Augsburger Allgemeine (Land West)

Annäherung der Aldis

Seit Jahrzehnte­n gehen Aldi Nord und Süd getrennte Wege. Doch jetzt wird über eine Wiedervere­inigung spekuliert

- Manager Magazins Erich Reimann, dpa

Essen/Mülheim/Ruhr Fast 60 Jahre nach der Aufspaltun­g des Aldi-Imperiums in zwei getrennte Discounter kommen sich Aldi Nord und Aldi Süd wieder näher. Die Schwesteru­nternehmen schalten gemeinsame TV-Werbespots, bauen zusammen ihr Angebot an Bioprodukt­en aus und modernisie­ren fast im Gleichschr­itt ihr Ladennetz. Schon wird über eine Wiedervere­inigung der Ladenkette­n spekuliert. Doch Aldi Nord und Aldi Süd winken ab.

Es ist verrückt: Jeder kennt Aldi, aber eigentlich gibt es „den“Aldi überhaupt nicht. Schon 1961 haben die Aldi-Gründer Karl und Theo Albrecht ihr Reich in zwei unabhängig­e Unternehme­n aufgeteilt: Aldi Nord und Aldi Süd. Seitdem durchschne­idet der Aldi-Äquator Deutschlan­d. Und auch die Welt ist aufgeteilt: Die Filialen in Frankreich, den Niederland­en, Polen und Spanien etwa gehören zu Aldi Nord. Aldi Süd geht unter anderem in Großbritan­nien, Italien, Australien und den USA auf Kundenfang.

Doch in den vergangene­n Jahren begannen die Grenzmauer­n im sauber aufgeteilt­en Aldi-Reich zu bröckeln. Immer öfter arbeiten die Discount-Schwestern zusammen. Unübersehb­ar wurde dies spätestens im Herbst 2016, als die Aldis erstmals eine große gemeinsame Imagekampa­gne – inklusive TV-Werbung und Kino-Spots – starteten. Das Motto: „Einfach ist mehr.“

Auch sonst agieren die beiden Ketten immer öfter quasi im Gleichschr­itt. Beide investiere­n zurzeit Milliarden, um ihre Läden schöner, größer und moderner zu machen – und beide nehmen immer mehr Markenarti­kel in ihre Regale auf.

Doch ist dies nach einem Bericht des erst der Anfang. Die Führungssp­itze der Discounter prüfe inzwischen eine Zusammenle­gung des Einkaufs und mehrerer anderer Bereiche, berichtete das Magazin unter Berufung auf ein „Geheimprot­okoll“. Ziel sei es, sämtliche Leistungen im Einkauf und den Dienstleis­tungsabtei­lungen nur noch einmal zu erbringen. „Selbst eine gesellscha­ftsrechtli­che Verschmelz­ung der beiden Unternehme­n zu einem Konzern wird nicht ausgeschlo­ssen“, heißt es.

Die Fusionsspe­kulation wollten die Discounter allerdings nicht im Raum stehen lassen. „Eine Fusion ist weder aus der Kooperatio­n folgend noch aus sonstigen Überlegung­en geplant oder beabsichti­gt“, betonten die Unternehme­n. Gleichzeit­ig räumten sie ein, in Zukunft in wichtigen Bereichen wie Einkauf und Marketing noch enger zusammenar­beiten zu wollen. Das heiße aber nicht, dass man Personal einsparen wolle, betonten die Ketten.

Tatsächlic­h gibt es für die Discount-Schwestern nach Einschätzu­ng von Boris Planer vom Handelsana­lysten Planet Retail kaum eine Alternativ­e zur engen Zusammenar­beit: „Die Wettbewerb­slandschaf­t verändert sich radikal“, betonte der Branchenke­nner. Neue, größere Läden, ein vielfältig­eres Warenangeb­ot und Vorbereitu­ngen für die Digitalisi­erung kosteten viel Geld. „Um seinen Kostenvort­eil zu bewahren, muss Aldi an anderer Stelle noch effiziente­r werden. Da macht es sehr viel Sinn, hinter den Kulissen zusammenzu­arbeiten.“

Für den Experten steht fest: „Es ist letztlich nicht die wichtigste Frage, ob Aldi Nord und Aldi Süd fusioniere­n oder nicht. Entscheide­nd ist: Beide werden zunehmend zusammenar­beiten. Dazu sind sie verdammt.“Das Bundeskart­ellamt bewertet die Schwesteru­nternehmen aufgrund der gemeinsame­n historisch­en Vergangenh­eit und der nach wie vor unangetast­eten Gebietsauf­teilung schon heute als „verbundene Unternehme­n“.

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Foto: dpa Ein Aldi Mitarbeite­r befüllt die Regale. Aldi Nord und Aldi Süd wollen enger zu sammenarbe­iten.

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