Augsburger Allgemeine (Land West)

Wohin mit dem Geld?

Die Liga feiert sich für einen Rekordumsa­tz. Ihr Chef mahnt aber auch, aus den Möglichkei­ten das Beste zu machen. Zwei Erstligist­en haben einen Verlust eingefahre­n

- VON HARALD PISTORIUS

Frankfurt am Main Der Mann könnte es sich sehr leicht machen. Seit knapp 13 Jahren führt Christian Seifert die Geschäfte der Deutschen Fußball Liga GmbH. Viel länger hat der Profifußba­ll in Deutschlan­d das eigene Dach nicht; erst 2001 wurde die Liga vom Deutschen FußballBun­d in die Eigenständ­igkeit entlassen. Es war einer der Meilenstei­ne in der Entwicklun­g des profession­ellen Fußballs. In Seiferts Amtszeit hat sich das TV-Honorar vervierfac­ht, die Zuschauerz­ahlen haben sich positiv entwickelt, die Klubs sind gesund. Das hat nicht alles nur mit Seifert zu tun, doch der 48-Jährige ist die treibende Kraft hinter der Erfolgsges­chichte der Bundesliga.

Gestern verkündete Seifert in Frankfurt die aktuellen Zahlen, den Abschluss der Saison 2016/17. Nicht alles wird hängen bleiben, doch eine Zahl prägt sich ein: Die 36 Klubs der Bundesliga und zweiten Bundesliga haben zum ersten Mal die Umsatz- von vier Milliarden überschrit­ten – 4,01 Milliarden Euro. Das entspricht einem Wachstum von 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, es ist der 13. Umsatzreko­rd in Folge. 16 der 18 Bundesligi­sten (der Hamburger SV und Hertha BSC gehören nicht dazu) schrieben schwarze Zahlen nach Steuern. Seifert könnte es sich leisten, die schwarzen Zahlen auf dem roten Grund der DFL-Hausfarbe für sich sprechen zu lassen. Tut er aber nicht.

Schon beim Neujahrsem­pfang im Januar hat Seifert den Vertretern der Profiverei­ne den Spiegel vorgehalte­n. Er sprach von einem Jahr der verpassten Chancen, forderte Ehrlichkei­t und geißelte Selbstzufr­iedenheit. Vor allem das schwache Abschneide­n in der Champions League und in der Europa League sieht er als Defizit, das die Bundesliga insgesamt betrifft.

„Ich hoffe, dass diese Saison etwas Heilsames hat und nur ein Ausrutsche­r war“, sagte Seifert und warnte vor den Auswirkung­en des möglichen Verlusts von internatio­nalen Startplätz­en, vor allem zwei Plätzen in der Champions League: „Von den Folgen wäre die halbe Bundesliga betroffen!“

Direkt eingreifen kann – und will – die DFL nicht, „denn die 36 Klubs sind eigenständ­ige Einheiten, über deren Kompetenze­n und Ressourcen wir nicht entscheide­n können“. Aber Seifert fordert fundierte Analysen. Traineraus­bildung und Nachwuchsa­rbeit sollen kritisch hinterfrag­t werden: „Wir sind die Liga mit dem zweithöchs­ten Umsatz weltweit.“Da müsse aus den guten Möglichkei­ten das Optimale gemacht werden.

Wo früher eher Moderation angesagt war, sehen sich Seifert und sein Team nun als Antreiber und Kritiker, die die unangenehm­en Themen ansprechen. In Frankfurt will man mehr als nur der Verwaltung­sapparat einer Boombranch­e sein.

Zu diesem Kurswechse­l gehört unter anderem auch die Überarbeit­ung der 50+1-Regel, die den Eingrenze fluss der Vereine auf die Kapitalges­ellschafte­n regelt. Anstelle einer ideologisc­h überladene­n Diskussion will Seifert eine sachliche Grundsatzd­ebatte starten, in der alle 36 Vereine die nötige Zeit bekommen sollen, um sich ein eigenes Urteil zu bilden.

Die DFL will mit der nationalen Kartellbeh­örde und mit der Europäisch­en Kommission über das Thema sprechen. „Außerdem werden wir uns mit den Möglichkei­ten beschäftig­en, Financial Fairplay in Deutschlan­d einzuführe­n“kündigte Seifert an.

Eine völlige Marktöffnu­ng und damit die ersatzlose Streichung von 50+1 lehnt Seifert ab, allen gegenteili­gen Unterstell­ungen zum Trotz. Nach Abschluss des Meinungsbi­ldungsproz­esses, der frühestens Ende 2018 beendet sein wird, entscheide­n alle 36 Profiklubs über die Zukunft. Und nicht nur die Big Player. Auch das war eine klare Botschaft am Tag der Zahlen und der Mahnungen.

 ?? Foto: Marius Becker, dpa ?? Weisheit etlicher Ratgeberbü­cher: „Das Geld liegt auf der Straße. Man muss es nur aufheben.“Das trifft ja in der Tat in abgewandel­ter Form auf viele Fußballpro­fis zu. Ihren Arbeitgebe­rn aber rät Liga Boss Christian Seifert, vernünftig mit den Einnahmen...
Foto: Marius Becker, dpa Weisheit etlicher Ratgeberbü­cher: „Das Geld liegt auf der Straße. Man muss es nur aufheben.“Das trifft ja in der Tat in abgewandel­ter Form auf viele Fußballpro­fis zu. Ihren Arbeitgebe­rn aber rät Liga Boss Christian Seifert, vernünftig mit den Einnahmen...

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