Augsburger Allgemeine (Land West)
Jüdisches Leben kehrt zurück nach Kriegshaber
In der ehemaligen Synagoge gewinnen Besucher einen Eindruck, wie die jüdischen Mitbürger lebten
Kriegshaber Von außen ist es ein eher unscheinbares Haus an der Ulmer Straße – die ehemalige Kriegshaber Synagoge. Nachdem sie jahrzehntelang ein Schattendasein geführt hatte, wurde sie vor wenigen Jahren saniert. Die neue Ausstellung „Eine Erinnerung ist eine Erinnerung ist eine Erinnerung?“mit Objekten aus dem Umfeld der Synagoge bringt ans Licht, was an jüdischem Leben über vier Jahrhunderte hinweg den heutigen Stadtteil geprägt hat. Heute ist die Synagoge Kriegshaber eine Dependance des Jüdischen Kulturmuseums.
Mit zeitweise über 400 Mitgliedern war Kriegshaber die größte von vier jüdischen Vorstadtgemeinden. Die Synagoge ist das älteste jüdische Gotteshaus in BayerischSchwaben. Die Gemeinde in Kriegshaber löste sich erst 1917 durch den Zusammenschluss mit der Augsburger Gemeinde auf. Beide Synagogen blieben in der Zeit des Nationalsozialismus nahezu unversehrt – nicht aber die Menschen. Rund 60 Jahre wurde die Synagoge Kriegshaber zweckentfremdet oder stand leer. Wenn sie nicht der Schoah zum Opfer fielen, wurden die jüdischen Mitbürger in alle Welt zerstreut. Mit ihnen die Ritualgegenstände aus der Synagoge in Kriegshaber. Wiedergefunden wurde längst nicht alles, was verloren war. Unklar ist auch, was in der Pogromnacht 1938 geplündert wurde oder was später die Alliierten mitnahmen. 23 Objekte aus dem Umfeld der Synagoge Kriegshaber, von Leihgebern zur Verfügung gestellt, sind in der aktuellen Ausstellung vorübergehend wieder vereint. Wer das heute als Dependance des Jüdischen Kulturmuseums genutzte Gebäude betritt, dessen Blick fällt zunächst auf einen kostbaren Thora-Vorhang unter Glas. Er wurde von einem der wenigen namentlich bekannten Goldsticker geschaffen und 1723/24 für die Synagoge in Kriegshaber gestiftet. 1917 wanderte er in die Synagoge in der Innenstadt, in der NS-Zeit in die USA. Heute wird er im Israel Museum in Jerusalem verwahrt.
Felizitas Heimann-Jelinek, eine der Kuratorinnen der Ausstellung, wies darauf hin, dass bei aller historischen Authentizität das Fragmentarische bleiben müsse. Es müsse spürbar sein, dass etwas fehle.
Die Wunden der Vergangenheit lassen sich nicht auslöschen. Die Spuren der Zerstörung und der achtlosen Behandlung vieler Objekte sind zum Teil sichtbar, etwa an einer Thorakrone. Ihren besonderen Wert bekommen diese Ausstellungsstücke vor allem dadurch, dass sie eng mit Menschen verbunden sind, die in Kriegshaber gelebt, gebetet und das jüdische Leben mitgeprägt haben.
Wenn nach dem Ausstellungsende am 17. Juni die Objekte wieder an ihre Leihgeber zurückkehren, werden Siebdrucke von ihnen in der Synagoge Kriegshaber an ihre Stelle treten. Ihre Botschaft also bleibt.
OBesichtigung Wegen der Ausstellung wurden die Öffnungszeiten der Syna goge Kriegshaber, Ulmer Straße 228, ausgedehnt: Donnerstag bis Samstag, 14 bis 18 Uhr, Sonntag 14 bis 17 Uhr. Zur Ausstellung gibt es ein Begleitprogramm.
Mehr Infos unter: www.jikmas.de.