die Mutter, als der Umzug nach wenigen Minuten vorbei ist. „Na, dann gehen wir vor zum Rat- da gibt es eine Bratwurst.“Auf der Facebookseite unserer Zeitung, wo wir ein Video von dem Einzug zum Rathausplatz zeigen, äußern ein paar Leser Kritik. „Auf den Dörfern ist mehr los. Mit einem Cabrio durch die Stadt fahren kann ich auch und ein bisschen winken“, kommentiert etwa Harry Feueröcker. „So was ist schön? Langweiliges unkostümiertes Gelatsche“, schreibt Marion Merker. Das ist der Moment, in dem Jochen Heckel gerne eingreift und erklärt.
Der Präsident des FFC Augsburg, der mit seinem knallgelben Jackett nicht zu übersehen ist, betont, man dürfe das nicht mit einem Faschingsumzug vergleichen. „Das hier ist der Einzug der Garden auf dem Rathausplatz.“Der Einzug und das Aufstellen des Narrenbaumes stünden an dem Samstag im Vordergrund. Damit werde das viertägige Faschingstreiben eingeläutet. „Natürlich wäre ein Faschingsumzug in Augsburg ein Ziel“, meint der Präsident. „Viele Gesellschaften auch aus dem Umland würden das begrüßen. Aber da müsste die Stadt mitmachen und den Rahmen dafür schaffen.“Dass die Veranstaltung immer wieder kritisiert wird, trifft ihn offenbar.
„Da steckt so viel Herzblut und Engagement der Faschingsgesellschaften drin“, sagt Heckel leidenschaftlich. „Außerdem machen wir in Augsburg Straßenfasching, während sonst alles nur in Hallen stattfindet.“Aus den Lautsprechern an der Showbühne tönt laute Musik. Immer wieder wird über das Mikro die Stimmung angeheizt. „Augsburg, seid ihr noch da?“– „Ihr seid spitze!“– „Augsburg, alle Hände nach oben!“Gruppen der Faschingsgesellschaften gestalten den ganzen Tag das Programm mit Aufführungen. Wie etwa die Revuetänzer der Augspurgia. In aufwendigen Rokoko-Kostümen tanzen sie zu Rock me Amadeus von Falco. Die Faschingsaktiven geben alles. Sie haben Spaß dabei, das sieht man ihnen an. Auf dem Rathausplatz selbst schunkeln oder tanzen immer wieder ein paar Menschen mit. Es wird Bier oder Kaffee getrunken, Bratwurst gegessen, kleine Kinder drehausplatz, hen Runden im Karussell. Aber viele Besucher ziehen bald weiter. Auch, weil es kalt ist.
„Es ist ganz nett hier“, sagt Adam Klepka, der mit Ehefrau Claudia und den Kindern vorbei schaut. „Aber vor der Bühne zu stehen, macht man vielleicht eine halbe Stunde. Dann reicht es. Die Umzüge auf dem Land sind da wesentlich schöner“, sagt der Familienvater und fügt hinzu: „Und spannender für die Kinder.“
OInfo Bis Faschingsdienstag ist auf dem Rathausplatz täglich von 12 bis 19 Uhr buntes Treiben angesagt. Am Rosenmon tag und Faschingsdienstag geht es auch in der City Galerie in den Endspurt, wo mehrere Faschingsgesellschaften täglich im Einsatz sind. Am Montag startet dort um 12 Uhr der Kinderfasching, am Dienstag geht’s um 11.15 Uhr los. Um 19 Uhr beginnt das große Finale.
IBilder finden Sie unter: www.augsburger allgemeine.de/ augsburg sowie auch eine Umfrage, ob das Konzept für den Rathausplatz Fasching geändert werden sollte.