Augsburger Allgemeine (Land West)

„Mein Herz schlägt weiterhin für den FCA“

Tobias Werner steht noch bis 2019 beim VfB Stuttgart unter Vertrag. Derzeit ist er aber an den 1. FC Nürnberg ausgeliehe­n. Der 32-Jährige spricht offen über seine Wechsel, seine Zeit in Augsburg. Nur ein Thema klammert er aus

- Nach Ihrem Wechsel war er dann nur noch fünf Spiele als VfB-Trainer im Amt. Danach kamen Sie nicht mehr richtig zum Zug. Sie sind mit Stuttgart aufgestieg­en, ließen sich dann an den Club verleihen. Ist ja kein Wunder. Sie wissen, wie man in die Bundesliga

Besitzen Sie die Bahncard 50?

Werner: Natürlich. Schließlic­h fahre ich oft mit der Bahn.

Nach acht Jahren FCA unterschri­eben Sie im Sommer 2016 einen Drei-Jahres-Vertrag beim VfB Stuttgart, jetzt sind Sie bis Saisonende zum 1. FC Nürnberg ausgeliehe­n. Sie wurden zum Berufspend­ler. Warum?

Werner: Ein Umzug der Familie war nie ein Thema. Die Nähe zu Augsburg war beim Wechsel zum VfB ja das Schöne. Was anderes wäre wohl nicht wirklich infrage gekommen. Und jetzt ist es ja noch einen Tick besser. Ich bin nur knapp eine Stunde unterwegs. In Nürnberg habe ich eine kleine möblierte Wohnung. Da bin ich, wenn es die Trainingsz­eiten nicht erlauben, heimzufahr­en.

Warum ist Augsburg Ihr Lebensmitt­elpunkt geblieben?

Werner: Meine drei Kinder sind hier geboren, die Große geht jetzt in die Schule. Meine Frau fühlt sich hier unheimlich wohl. Darüber hinaus haben wir hier ein Haus gebaut. Da muss es schon mit dem Teufel zugehen, dass wir Augsburg noch einmal verlassen.

Was war Ihr persönlich­es Highlight während Ihrer Zeit in Augsburg?

Werner: Der Bundesliga-Aufstieg. Diese Vision haben mir 2008, als ich hier unterschri­eben habe, Andreas Rettig und Walther Seinsch mit dem neuen Stadion schon aufgezeigt. Wenn man dann sehr viel opfert, um einmal in der Bundesliga zu spielen, und es mit einem Verein erlebt, der einem ans Herz gewachsen ist, dann ist das unvergessl­ich.

Nach der Saison 2015/16 verließen Sie aber den FCA. Warum ging es nicht mehr weiter?

Werner: Ich hatte ein Superangeb­ot vom VfB, da hat es mich einfach gereizt, noch einmal einen neuen Schritt zu machen. Ich habe mit dem Wechsel keinen Fehler gemacht. Man sieht ja, dass der FCA auch ohne einen Halil Altintop, Paul Verhaegh, Ragnar Klavan oder einen Tobias Werner bestens funktionie­rt.

Ihr Vertrag wäre noch ein Jahr gelaufen. Hat man Sie beim FCA zum Wechsel gedrängt?

Werner: Das kam ganz allein von mir. Mir war klar, dass es beim FCA nicht leichter werden würde. Aber so ist das, wenn die jungen und auch qualitativ starken Spieler nach oben drängen. Es war einfach so, dass wir mit Ji und Caiuby fantastisc­he Spieler auf der linken Außenbahn hatten. Da habe ich schon die Zeichen der Zeit erkannt. Zumal mich Jos Luhukay unbedingt wollte. Werner: Das hatte mehrere Gründe. Ich war erst wenige Tage in Stutt- gart, als wir unseren Sohn bei der Geburt verloren haben.

Sie haben sich entschiede­n, sofort mit diesem schweren Schicksals­schlag an die Öffentlich­keit zu gehen. Warum?

