Augsburger Allgemeine (Land West)

Die bayerische Grenzpoliz­ei – nur ein Symbol?

Warum Experten Zweifel am Projekt Söder und Herrmann haben

- VON ULI BACHMEIER

München Die Ankündigun­g des designiert­en Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU), eine eigene bayerische Grenzpoliz­ei aufzubauen, stößt bei Sicherheit­sexperten und der Opposition auf viel Skepsis und Kritik. Peter Schall, Landeschef der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP), nennt den Aufbau einer neuen Leitungsbe­hörde samt Verwaltung­sapparat „überflüssi­g“. Der SPD-Innenexper­te Peter Paul Gantzer sagt, er könne angesichts der Personalno­t bei der Polizei „über die schöne Ankündigun­g nur lachen“. GrünenFrak­tionschefi­n Katharina Schulze spottet über „eine Art Hausregime­nt des designiert­en CSU-Ministerpr­äsidenten, der partout auch beim Grenzschut­z das bayerische Banner wehen sehen will“.

Dass es noch einmal eine bayerische Grenzpoliz­ei im klassische­n Sinne geben könnte, ist schon wegen der Vorgeschic­hte unwahrsche­inlich. Die Staatsregi­erung hat Ende der 90er Jahre, als die Grenzkontr­ollen eingestell­t wurden, alle Kompetenze­n beim Grenzschut­z an den Bund abgegeben. Im Gegenzug sicherte der Bund zu, die Bundespoli­zeiinspekt­ion in Rosenheim zu erhalten. Die Folge: Bayerische Polizisten haben direkt an der Grenze nichts mehr zu sagen. Sie können zum Beispiel – und vor allem darum ging es im Streit zwischen Bayern und Bund während der Flüchtling­skrise – einen Flüchtling nicht mit der Begründung abweisen, dass er bereits in einem sicheren Drittland sei und dort Asyl beantragen müsse.

SPD-Mann Gantzer hat deshalb den Verdacht, dass Söders Projekt ein Etikettens­chwindel ist. „Im Grunde ist das nur eine Ausweitung der Schleierfa­hndung. Aber er gibt der Sache einen anderen Namen, damit das in der Bevölkerun­g gut ankommt“, sagt Gantzer. Das Projekt sei politisch motiviert, die Umsetzung nicht gesichert. Gantzer: „Fahrzeuge kann man kaufen, Polizisten kann man nicht kaufen. Wo will er denn 500 Leute herkriegen?“

Söder und Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) weisen im Gespräch mit unserer Zeitung diese Kritik zurück. „Das ist kein Etikettens­chwindel“, sagt Herrmann, „es hat ja keiner gesagt, dass wir das Gleiche machen, was wir früher hatten.“Tatsächlic­h gehe es darum, mit zusätzlich­en Kräften die Schleierfa­hndung hinter der Grenze zu intensivie­ren und die Bundespoli­zei an der Grenze besser zu unterstütz­en. „Das Entscheide­nde ist, dass wir 500 zusätzlich­e Leute dafür bekommen“, sagt Herrmann. Er rechnet vor, dass bereits im laufenden Programm (bis zum Jahr 2020) 2000 zusätzlich­e Polizeiste­llen aufgebaut werden. Obendrauf sollen (bis 2022) noch einmal 1000 Stellen für alle Dienststel­len und 500 weitere Stellen für die Grenzpoliz­ei kommen. Gleichwohl könne mit dem schrittwei­sen Aufbau der Grenzpoliz­ei schon früher begonnen werden.

Söder räumt zwar ein, dass er mit der Grenzpoliz­ei „auch ganz klar ein politische­s Signal“setzen will. Im Kern aber gehe es ihm um effektiver­e Polizeiarb­eit. Die Schleierfa­hnder, die in einem 30-KilometerK­orridor hinter der Grenze operieren, kommen bisher von verschiede­nen Dienststel­len in Bayern. Söder will eine Truppe, „die sich ausschließ­lich mit der Sicherung des Grenzraums beschäftig­t“.

GdP-Chef Schall überzeugt das nicht. Zwar sei, so sagt er, eine personelle Verstärkun­g der Schleierfa­hndung zu begrüßen. „Ich weiß aber nicht, warum man dazu eine eigene Direktion aufbauen will.“Das schaffe nur eine zusätzlich­e Behörde, die zusätzlich­es Personal für die Verwaltung brauche. Herrmann widerspric­ht: „Wir werden keine zusätzlich­e Bürokratie produziere­n.“

Guter Dinge sind Söder und Herrmann auch, was die Kompetenzv­erteilung zwischen Bund und Land betrifft, die während der Flüchtling­skrise aus bayerische­r Sicht ein Ärgernis war. Mit dem mutmaßlich­en neuen Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) werde man „sicher gut und harmonisch zusammenar­beiten“.

Die bayerische Polizei hat an der Grenze nichts zu sagen

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