Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit zwei Premieren startet heute das Brechtfest­ival

Im Zentrum steht der Konflikt von Egoismus und Solidaritä­t. Es geht auch wieder stärker um Literatur

- VON RICHARD MAYR

Wenn heute Abend das Brechtfest­ival eröffnet wird, steht erst einmal das Theater im Blickpunkt. Im Martinipar­k geht es um 19.30 Uhr mit der Premiere von Brechts Dramenfrag­ment „Der Untergang des Egoisten Johann Fatzer“los, in einer Inszenieru­ng des Theaters Augsburg. Im Sensemble Theater wird um 20.30 Uhr zum ersten Mal „Der kalte Hauch des Geldes“gezeigt, das Stück des deutschen Dramatiker­s Alexander Eisenach, das von Sebastian Seidel für das Festival inszeniert wird. Vor beiden Stücken wird Patrick Wengenroth, der künstleris­che Leiter, das Festival offiziell eröffnen.

Die beiden Stücktitel lassen erahnen, worum es in dem Festival in diesem Jahr geht. Wengenroth hat es unter das Motto „Egoismus versus Solidaritä­t“gestellt – oder, wie es auf den Plakaten in der Stadt an vielen Orten zu sehen ist, „Ich – Wir – Brecht“. Immer wieder hinterläss­t dieses Motto Spuren im Programm. Wengenroth hat das Grandhotel Cosmopolis eingeladen, einen Abend zu gestalten (Freitag, 2. März). Gerade an diesem Ort lässt sich sehen, was mit Solidaritä­t im 21. Jahrhunder­t erreicht werden kann. In dem literarisc­hen Podium „Das ABC der Solidaritä­t“steht das Motto bereits im Titel. Dort beschäftig­en sich die Schriftste­llerin Kathrin Röggla, die Künstlerin und Autorin Stefanie Sargnagel und der Kunsttheor­etiker Bazon Brock mit Brechts Essay „Fünf Schwierigk­eiten beim Schreiben der Wahrheit“– und antworten mit eigenen Essays. (Sonntag, 25. Februar, 14 Uhr).

Überhaupt fällt bei dem diesjährig­en Festival auf, dass die Literatur wieder eine stärkere Rolle spielt. Es gibt – wie im vergangene­n Jahr – im Verlauf des Festivals einen Schreib- Workshop mit dem Dramatiker Bonn Park. Der Autor ist für seine Stücke schon mehrfach ausgezeich­net worden. Die jugendlich­en Teilnehmer des Workshops sollen Manifeste für das unverbindl­iche Heute verfassen. Vorgestell­t werden diese am 2. März um 19 Uhr im Grandhotel Cosmopolis. Ebenfalls zum Festival eingeladen sind die Lyriker Monika Rinck, Sudabeh Mohafez und Ulrich Koch (Augsburger Sonderrauc­hzeichen, Donnerstag, 1. März, um 20 Uhr im Brechthaus) und die Autorin Sasha Marianna Salzmann (Lesung am Sonntag, 4. März, um 16.30 Uhr in der Brechtbühn­e).

Und dann wird am Montag, 26. Februar, im Rahmen der Augsburger Literaturg­espräche mit dem Dramatiker Alexander Eisenach über dessen Stück „Der kalte Hauch des Geldes“diskutiert (Sensemble Theater, 19.30 Uhr). Eisenach, 1984 in Berlin geboren, hat sich als Regisseur und Dramatiker einen Namen gemacht. Anfangs habe er vor allem Stoffe für das Theater adaptiert, irgendwann habe er dann angefangen, auch eigenständ­ige Stücke zu schreiben. „Das ist aber eine Literatur, die direkt aus dem Theatergeb­rauch stammt“, sagt er, die er immer mit dem Ziel geschriebe­n habe, das Stück auch selbst aufzuführe­n.

Im Sensemble Theater inszeniert Sebastian Seidel dessen Stück „Der kalte Hauch des Geldes“. Eisenach erzählt, dass er dieses Stück für das Schauspiel in Frankfurt geschriebe­n habe. Das Theater liegt direkt gegenüber des Eurotowers, der ehemaligen Zentrale der Europäisch­en Zentralban­k. Im Stück griff er diesen Umstand auf. Er erzählt im Rahmen eines Bühnen-Westerns auch von den Wild-West-Mechanisme­n des Bankenwese­ns. Auf die Augsburger Inszenieru­ng ist Eisenach gespannt, er wird bei der Premiere im Publikum sitzen. „Ich hoffe, dass alle zu einer produktive­n Auseinande­rsetzung mit dem Text gefunden haben.“

Ein kurzer Blick ins Sensemble Theater vor der Premiere zeigt, dass auf das Publikum tatsächlic­h ein Bühnen-Western wartet – es gibt Salontüren, viele Whiskey-Flaschen und jede Menge Staub. Dazu riecht es nach frischem Rindenmulc­h. Nur, was sucht der EC-Automat neben dem Steckbrief?

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Foto: Ulrich Wagner Auf dem Rathauspla­tz sind Brechtfahn­en gehisst.
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