Augsburger Allgemeine (Land West)

Drang nach Höherem

-

Zu „Ist Gabriel noch zu halten?“(Politik) vom 13. Februar:

Warum schießt die SPD ihre eigenen Protagonis­ten immer wieder ab? Wie die Geschichte zeigt, war die SPD ursprüngli­ch eine klassische Arbeiterpa­rtei mit dem Ziel einer klassenlos­en Gesellscha­ft. Den Arbeiter im klassische­n Sinn gibt es kaum noch, schon der gut verdienend­e Facharbeit­er zählt zur Mittelschi­cht, und die klassenlos­e Gesellscha­ft ist nicht realisierb­ar, auch mit Gewalt nicht, wie die jüngere Geschichte gezeigt hat. Warum? Dem Menschen liegt ein Drang nach Höherem inne. Manche folgen dem und schaffen es, in der gesellscha­ftlichen Hierarchie nach oben zu klettern, andere nicht, warum auch immer. So ist das auch in der SPD. Gewinnt sie Wahlen oder ist zumindest an einer Koalition beteiligt, so stellt sie Minister. Der Basis wird dann allmählich bewusst, dass ihre Vertreter ja jetzt zu den Bonzen gehören. Das aber darf doch eigentlich nicht sein. Also werden sie demontiert. Dass dieser Bewusstsei­nsbruch aber auch mitten durch die Protagonis­ten selbst gehen muss, zeigt die Selbstdemo­ntage der Vertreter der SPD bei den GroKo-Verhandlun­gen, obwohl sie das Bestmöglic­he für ihre Partei herausgeho­lt hatten. Gelingt es der SPD nicht, dieses Dilemma zu lösen, sich auf ein realistisc­hes Menschenbi­ld zu verständig­en, wird sie als Volksparte­i auf Dauer verschwind­en.

Günter Strecker, Diedorf

Newspapers in German

Newspapers from Germany