Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Lebensweg des Malers Josef Dilger

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immer die Zustimmung des Stadtrats notwendig – wie im letzten Jahr beim Erwerb von 105 Bildern für insgesamt 22 500 Euro.

Dass diese und auch künftige Finanzmitt­el gut angelegt sein könnten, zeigt der Stellenwer­t, den das Werk von Josef Dilger in der Fachwelt besitzt. Sie hebt den eigenständ­igen Stil des Malers hervor, der von Impression­ismus und Expression­ismus beeinfluss­t ist. Dabei tritt Dilger der im frühen 20. Jahrhunder­t aufkommend­en Abstraktio­n mit figürliche­m Stil, eigenwilli­ger Räumlichke­it, harten Formen, leuchtende­r Farbigkeit und einer stets offenkundi­gen inhaltlich­en Aussage entgegen.

Im Gegensatz zu seinem berühmten Zeitgenoss­en Max Beckmann verzichtet­e Dilger in seinen Bildern jedoch auf eine zeitkritis­che, ironisiere­nde Haltung und subjektive Symbolspra­che. Das dürfte den Reinhartsh­ausener wiederum in der Zeit des Nationalso­zialismus vor der Ächtung als „entarteter“Künstler bewahrt haben. Dilger richtete seinen Blick vielmehr auf das Unspektaku­läre und Ruhige, holte sich Motive aus seiner unmittelba­ren Umgebung oder auf Reisen nach Österreich, Italien und in den Balkan.

So entstanden in Auflösung von Umrissen und Konturen in farblich dominieren­den Wechselwir­kungen Stillleben, Porträts, Blumenarra­ngements, Akte und Landschaft­en. „Bei genauem Hinschauen entdeckt man aber eine gewisse Mystik“, macht der Kulturprei­sträger

● Josef Dilger war eine Art Workaholic. Kontinuier­lich war er als Lehrer, Kir chenorgani­st oder Künstler tätig. Ge boren am 10. November 1899 in Neuhausen bei Marxheim als ältestes von sechs Kindern absolviert­e er das Lehrersemi­nar in Lauingen. Den Ersten Weltkrieg erlebte er als Kriegsfrei williger. Nach dem Krieg wurde er als Lehrer nach Augsburg versetzt. Be reits dort widmete er sich der Malerei.

● Im September 1927 kam er mit sei ner Frau Emma nach Reinhartsh­au sen. Bis 1956 leitete das Lehrerehe paar mit Unterbrech­ungen die dorti ge Dorfschule. Im Dachboden der Schule richtete sich Dilger ein Mal

Stadt Bobingen und ehemalige Kulturamts­leiter, Reinhold Lenski, aufmerksam.

Er bezeichnet Dilger, der 1927 als Lehrer an die kleine Dorfschule nach Reinhartsh­ausen kam, als „Künstler der verscholle­nen Generation“. Lenski meint damit jene Menschen, deren Schaffen durch die Teilnahme an zwei Weltkriege­n massiv beeinträch­tigt wurde. Hinzu sei das Pech gekommen, dass atelier ein. 1945 kehrte er aus ameri kanischer Kriegsgefa­ngenschaft zu rück. Im Jahr darauf rettete er aus der brennenden Kirche im benachbart­en Schlossgut Hardt wertvolle Figuren und Kreuzwegbi­lder. Als Dank erhielt er vom Schlossbes­itzer Baumateria­l, das er zur Errichtung eines Ateliers hin ter dem Schulgebäu­de nutzte. Ab 1948 durfte er wieder unterricht­en.

● Regelmäßig beteiligte sich Josef Dil ger an Kunstausst­ellungen in Augs burg, Berlin, Hamburg und München, unter anderem im dortigen „Haus der Kunst“. Der Vater von drei Töchtern starb am 8. Juni 1972 in Reinharts hausen. (rusi)

Dilger isoliert auf dem Lande leben musste, so Lenski weiter. „Wäre er in Städten wie München oder Frankfurt mit ihrer vielfältig­en Kunstszene beheimatet gewesen, wäre er sicher zu einem landesweit bekannten Künstler aufgestieg­en.“

Zum Nachlass des talentiert­en Autodidakt­en, der Unterricht in einer privaten Malakademi­e nahm und Kontakte zu Schülern von Max Beckmann und Karl Casper unterhielt, gehören unzählige Gemälde, Zeichnunge­n, Aquarelle, Kaltnadelr­adierungen und Holzschnit­te.

Die von der Dilger-Stiftung betreuten Werke lagern derzeit geschützt im Magazin der Stadt Boder bingen. Die nächste große JosefDilge­r-Ausstellun­g finde im Jahr

2019 statt, sagt Elisabeth Morhard. Dann feiere der Künstler seinen

120. Geburtstag und die Stadt Bobingen ihr 50. Jubiläum.

Mit dabei ist dann sicher auch das Gemälde vom „Dempfen Liesele“. „Nach Auskunft von Dilgers Tochter Ruth Ahl ist es vermutlich das einzige Ganzkörper­porträt, das der Vater gemalt hat“, berichtet Morhard. Das Bild sei ein Zeitzeugni­s und gebe anhand Kleidung, Haltung und Gesichtsau­sdruck einen Einblick in die eher ärmliche Kindheit in der Vorkriegsz­eit in Reinhartsh­ausen.

Pech, dass er auf dem Lande leben musste

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Foto: Siegfried P. Rupprecht Josef Dilgers impression­istischer Blick auf sein Atelier.

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