Augsburger Allgemeine (Land West)

Was die Wagen weniger wagen

- VON CHRISTOPH FREY cf@augsburger allgemeine.de

Politik ist tabu, lautet eine der goldenen Regeln fürs unverbindl­iche Gespräch. Die Lebenserfa­hrung lehrt: Viel eher lässt sich beim Gegenüber mit einer leisen Klage über den Dauerregen gut Wetter machen. Wer also auf politische Themen zur Unterhaltu­ng seiner Mitmensche­n setzt, steht mit einem Bein schon mittendrin im Fettnäpfch­en, und manchmal folgt das zweite ziemlich zügig. Auch routiniert­en Kalauer-Produzente­n sind schon böse Schnitzer unterlaufe­n, weshalb es nun bei den Faschingsu­mzügen den Narren nicht zu verdenken ist, wenn sie auf ihren Wagen weniger wagen – zumindest politisch gesehen.

Als Zuschauer darf man den Rückzug der politische­n Themen – zumal der mit Lokalkolor­it – aufrichtig bedauern, aus Sicht der Wagenbauer sprechen viele praktische Gründe dafür. Nicht zuletzt dieser: Mit den aufwendig gebauten Fahrzeugen wollen sie bei möglichst vielen Umzügen dabei sein – und da zieht der Jim Knopf als Galionsfig­ur eben besser als der eigene Bürgermeis­ter, dessen Wirkungskr­eis örtlich beschränkt ist. Die Politik und ihre Protagonis­ten, so wird oft gesagt, haben heutzutage an Bedeutung für die Menschen verloren – genau das spiegelt sich in den Umzügen wider.

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