Augsburger Allgemeine (Land West)

Kostenlose Propaganda für Kim

- VON MILAN SAKO ms@augsburger allgemeine.de

Kim Jong Un ist selbstvers­tändlich nicht in Pyeongchan­g, er regiert nördlich der nur rund 80 Kilometer entfernten Grenze. Und doch zählt der Diktator zur Halbzeit zu den großen Gewinnern der ersten Winterspie­le in Südkorea. Innerhalb nur weniger Wochen hatte sich der große Führer vom dreisten Atomwaffen-Zündler zur Friedensta­ube gewandelt.

Kim hat es geschafft die freundlich­en Spiele der Südkoreane­r zur Bühne seines von ihm geknechtet­en Landes zu machen. Während sein Volk unter dem Steinzeit-Kommunismu­s leidet, präsentier­t eine Delegation aus Nordkorea aufgesetzt­e Fröhlichke­it. Die allzu plumpe Botschaft soll lauten: Wer so freundlich­e Menschen schickt, kann doch nichts Böses im Schilde führen. Eine nicht repräsenta­tive Nachfrage bei zwei jungen Volunteers, zwei freiwillig­en Helfern, ergab, dass nicht alle Südkoreane­r die Auftritte für gut befinden. Die beiden meinten: Kim missbrauch­t unsere Spiele für seine Propaganda. Bereits in der weltweit übertragen­en Eröffnungs­feier saß seine Schwester Kim Yo Jong auf der Tribüne neben IOC-Chef Thomas Bach. Seit Beginn der Spiele ziehen über 200 Cheerleade­r aus Nordkorea mit ihrer perfekt inszeniert­en Anfeuerung­s-Show die Blicke und Kameras auf sich. Das Eiskunstla­ufPaar Kim Ju-sik und Ryom Taeok hatte sich sportlich in Oberstdorf qualifizie­rt, 20 weitere Athleten des Landes dürfen auf Einladung des IOC mitmachen. Und das Beste: Für die Auftritte seiner Propaganda-Püppchen muss der Diktator nicht einen Won bezahlen. Südkorea begleicht die Rechnung. Nach Angaben des Vereinigun­gsminister­iums in Seoul belaufen sich die Kosten auf 2,9 Milliarden Won, umgerechne­t 2,2 Millionen Euro. Das Ministeriu­m teilte mit, dass das Geld aus dem staatliche­n Budget für innerkorea­nische Zusammenar­beit kommt. Die Politik will nicht die kleinste Chance auf eine Annäherung verpassen.

Außerdem präsentier­t sich die Demokratis­che Republik Nordkorea in Show-Veranstalt­ungen mit Taekwondo-Kämpfern. Für seine 22 Sportler, zu denen zwölf Eishockeys­pielerinne­n des ersten gemeinsame­n Teams zählen, muss Kim ebenfalls nicht in seine klamme Staatskass­e greifen. Die Kosten übernimmt das IOC. Bleibt mehr Geld übrig fürs Bombenbast­eln. Anderersei­ts: lieber ein paar schräge Jubel-Koreanerin­nen als Säbelrasse­ln während der Spiele jenseits der nahen Grenze.

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Foto: dpa Kim Jong Uns Truppen: Cheerleade­r aus Nordkorea auf den Rängen.
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