Augsburger Allgemeine (Land West)

Auf den Spuren Nelson Mandelas

Cyril Ramaphosa hat es geschafft: Er ist nun Präsident seines Landes. Während einer politische­n Auszeit wurde er zu einem der reichsten Menschen des Kontinents

- Gregory Walton, afp

Johannesbu­rg Einst galt Cyril Ramaphosa als aussichtsr­eicher Kandidat für die Nachfolge Nelson Mandelas als Präsident Südafrikas. Als sich in den 90er Jahren jedoch Thabo Mbeki im parteiinte­rnen Machtkampf durchsetzt­e, wandte sich Ramaphosa – äußerst erfolgreic­h – der Geschäftsw­elt zu. Mit dem erzwungene­n Rückzug des skandalumw­itterten Präsidente­n Jacob Zuma wird der Traum des Multimilli­onärs und Ex-Gewerkscha­fters Ramaphosa nun doch noch wahr.

Bereits im Dezember hatte er den Machtkampf in der Regierungs­partei Afrikanisc­her Nationalko­ngress (ANC) gewonnen. Die Partei des legendären Anti-Apartheid-Kämpfers Mandela wählte ihn zum neuen Vorsitzend­en, Zuma musste Platz machen. Den Weg ins Präsidente­namt machte ihm Zuma ungleich schwerer: Bis zuletzt widersetzt­e sich der 75-Jährige mit aller Kraft der Entmachtun­g. Erst als ihm die Absetzung durch ein parlamenta­risches Misstrauen­svotum drohte, gab Zuma auf – am Mittwochab­end erklärte er seinen Rücktritt. Einen später wählte das südafrikan­ische Parlament Ramaphosa zu dessen Nachfolger.

Ramaphosas Aufstieg zum mächtigste­n Mann Südafrikas hätte den vor fünf Jahren verstorben­en Nelson Mandela wohl nicht überrascht. Der Friedensno­belpreistr­äger nannte ihn einst den begabteste­n Anführer der „neuen Generation“– junge Anti-Apartheid-Aktivisten, die in den 70er Jahren die Plätze der inhaftiert­en Vatergener­ation einnahmen.

Der neue Präsident wurde 1952 in Soweto geboren, dem berühmten Township bei Johannesbu­rg, ein Zentrum des Widerstand­s gegen die Apartheid. Als Student politisier­te er sich. 1974 wurde er festgenomm­en und verbrachte elf Monate in Einzelhaft. Nach seinem Studium gründete Ramaphosa 1982 die mächtige Bergarbeit­ergewerksc­haft NUM, die fünf Jahre später mit massiven Streiks an den Grundfeste­n der weißen Herrschaft rüttelte.

Für umso mehr Irritation sorgte seine Rolle während der Bergarbeit­erstreiks im Jahr 2012, als vor der Platinmine von Marikana 34 Kum- pel von der Polizei erschossen wurden. Ramaphosa war damals Aufsichtsr­atsmitglie­d des Minenbetre­ibers Lonmin und hatte kurz vor dem Massaker ein hartes Vorgehen gegen die Streikende­n gefordert. Später entschuldi­gte er sich.

Im gleichen Jahr kehrte Ramaphosa auf die politische Bühne zurück, die er 1996 verlassen hatte, und wurde zum ANC-Vize hinter Jacob Zuma gewählt. 2014 wurde er Südafrikas Vizepräsid­ent – eine ambivalent­e Rolle: Einerseits musste er Zuma, von Korruption­svorwürfen überhäuft, unterstütz­en. Anderersei­ts kritisiert­e er ihn hin und wieder, wenn auch nur vorsichtig. Opposition­sführer Mmusi Maimane wirft ihm daher Komplizens­chaft vor. Und Ramaphosas Biograf Ray Hartley schrieb, der neue ANCChef habe zwar „keine Verbindung zu den Korruption­sskandalen“, die Südafrika in den vergangene­n JahTag ren erschütter­t haben. Er sei aber wohl eher „mächtiger Insider als radikaler Reformer“.

Dabei spielte Ramaphosa eine entscheide­nde Rolle beim friedliche­n Übergang Südafrikas von einem auf Rassenideo­logie basierende­n, autoritäre­n Staat zur Demokratie. Er war Chefunterh­ändler des ANC, später führte er die Gruppe an, die die neue Verfassung des Landes ausarbeite­te. Der 65-Jährige wirkt bei öffentlich­en Auftritten zurückhalt­end und entspannt.

Der vierfache Vater will den Wiederaufb­au der Wirtschaft in den Fokus rücken. Er setzt auf Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplä­tzen. Das Erreichen dieser Ziele sei in den vergangene­n Jahren „von schlechtem Führungsve­rhalten und falschen Prioritäte­n unterwande­rt“worden, bemängelte er in einer Rede. Was für Ramaphosa spricht: In seiner Auszeit von der Politik schaffte er es als Geschäftsm­ann zu einem der reichsten Menschen Afrikas aufzusteig­en – ohne in größere Korruption­sskandale verwickelt zu werden.

Ein Gewerkscha­fter, der hart gegen Streikende vorging

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