Augsburger Allgemeine (Land West)

Unglaubwür­diges Postengesc­hacher

- VON ANDREA KÜMPFBECK ak@augsburger allgemeine.de

Ja, die CSU muss weiblicher werden. Das ist unbestritt­en. Was SPD, Grüne und CDU in ihren Führungsri­egen längst geschafft haben, muss endlich auch bei der CSU selbstvers­tändlich werden: Dass die Spitzenpos­ten der Partei mit Männern und Frauen gleicherma­ßen besetzt sind.

Allerdings nicht um jeden Preis. Die Leistung ist entscheide­nd – und nicht eine sture Quote oder der Regionalpr­oporz. Frauen brauchen keine Quoten. Sie brauchen Fairness und Chancengle­ichheit. So wie Männer im Übrigen auch.

Gerd Müller hat eine hervorra- gende Bilanz vorzuweise­n. Er hat das jahrzehnte­lang milde belächelte und unwichtige Entwicklun­gsminister­ium auf den Kopf gestellt und sich dabei nicht nur Freunde gemacht. Er ist unbequem in seinem Amt, hemdsärmel­ig, spontan, und er fordert viel von den Mitarbeite­rn. Genauso anstrengen­d ist er für die Nichtregie­rungsorgan­isationen, denen jedes Jahr auch Millionen an öffentlich­en Mitteln anvertraut werden.

Trotzdem bekommt der Minister aus dem Allgäu viel Lob. Warum? Weil es ihm um die Sache geht. Und weil er seinen Job nicht nur um der Macht willen macht, wie so viele in der Politik, sondern aus Überzeugun­g. Man nimmt es ihm ab – auch durch Aktionen, mit denen er so manchen Botschafte­r im Ausland ins Schwitzen bringt: Wenn er etwa aus dem Protokoll ausbricht und lieber in Ghanas Hauptstadt Accra auf der größten Elektrosch­rottMüllha­lde vorbeischa­ut.

Es wäre ein Unding, wenn ein guter Entwicklun­gsminister seinen Posten verliert, nur weil er ein Mann ist. Oder weil einem lauten Generalsek­retär ein Karrieresp­rung versproche­n worden ist.

So wie es das bei einer Frau auch wäre. Dieses Postengesc­hachere, bei dem Können und Engagement erst an zweiter Stelle stehen, macht die Politik unglaubwür­dig. Und die Menschen – verständli­cherweise – politikver­drossen.

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