Augsburger Allgemeine (Land West)
Kleine Bäckerei kämpft ums Überleben
Warum ihr Jubiläumsjahr für die Bäckerei Hornik kein Grund zum Feiern ist
Bobingen Das Jubiläumsjahr der Bäckerei Hornik in der Bobinger Siedlung könnte auch ihr letztes sein: 60 Jahre nach der Gründung denken Andrea und Christian Hornik ans Aufhören – aber nicht, weil sie die Früchte ihrer jahrzehntelangen Arbeit genießen wollen, sondern aus blanker Existenznot. Damit würde nach den beiden Banken und der Hausarztpraxis ein traditionsreiches Unternehmen aus der Siedlung verschwinden, obwohl sich die Stadtverwaltung derzeit bemüht, den Ortsteil attraktiver zu gestalten.
Im Jahr 1958 hatten Ernst und Renate Hornik die Backstube an der Sommerstraße eingerichtet und mit dem Verkauf handgefertigter Lebensmittel begonnen. Mit seiner Frau Andrea, einer gelernten Konditorin, übernahm Christian, der Sohn des Gründerehepaars, 1995 den Betrieb und modernisierte ihn.
Seitdem versorgen sie die Siedler sechs Tage in der Woche mit frischen Brezen, Brot, Semmeln und Spezialitäten wie der Roy-BlackTorte, die an den Sänger und Schauspieler aus Bobingen erinnert.
Wenn sich andere Leute nach dem abendlichen Spielfilm zur Nachtruhe begeben, beginnt um 23 Uhr der Arbeitstag des Bäckers. Vier Stunden später fängt auch für Andrea Hornik die Arbeit an, damit ab sechs Uhr morgens die ersten Kunden kommen können.
Doch die bleiben immer mehr aus, seit der „Kauf nah“-Markt im nahegelegenen Wertachzentrum ebenfalls Backwaren anbietet. „Unser Umsatz ist fast um die Hälfte eingebrochen“, sagt das Ehepaar. Über Wasser halten kann sich der Betrieb nur noch mit Großkunden wie den Wertachkliniken in Bobingen und Schwabmünchen sowie zwei Altenheimen.
„Ich warte heuer noch ab, wie das Geschäft weiterläuft und werde die ganze Immobilie an einen Bauträger verkaufen, wenn es nicht mehr anders geht“, kündigt Christian Hornik an. Denn mit den Preisen im „Kauf nah“kann er nicht konkurrieren. „Wir hatten schon immer gute, traditionelle Produkte und produzieren unseren eigenen Natursauerteig, der aufwendig über drei Stufen hergestellt wird“, sagt Hornik. Auch verzichten die Horniks bewusst auf künstliche Aromen und Fertigprodukte. Viele Kunden achten seiner Erfahrung nach jedoch nur auf den Preis.
Während an der Sommerstraße noch selbst produziert wird, werden in einem Backshop nur Teiglinge aufgebacken, die per Tiefkühllaster zum Teil aus ganz Europa angekarrt werden. Im Internet stößt man beispielsweise auf Anbieter von Teiglingen für Semmeln zum Aufbacken. Dort gibt es zwei Zutatenlisten: eine mit Inhaltsstoffen „vor dem Backen“mit fast 20 Zutaten.
Diese Backwaren landen laut Hornik auch in vielen Bäckereifilialen, die äußerlich wirken, als würde im Raum hinter der Theke tatsächlich noch Teig angemischt. „Tatsächlich gibt es bei vielen nur noch einen Ofen zum Aufbacken“, so der 50-jährige.
Längere Zeit hatte er versucht, in der Bobinger Hochstraße neue Geschäftsräume zu mieten, „doch der Investor hielt es nicht einmal für nötig, uns seine Absage mitzuteilen, sondern einen Vertrag mit einer anderen Bäckerei geschlossen“. Nicht nur solche Erfahrungen sind es, die das Ehepaar ärgern. Ein weiteres Problem: Zur weitverbreiteten „Geiz ist geil“-Mentalität vieler Kunden kämen immer höhere Bürokratiehürden hinzu. So ist das Jubiläumsjahr kein Grund zum Feiern für das Ehepaar.