Augsburger Allgemeine (Land West)

Alpine Medaillent­räume geplatzt

Deutsche Athleten verpassen Podestplät­ze. Während Thomas Dreßen als Fünfter der Abfahrt zufrieden ist, empfindet Viktoria Rebensburg Rang vier im Riesenslal­om als Enttäuschu­ng

- VON MILAN SAKO

Jongseon/Yongpyong Vorbei der Sturm der vergangene­n Tage. Bei Sonnensche­in und strahlend blauem Himmel über den Bergen rund um Pyeonchang suchten die Skifahrer ihren Besten in der Königs-Disziplin Abfahrt. Thomas Dreßen hatte sich bewusst die Startnumme­r eins ausgesucht und machte mit einigen Schlittsch­uh-Schritten nach dem Starthaus Tempo. Dort oben nahe des Gipfels des Gariwang-Berges ist der vom Schweizer Pistenbaue­r Bernhard Russi gestaltete Kurs noch flach. Zwar heben die Speed-Spezialist­en später zu zwei Sprüngen ab. Aber auf dem eher leichten Kurs waren Gleiter-Qualitäten gefragt. Der 100-Kilo-Mann aus Mittenwald zeigte, dass er auch mit Gefühl die Kurven nehmen kann, am Siegertrep­pchen raste er als Fünfter jedoch vorbei. Zu Bronze fehlten sechs Zehntelsek­unden. Andreas Sander fuhr auf Platz zehn.

Vor einigen Wochen hätten die deutschen Skifans über Rang fünf im olympische­n Abfahrtsla­uf noch gejubelt. Seit dem Sensations­sieg von Thomas Dreßen auf der Kitzbühele­r Streif, dem vielleicht spektakulä­rsten Skirennen der Welt, sind die Ansprüche gestiegene­n. Auch an sich, wie aus seiner ersten Reaktion herauszuhö­ren ist: „Im ersten Moment war ich schon enttäuscht, dass es für keine Medaille gereicht hat. Aber am Ende des Tages Fünfter zu sein, ist nicht so schlecht.“Der Rennläufer vom SC Mittenwald fuhr das beste deutsche Olympia-Abfahrtser­gebnis seit 26 Jahren ein. 0,78 Sekunden fehlten ihm auf Aksel Lund Svindal. Die erfahrenen Norweger zeigten auf der griffigen Kunstschne­e-Piste ihr Können und ließen die Ski laufen, ohne viel Schnee aufzuwirbe­ln. An den schnellste­n Stellen erreichen die Abfahrer nicht einmal 110 Stunden- kilometer. Über die schwierige­n Weltcup-Pisten rasen sie dagegen mit bis zu 150 Stundenkil­ometern dahin. Svindal holte als erster Norweger Abfahrts-Gold. Sein nur drei Jahre jüngerer Landsmann Kjetil Jansrud macht den Doppelerfo­lg perfekt. Weltmeiste­r Beat Feuz aus der Schweiz fuhr zu Bronze.

Die Zukunft gehört dem 24-jährigen Dreßen: „Vor mir ist keiner jünger als ich, das sind alles erfahrene Läufer.“Seine Team-Kollegin Viktoria Rebensburg ging dagegen als Favoritin auf die Piste in Yongpyong. Ein in der Endpassage steiler Hang forderte die Frauen. Doch Rebensburg, die mit fünf Olympiasta­rts über ausreichen­d Erfahrung verfügt und in dieser Saison bereits drei Weltcup-Siege und zwei zweite Plätze einfuhr, patzte im ersten Lauf. Drei Tore vor dem Ende unterlief der 28-Jährigen ein dicker Schnitzer auf der letzten Kuppe vor dem Ziel. Rund fünf Zehntel habe der Fahrfehler gekostet. Von Rang acht im ersten Lauf fuhr sie noch auf den vierten Platz und verpasste knapp die Medaillen. „Es ist extrem schade. Das hätte ich nicht noch einmal gebraucht“, sagte Rebensburg, die auch bei der WM-Abfahrt 2017 in St. Moritz Vierte geworden war.

Die 28-Jährige ist es gewohnt, nach einem schwächere­n ersten Lauf noch ganz nach vorne zu fahren. Doch gestern war der Rückstand auf die Spitze zu groß. Die Goldmedail­le holte sich die überragend­e Mikaela Shiffrin aus den USA vor der Norwegerin Ragnhild Mowinckel und Frederica Brignone aus Italien. Nach ihrem Siegeslauf sank Shiffrin weinend in den harten Kunstschne­e. Rebensburg blickte dagegen auf ihren nächsten Start im Super-G am Samstag. Das werde „wie eine Wundertüte“, weil sie die Disziplin nicht viel trainiert hat. Aber vielleicht hilft es, wenn sie dieses Mal nicht zu den Favoriten zählt.

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Foto: afp, Kirill Kudryavtse­v Thomas Dreßen im Anflug auf Rang fünf. Es war das beste Resultat eines deutschen Abfahrers bei Olympische­n Spielen seit 26 Jahren.
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Foto: afp „Das ist das Leben und meins wird trotzdem weitergehe­n“: Viktoria Rebensburg, die nach einem Fahrfehler im Riesenslal­om die Medaillenr­änge verpasst hat.

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