Augsburger Allgemeine (Land West)
Der Siegeszug der Eigenmarken
Supermärkte und Discounter sichern sich mit ihren Produkten einen immer größeren Anteil des Marktes. Bekannten Marken macht das bislang wenig aus. Doch Hersteller ohne deutliches Profil haben es immer schwerer
Düsseldorf Die Verbraucher in Deutschland haben 2017 so oft zu Eigenmarken der großen Handelsketten gegriffen wie noch nie. Egal ob „Ja“oder „Gut und günstig“, „Rewe Beste Wahl“oder „Edeka Select“: Das Geschäft mit den Handelsmarken brummt. Insgesamt steigerten Edeka, Rewe, Aldi, Lidl und Co. nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung, kurz GfK, den Marktanteil ihrer Eigenmarken im vergangenen Jahr auf 37,4 Prozent. Das sei ein neuer Rekord, sagt GfK-Handelsexperte Wolfgang Adlwarth.
Längst vorbei sind die Zeiten, in denen Eigenmarken eine Domäne der Discounter waren. Gerade die großen Supermarktketten Edeka und Rewe, aber auch Drogeriemarktketten wie dm und Rossmann haben in den vergangenen Jahren ihr Eigenmarkenangebot zielstrebig ausgebaut.
Beispiel Rewe: Der Handelsriese hat längst nicht mehr nur die Billigmarke „Ja“im Programm, deren Preise sich am Discount-Marktführer Aldi orientieren. Daneben gibt es auch die deutlich höher positionierten Eigenmarken „Beste Wahl“und „Feine Welt“. Es gibt „Rewe Regional“für Obst und Gemüse, sowie „Rewe Bio“. Ganz ähnlich sieht es beim Rivalen Edeka aus.
Die Eigenmarken sind gerade für die Supermarktketten längst vom reinen Billigprodukt zum Instrument der Profilierung geworden. Bei Bio-Produkten etwa liegt ihr Marktanteil mit fast 50 Prozent besonders hoch. Mit diesem Angebot werde von den Handelsketten eine kaufkräftige und damit besonders attraktive Zielgruppe umworben, erläutert Adlwarth.
Erleichtert wird der Siegeszug der Handelsmarken durch das gute Image, das sie sich in den vergangenen Jahren erarbeitet haben. Neun von zehn Konsumenten bescheinigen den Produkten der Handelsketten nach einer Studie der Beratungsgesellschaft KPMG ein gutes PreisLeistungs-Verhältnis. Mehr als 80 Prozent der Verbraucher sehen keine großen Unterschiede mehr zwischen der Qualität von Markenprodukten und Handelsmarken.
Der Siegeszug der Eigenmarken hinterlässt längst sichtbare Spuren in den Verkaufsregalen. Während bekannte Marken von Dr. Oetker oder Henkel dort nach wie vor einen unangefochtenen Platz haben, ha- ben es weniger bekannte Hersteller immer schwerer, sich gegen die Eigenmarken zu behaupten. Seit dem Jahrtausendwechsel haben diese „Mittelmarken“nach Angaben der GfK 40 Prozent ihres einstigen Marktanteils eingebüßt.
Die einzigen Anbieter, bei denen die Bedeutung der Eigenmarken abnimmt, sind GfK-Experte Adlwarth zufolge ausgerechnet Aldi und Lidl. Dabei galten die Discounter lange als Hort der Handelsmarken. Tatsächlich liegt noch heute der Eigenmarkenanteil bei Aldi laut GfK bei mehr als 80 Prozent, bei Lidl bei über 60 Prozent. Doch seitdem selbst Aldi immer mehr Markenartikel in seinen Regalen anbietet, sinkt bei den Discountern tendenziell die Bedeutung der Eigenmarken. Ein Ende der Erfolgsgeschichte der Handelsmarken ist nach Einschätzung von Adlwarth dennoch nicht in Sicht.