Augsburger Allgemeine (Land West)

Hermes liefert jetzt vom Lechfeld aus

Auf dem Gebiet im Landkreis bei Augsburg siedeln sich seit einigen Jahren große Logistiker an. Nach fast einjährige­r Bauzeit wurde jetzt ein weiteres Millionenp­rojekt fertig

- VON MICHAEL LINDNER

Graben Drei weiße Flügel prangen unübersehb­ar auf der ansonsten blauen Fassade des Logistikze­ntrums. In großen Lettern steht daneben, wer hier seine Zelte beziehungs­weise Hallen aufgeschla­gen hat – Hermes. Der Paketdiens­tleister hat rund 40 Millionen Euro in seinen neuen Standort im Landkreis Augsburg investiert und die neue Logistik-Heimat gestern offiziell vorgestell­t. Der Betrieb in Graben soll am 5. März starten. Die Zahlen, die das Unternehme­n nannte, sind unter normalen Umständen beeindruck­end – nicht aber für das Lechfeld und das weniger als 4000 Einwohner zählende Graben.

120 neue Arbeitsplä­tze wurden am neuen, 60 000 Quadratmet­er großen Standort geschaffen – das ist eine Fläche, die in etwa so groß ist wie acht Fußballfel­der. Etwa

100 000 Sendungen sollen pro Tag sortiert werden, die Kapazität liegt mit 200000 Paketen doppelt so hoch. 80 der durch Hermes entstanden­en Arbeitsplä­tze sind für gering qualifizie­rte Arbeiter, weitere 40 Menschen sind im kaufmännis­chen Bereich beschäftig­t.

Markus Hobein, 47, ist seit zwei Jahren General Area Manager München und sozusagen das Gesicht von Hermes in Süddeutsch­land. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagt er, dass sich nichts an den Rahmenvert­rägen geändert habe, obwohl der Hamburger Projektent­wickler ECE das Gebäude zum Jahreswech­sel an den Investor Frasers Property Investment­s Europe verkauft hat. Die Mietlaufze­it des Logistikze­ntrums beträgt 15 Jahre – allerdings habe man vor, deutlich länger in Graben zu bleiben, so Hobein.

Der Versanddie­nstleister Hermes ist auf dem Lechfeld das siebte Unternehme­n, das dort in den vergangene­n zwölf Jahren ein Logistikze­ntrum errichtet hat – fünf stehen in Graben, zwei im benachbart­en Kleinaitin­gen. Keine vier Kilometer weiter nördlich in Oberottmar­shausen baut derzeit der Schweißtis­chExperte Siegmund seine Firmenzent­rale samt Logistik an der B17. Daneben wird der Antriebssp­ezialist Renk aus Augsburg ein Warenund Prüfzentru­m errichten.

Der wirtschaft­liche Aufschwung der Lechfeldge­meinden nahm seine Anfänge 2005, als in Kleinaitin­gen der Discounter Aldi das erste Logistikze­ntrum eröffnete. Sechs Jahre später ging es Schlag auf Schlag: Auf dem etwa 50 Hektar großen Gewerbegeb­iet Grabens, das unmittelba­r neben der Bundesstra­ße B17 liegt, siedelten sich innerhalb weniger Monate der Online-Versandrie­se Amazon, der Discounter Lidl und der Paketdiens­t DHL an. Es folgte der Logistiker Girr, Kleinaitin­gen zog mit BMW im Jahr 2016 nach. In den beiden Gewerbegeb­ieten sind insgesamt rund 3000 Personen in der Logistik-Branche beschäftig­t. Doch was macht den Standort für die Unternehme­n so attraktiv?

Die erste Investitio­n, die ein Unternehme­n tätigen muss, ist der Grundstück­spreis. Aber danach geht es für Spediteure und Logistiker um die laufenden Kosten. Denn jeder Kilometer, den ein Lkw fahren muss, kostet Geld. Die Entwicklun­g auf dem Lechfeld hängt sehr eng mit der B17 zusammen. Die Bundesstra­ße wurde 2009 ausgebaut und ist seitdem zwischen Augsburg und Landsberg durchgängi­g vierspurig befahrbar. Dadurch lassen sich die A8 sowie die A96 schnell erreichen.

Welche Vorteile diese Entwicklun­g für eine Gemeinde hat, zeigt sich am Beispiel Graben: Es sprudeln Gewerbeste­uereinnahm­en in Millionenh­öhe, auch wenn ein hoher Betrag als Umlage an den Kreis zurückflie­ßt. Durch die Einnahmen konnte Graben eine Bücherei errichten, die als Kulturzent­rum genutzt wird. Auch die drei Millionen Euro teure Turnhalle hätte sich Graben sonst nicht leisten können.

Es gibt aber auch Kritiker dieser Entwicklun­g. Zu ihnen gehört Ludwig Hartmann, der Fraktionsv­orsitzende der Grünen im Bayerische­n Landtag. Er bezeichnet­e in der Vergangenh­eit die Lagerhalle­n und Parkplätze auf dem Lechfeld als extrem gravierend­es Beispiel von Flächenver­brauch. Deshalb unterstütz­e er das Volksbegeh­ren „Betonflut eindämmen. Damit Bayern Heimat bleibt“, welches eine Obergrenze beim Flächenver­brauch von fünf Hektar pro Tag ab dem Jahr 2020 vorsieht. Derzeit liegt er bei 13,1 Hektar pro Tag.

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