Werner: Es bringt nichts, sich zu verstecken. Ich hätte mich auch drei Wochen in meinem Wohnzimmer einschließ­en können. Dann hätte jeder gefragt: Was ist mit dem los? So haben wir gleich reinen Tisch gemacht und jeder wusste Bescheid.

Können wir über diese dunklen Tage sprechen?

Werner: Ich bitte um Verständni­s, darüber möchte ich nicht sprechen.

Wie ging es dann weiter?

Werner: Natürlich fällst du nach so einem Schicksals­schlag erst einmal in ein tiefes Loch. Dann habe ich mir auch noch eine langwierig­e Schambeine­ntzündung zugezogen. Ich war drei, vier Monate draußen. Und dann war mit Hannes Wolf ein neuer Trainer mit einer neuen Philosophi­e da, der auf andere Spielertyp­en baute. Die Mannschaft war super erfolgreic­h, es war schwer, wieder reinzukomm­en. Aber so ist das im Fußball. Werner: Ja. Das hat mir sehr gutgetan. Ich fühle mich hier sehr wohl. Wir haben eine talentiert­e Mannschaft, die super hungrig ist. Wir sind in einer guten Position, um in dieser Saison aufzusteig­en. Werner: Noch sind wir nicht aufgestieg­en, da warten schon noch einige Spiele auf uns. Düsseldorf ist sehr konstant, aber wir wollen uns auf einem Aufstiegsp­latz festbeißen. Wir sind gierig nach Erfolg. Aber die Liga ist sehr ausgeglich­en, alle Spiele sind hart umkämpft. Man bekommt nichts geschenkt.

Wäre es der Worst Case, wenn Sie mit dem Club aufsteigen und dann zum VfB zurückmüss­ten?

Werner: Die Leihe geht bis zum Sommer und dann habe ich noch ein Jahr Vertrag beim VfB. Ich kann mir sehr gut vorstellen, beim Club zu bleiben. Aber das liegt nicht in meiner Hand. Das müssen die VfB-Verantwort­lichen entscheide­n. Derzeit haben die VfB-, aber auch die ClubVerant­wortlichen Besseres zu tun. Da muss ich mich einfach noch ein wenig gedulden.

Wie sehen Sie die derzeitige Situation beim VfB?

Werner: Ich war zufälliger­weise vergangene Woche in Stuttgart, auch in der Kabine. Ich bin da gerne gesehen. Ich drücke natürlich die Daumen, dass dies keine Zitterpart­ie wird bis zum Ende der Saison. Jetzt sieht es ja ganz gut aus.

Am Sonntag (15.30 Uhr) kommt es in der WWK-Arena zum Duell der beiden Vereine. Sind Sie im Stadion?

Werner: Leider nicht, wir spielen am Sonntag zu Hause gegen Duisburg. Das ärgert mich schon ein wenig. Das Spiel hätte ich gerne gesehen. Der FCA ist eine absolute Macht zu Hause. Sie sind sehr, sehr gut in Form, auch wenn sie leider gegen Leipzig verloren haben. Aber das zählt nicht mehr. Der VfB ist mit dem neuen Trainer Tayfun Korkut im Aufwind, holte vier Punkte aus zwei Spielen. Das wird ein packendes Duell.

Für wen sind Sie?

Werner: Ich bin Angestellt­er des VfB, da kann ich ja nicht gegen den VfB sein. Für mich kann es ruhig unentschie­den ausgehen. Unabhängig davon schlägt mein Herz weiterhin für den FCA.

Sie gelten jetzt nicht gerade als Wandervoge­l, doch zuletzt wechselten Sie in kurzer Zeit zweimal das Trikot. Wird der Verdrängun­gswettbewe­rb größer?

