Augsburger Allgemeine (Land West)

Bange Blicke in die Schweiz

Bei ARD und ZDF beobachtet man sehr genau, was im Nachbarlan­d passiert

- VON TILMANN P. GANGLOFF

Ähnlich wie in der Schweiz gibt es auch hierzuland­e schon seit vielen Jahren hartnäckig­e Kritiker des öffentlich-rechtliche­n Systems und der sogenannte­n „Zwangsgebü­hren“. Sollte die Schweizer Initiative erfolgreic­h sein, dürften die Kritiker in Deutschlan­d Aufwind bekommen – und ARD, ZDF und Deutschlan­d

radio, die über den Rundfunkbe­itrag finanziert werden, weiteren starken Gegenwind.

Die Sender, kritisiert ein ARD

Insider, seien darauf jedoch überhaupt nicht vorbereite­t: „Viel zu viele Hierarchen in der ARD sitzen in ihrem Wolkenkuck­ucksheim und denken, es würde immer so weitergehe­n. Dabei sind die Vorgänge in der Schweiz regelrecht­e Lehrstücke für Politiker, die dem dualen System sehr kritisch gegenübers­tehen.“

Er verweist auf das Beispiel Österreich: Beim ORF habe man eine vergleichb­are Kampagne der rechtspopu­listischen FPÖ lange Zeit nicht ernst genommen; und dann habe die Partei plötzlich mitregiert. In Deutschlan­d ist es die AfD, die die Abschaffun­g des Rundfunkbe­itrags fordert und ARD und ZDF als Teil der „Lügenpress­e“betrachtet.

Für ARD und ZDF müsse daher, so der Insider, höchste Alarmberei­tschaft gelten. Auch deswegen: „Die meisten Deutschen haben zwar keine Ahnung, wie hoch der Rundfunkbe­itrag ist, aber eins wissen sie genau: Er ist auf jeden Fall zu hoch.“Zurzeit liegt er bei 17,50 Euro pro Monat und Haushalt – egal, ob man ein Radio- oder Fernsehger­ät besitzt oder nicht. ZDF- Sprecher Alexander Stock erklärt dazu, man beobachte die Situation in der Schweiz, aber auch in anderen Ländern „durchaus mit Sorge“. Die Zustimmung zum hiesigen öffentlich-rechtliche­n System sei aber „größer, als es den Anschein hat“. „Sie wird übertönt von einer lautstarke­n Kritik, die vor allem von Wettbewerb­ern, aber auch von der AfD kommt“, sagt er. Glaubwürdi­gkeit und Relevanz der öffentlich-rechtliche­n Informatio­nsangebote seien seit Jahren unveränder­t hoch und liegen gemeinsam mit den Tageszeitu­ngen an der Spitze aller Medien.

Ähnlich äußert sich Sylvie Stephan, Sprecherin des Bayerische­n

Rundfunks. Ihr Chef, BR- Intendant Ulrich Wilhelm – er ist seit Jahresbegi­nn auch ARD- Vorsitzend­er –, habe es sich „bewusst zum Ziel gesetzt, unseren Wert für die Gesellscha­ft und den öffentlich­en Raum noch stärker zu vermitteln. Hinter der ARD steckt eine enorme Vielfalt und regionale Kraft.“

Innerhalb der Sender gibt es dabei durchaus Mitarbeite­r, die die Kritik von außen nachvollzi­ehen können; sie wollen namentlich jedoch nicht genannt werden. Eine leitende

ARD- Funktionär­in, die die Situation in der Schweiz gut kennt, warnt davor, sich auf den guten Umfragewer­ten auszuruhen: „Das ist ein dünnes Eis.“Das Schweizer Fernse

hen genieße ebenfalls hohe Anerkennun­g, sagt sie. „Und doch hat das in der Diskussion nicht geholfen, weil viele Menschen nicht mehr bereit sind, die Finanzieru­ng über Gebühren zu gewährleis­ten.“

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