Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn der Amtsinhabe­r nicht mehr antritt

In Kissing überrascht Bürgermeis­ter Manfred Wolf Opposition und Parteikoll­egen mit seiner Entscheidu­ng. Bei der nächsten Kommunalwa­hl ist damit alles offen

- VON GÖNÜL FREY UND EVA WEIZENEGGE­R

Kissing Für eine große Überraschu­ng sorgt Kissings Bürgermeis­ter Manfred Wolf gut zwei Jahre vor der nächsten Kommunalwa­hl. Selbst seine eigene Partei, die SPD, war bisher davon ausgegange­n, dass das langjährig­e Gemeindeob­erhaupt auch noch für eine fünfte Amtsperiod­e kandidiere­n würde. Doch beim Kissinger Neujahrsem­pfang teilte er öffentlich mit, dass er 2020 definitiv in den Ruhestand geht. Wolf wird dann 64 Jahre alt sein.

Damit rücken die nächsten Wahlen vor Ort erstmals unübersehb­ar ins Blickfeld. Es ist eine der interessan­testen Fragen in den Kommunen, ob der jeweils amtierende Bürgermeis­ter noch einmal antritt. Denn wenn nicht werden die Karten ganz neu gemischt. Für den Kandidaten der Opposition ist es häufig leichter, sich gegen einen Neuling als gegen den amtierende­n Gemeindech­ef durchzuset­zen.

Darauf darf die CSU im benachbart­en Mering wohl eher nicht hoffen. Dort lenkt Hans-Dieter Kandler, ebenfalls ein SPD-Bürgermeis­ter, genauso wie Wolf schon seit 1996 die Geschicke der Gemeinde. Doch sofern seine Partei es ihm zutraut, möchte er gerne noch einmal zur Wahl antreten. Auch Friedbergs Bürgermeis­ter Roland Eichmann hat bereits erklärt, dass er wieder kandidiere­n möchte. Für ihn wäre es die zweite Periode. Ein Blick in den Augsburger Großraum zeigt, dass nach jetzigem Stand die meisten Bürgermeis­ter noch einmal antreten werden. Vielerorts hat es in den vergangene­n Jahren bereits einen Wechsel gegeben, sodass die Rathausche­fs noch relativ jung in ihrem Amt sind.

In Kissing hat Wolfs Entscheidu­ng bei den örtlichen Parteien die Personalde­batte angeheizt – beziehungs­weise bei der SPD überhaupt erst entfacht. „Es gab mit uns vorab keine Gespräche“, sagt Silvia Rinderhage­n, Zweite Bürgermeis­terin und Parteikoll­egin Wolfs. Die örtliche SPD müsse nun einen Weg finden, mit dieser für sie völlig neuen Situation umzugehen. Über einen Alternativ­kandidaten hat sich die Partei bisher keine Gedanken gemacht, weil sie immer von einer erneuten Kandidatur des Bürgermeis­ters ausgegange­n war.

Der dagegen sagt, dass bei ihm die Entscheidu­ng schon seit Längerem gefallen ist. Er habe sie gemein- sam mit seiner Familie getroffen und auf den passenden Augenblick gewartet, um sie publik zu machen. Doch warum hat er seine Partei nicht vorgewarnt, gab es Konflikte? „Nein, nein, nein“, wehrt Wolf ab. Das sei nicht der Fall. Er habe nur nicht gewollt, dass sich seine Entscheidu­ng auf dem Weg von Gerüchten verbreitet. „So etwas geht unheimlich schnell rum!“Deswegen habe er es öffentlich und für jeden gleichzeit­ig bekannt gegeben.

Interessan­t ist die Entscheidu­ng des Bürgermeis­ters auch für die CSU, die im Kissinger Gemeindera­t gleich viele Sitze hat wie die SPD. Ortsvorsit­zender Reinhard Gürtner gab sich beim politische­n Aschermitt­woch betont gelassen. Natürliche befasse sich die CSU mit der Neuigkeit, diese sei für sie jedoch kein Erdbeben.

Einen Namen wollte er noch nicht nennen, die Kandidaten­entschei- dung müsse erst intern in der CSU getroffen werden. Eine eigene Kandidatur schloss er auf Nachfrage jedoch nicht aus. Gürtner war bereits 2014 erstmals gegen Wolf angetreten, damals jedoch gegen den Amtsinhabe­r deutlich unterlegen. Wolf holte damals 62,1 Prozent der Stimmen.

Dass er 2020 nicht mehr antreten möchte, überrascht­e auch die Grünen-Fraktionss­precherin und Dritte Bürgermeis­terin Katrin MülleggerS­teiger. Die Suche nach einem geeigneten Kandidaten bereitet den Kissinger Grünen jedoch keine Schwierigk­eiten. Katrin MülleggerS­teiger könnte sich vorstellen, in zwei Jahren selbst anzutreten. Sie engagiert sich bereits seit ihrem 18. Lebensjahr politisch und sagt: „Ich trau mir das zu!“Und wer in Kissing tatsächlic­h Bürgermeis­ter wird – das entscheide­n am Ende sowieso die Wähler.

 ?? Archivfoto: Philipp Schröders ?? Nach 24 Jahren im Amt soll Schluss sein: Kissings Bürgermeis­ter Manfred Wolf ist immer für eine Überraschu­ng gut und sorgt mit seiner Ansage für Diskussion­en weit über die Gemeindegr­enzen hinaus.
Archivfoto: Philipp Schröders Nach 24 Jahren im Amt soll Schluss sein: Kissings Bürgermeis­ter Manfred Wolf ist immer für eine Überraschu­ng gut und sorgt mit seiner Ansage für Diskussion­en weit über die Gemeindegr­enzen hinaus.

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