Augsburger Allgemeine (Land West)
Er schlug sie mit Fäusten und wollte Sex
Im Mai vorigen Jahres wird eine Joggerin abends am Lech überfallen. Nur weil sich die sportliche Frau heftig wehrt, lässt der Täter von ihr ab. Jetzt steht ein 23-jähriger Afghane wegen der Attacke vor Gericht
Er wollte Sex, wenn nötig auch mit Gewalt. Das Geschehen, von dem eine 23-jährige Studentin am Donnerstag vor dem Augsburger Landgericht erzählt, ist der Albtraum vieler Frauen. Die junge Frau schildert ruhig, ohne Emotionen zu zeigen, wie sie im Mai vorigen Jahres beim Joggen am Lechufer in Augsburg überfallen und beinahe vergewaltigt worden ist. Der Täter, ein 23-jähriger Afghane, ist wegen versuchter Vergewaltigung und Körperverletzung angeklagt.
Der Überfall spielte sich um kurz nach 20 Uhr auf der Westseite des Lechs ab. Die Studentin sagt, sie habe gerade eine Pause beim Joggen eingelegt, als sie von hinten gepackt wurde und ihr jemand mit einer Hand den Mund zuhielt. Der Mann habe sie mehrmals in vulgärer Sprache zum Sex aufgefordert. Weil sich die Frau wehrte, gab es ein Gerangel, beide stürzten. Der Täter schlug mit Fäusten auf sein Opfer ein. Der sportlichen Studentin gelang es, sich mithilfe von Tritten aus der Umklammerung zu befreien und davon zu laufen. Zurück blieben ihr Handy und, da sie beim Laufen Musik gehört hatte, Kopfhörer. Die Kopfhörer lagen noch dort, als sie am nächsten Tag mit Kripobeamten den Tatort besichtigte.
Zwar gelang es dem Mann, direkt nach der Tat zu flüchten. Auch die Suche mit einem Polizeihubschrauber brachte keinen Erfolg. Neun Tage nach dem Überfall nahmen ihn Polizeibeamte dann aber als Verdächtigen fest. Er arbeitete zu der Zeit als Lagerist über ein Zeitarbeitsunternehmen bei einer Firma in Zusmarshausen. Dort suchten ihn Polizeibeamte auf – und nahmen ihn mit ins Augsburger Präsidium. Die Kripo hatte ihn geortet, weil er das Smartphone der Frau bei dem Überfall mitgenommen und benutzt hatte. Es dauerte offenbar, bis der 23-jährige im Polizeiverhör schließlich ein Geständnis ablegte. Im Bericht der Polizei stand damals: „Der Festgenommene, der im Stadtgebiet Augsburg wohnt, räumte nach anfänglichem Leugnen ein, die Joggerin überfallen zu haben.“Auch der Prozessauftakt am Donnerstag ver- läuft zäh. Obwohl er bei der Polizei noch gestanden hatte, behauptet der gut Deutsch sprechende Angeklagte zunächst, er habe die Studentin nicht vergewaltigen wollen. „Ich hatte keinen Plan.“Er habe nur gehofft, sie küssen und vielleicht Sex mit ihr haben zu können. Erst nach einer Sitzungsunterbrechung, um die sein Verteidiger Marco Müller gebeten hat, räumte der Angeklagte dann doch noch ein, ihm sei es an je- nem Abend einzig um Sex gegangen. Wie er sagt, habe er zuvor wochenlang keinen Sex gehabt.
Der angeklagte Afghane lebt mit seinem älteren Bruder, der als Zuhörer im Gerichtssaal den Prozess verfolgt, seit fünf Jahren in Deutschland. Beide hatten in Augsburg bei ihrer Mutter gewohnt. Ihr Vater, in Afghanistan als Richter tätig, ist nach Angaben des Angeklagten von den Taliban ermordet wor- den. Der 23-Jährige hatte in seiner Heimat die Schule mit Abitur abgeschlossen.
Die Studentin, die in dem Prozess auch als Nebenklägerin auftritt, hat den Überfall anscheinend psychisch gut verkraftet. Wie sie sagt, geht sie auch wieder joggen – aber nicht am Lechufer und nicht mehr abends. Der Prozess vor der Dritten Strafkammer des Landgerichts wird am 5. März fortgesetzt.