Werner: Ich bin froh, dass ich mit 32 Jahren noch bei einem Topklub unter Vertrag stehe. Es wird mittlerwei­le sehr viel auf junge Spieler gesetzt, sehr vielen talentiert­en Spielern ein Vertrag gegeben. Es wird unheimlich viel auf Dynamik und Schnelligk­eit Wert gelegt. Es ist nicht leicht, die Kader sind groß, es gibt viele unzufriede­ne Spieler, die sich mit ihrer Rolle als Tribünenga­st oder als Bankspiele­r nicht zufriedeng­eben. Es liegt aber an einem selber, was man daraus macht. So ist das Geschäft. Man muss schauen, dass man seine Einsatzmög­lichkeiten bekommt. Ich bin froh, dass ich noch gesund bin, dass ich noch in tollen Stadien spielen kann. Was die Zukunft bringt, kann ich leider noch nicht sagen.

Wie läuft bei Ihnen ein Wechsel ab?

Werner: Mein Berater ist seit dem 17. Lebensjahr Karl Herzog aus München, der mir das alles arrangiert. Er bekommt die Anrufe, führt die Verhandlun­gen. Dann tauschen wir am Telefon auch ein paar Zahlen aus, aber meistens geht es ziemlich schnell.

Wie beim Angebot des Clubs?

Werner: Ich hatte im Sommer schon einige Anfragen, aber das passte alles nicht. Ich hätte mir auch vorstellen können, wenn nichts Interessan­tes auf dem Markt gewesen wäre, beim VfB zu bleiben. Aber als dann der Club angefragt hat, musste ich keine zwei Minuten überlegen.

Sie sind jetzt 32, Sie machen sich sicher schon Gedanken, wie es nach Ihrer Sportlerka­rriere weitergeht, oder?

Werner: Es wartet ein hartes Leben nach der Fußball-Karriere auf mich. Ich muss drei Kinder ernähren. Werner: Ja (lacht), ein bisschen was liegt schon auf der Seite. Aber wenn man damit nichts Gescheites macht, wird das auch immer weniger. Ich mache derzeit ein Sportmanag­ement-Studium an einer Fern-Uni, das ich demnächst abschließe­n will. Ich kann mich ja nicht darauf verlassen, dass es heißt: Hier ist der Tobi Werner und den nehmen wir mit Kusshand. Es wird sich zeigen, was nach meiner Karriere auf mich wartet. Ein paar Gedanken hab ich mir schon gemacht. Aber jetzt konzentrie­re ich mich voll auf den Club und den Aufstieg und dann schauen wir, wo die Reise hingeht. Werner: Fußball hat bisher mein Leben bestimmt. Darum halte ich mir da natürlich alle Optionen offen. Aber auch da ist der Markt heiß umkämpft, es gibt nicht so viele Arbeitsplä­tze.

Können Sie sich nach Ihrer aktiven Karriere also wirklich nicht zur Ruhe setzen?

Werner: (Lacht) Nein, wirklich nicht. Da hätte ich schon den EuroJackpo­t in der vergangene­n Woche gewinnen müssen. ● Tobias Werner lebt mit seiner Frau Chris, mit der er seit 2015 ver heiratet ist, seinen Kindern Emily, 7, Carla, 3,5, Mika ,4 Monate, und Hund Kais in Augsburg. Der gebürtige Thüringer aus Gera wechselte 2008 von Carl Zeiss Jena zum FCA und absol vierte 208 Pflichtspi­ele für den FCA, darunter 127 Bundes , 60 Zweitliga und 5 Euro League Spiele. Im Som mer 2016 unterschri­eb er beim VfB Stuttgart einen Drei Jahres Vertrag. Der 32 Jährige ist derzeit an den 1. FC Nürnberg ausgeliehe­n. (ötz)

„Das kam ganz allein von mir. Mir war klar, dass es beim FCA nicht leichter werden würde.“ Tobias Werner zu seinem Wechsel zum VfB

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Foto: Ulrich Wagner Stefan Reuter verabschie­dete Tobias Werner mit einer Collage aus acht Bildern aus acht Jahren FCA. Im Bild auch Werners Tochter Emily.
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Foto: imago Beim Club: Tobias Werner in Aktion beim 4:1 Sieg gegen Aue.
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Foto: dpa Beim VfB: Tobias Werner mit Christian Gentner (li.) und Toni Sunjic.

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