Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein Festival ohne Glanz und Glamour?
Nip@augsburger allgemeine.de
schaftsbürgermeisterin Eva Weber (CSU). „Die nördliche Annastraße ist aber etwas, das uns beschäftigt“, gibt sie zu.
Beim ehemaligen WoolworthGebäude, das seit neun Jahren leer steht, habe Peek & Cloppenburg nach wie vor Interesse, allerdings ziehen sich die Verhandlungen seit Jahren. Zudem ist Schuh Leiser ausgezogen, die Umbauarbeiten im ehemaligen „Weißen Hasen“ziehen sich schon länger hin. Den Wandel zu mehr Gastronomie sieht man bei der Stadt nicht problematisch. „,Starbucks‘ wird ein Magnetbetrieb, der mehr Leute in die Innenstadt zieht. Davon profitiert auch der Einzelhandel“, so Weber.
Verantwortlich dafür, dass Einkaufen nicht mehr so gefragt ist, dürften der Online-Handel und die Fachmarktansiedlungen im Umland auf der grünen Wiese sein. Beispiel: Elektroartikel besorgen sich knapp zwei Drittel der befragten Passanten inzwischen im Internet oder im Fachmarkt, nur ein Drittel setzt auf die Innenstadt. Auch Passantin Da- niela Bock kauft, obwohl sie in der Innenstadt wohnt, gelegentlich etwas im Netz. Die Zahl der Geschäfte sei groß, die Auswahl online größer.
Gepunktet werden kann hingegen bei der Kleidung: Mit 70000 Quadratmetern Verkaufsfläche (K & L war da aber noch mit eingerechnet) machte diese Sparte 2016 knapp die Hälfte der Verkaufsfläche in der Innenstadt aus. Und laut Befragungsergebnissen wünschten sich die Kunden noch ein größeres Angebot an Kleidung, Gastro und Sportartikeln. Ganz oben auf der Liste stehen Zara (in der City-Galerie schon vertreten) und Primark.
Der Anteil der Besucher von auswärts ist seit Jahren im Abwärtstrend – als Zentrum mit Strahlkraft ins weitere Umland tut sich Augsburg schwerer als früher. Im Vergleich zu 2012 gibt es mehr als fünf Prozent Verlust von Passanten aus Nachbarkommunen – erstaunlicherweise gehen die Passantenzahlen bei Zählungen insgesamt aber nicht zurück, sondern steigen leicht. Bei Augsburgern hat die Innenstadt nämlich an Beliebtheit gewonnen, bei Besuchern aus den weiter entfernten Landkreisgebieten und von außerhalb, etwa München, blieben die Zahlen gegenüber 2012 weitgehend gleich. Zumindest die Passanten, die in die Innenstadt kommen, sind zufrieden. Mehr als 80 Prozent der Befragten kaufen einmal monatlich oder öfter in der Innenstadt ein.
Durchwachsen bewertet wurde von den Besuchern die Beratungsqualität im Einzelhandel. Nur gut 50 Prozent fühlten sich sehr gut oder gut beraten, der Rest gab die Schulnoten 3 bis 6. Wolfgang Puff, Geschäftsführer des bayerischen Einzelhandelsverbands und bis vor kurzem Chef des schwäbischen Handelsverbands, ist damit nicht zufrieden. Wolle der Einzelhandel in der digitalen Welt bestehen, müsse er durch Beratung punkten. „Wenn sich Kunden nicht willkommen fühlen, dann merken sie sich das.“
Welche Rolle der Nahverkehr für eine attraktive Innenstadt spielt, lesen Sie auf »Seite 42.
Bert Brecht und seine Heimat Augsburg – lange war das ein schwieriges Verhältnis. Die Kommunalpolitik konnte sich nie richtig anfreunden mit dem literarischen Genie. Irgendwann aber wurde den Handelnden auch hier klar: Man kommt als Geburtsstadt nicht vorbei an diesem Mann, dessen Stücke weltweit gespielt werden.
Also tastete sich die Stadt heran: Sie erwarb sein Geburtshaus und richtete eine Gedenkstätte ein. Sie schuf eine Brecht-Forschungsstelle und stiftete den Brecht-Preis, der inzwischen alle zwei Jahre vergeben wird. 2006 beschloss man, zu Brechts Ehren auch ein regelmäßiges Festival aufzulegen. Die erste Version hieß „AugsburgBrechtConnected“– kurz abc-Festival – und war ein Riesenerfolg: Der künstlerische Leiter Albert Ostermaier holte Sänger Herbert Grönemeyer, Schauspieler Udo Wachtveitl und andere Prominente nach Augsburg. Es war ein Sommerfestival, im Juli. Überall in der Innenstadt konnte man in diesen Tagen interessanten Menschen begegnen.
Seitdem sind viele Jahre vergangen – und mindestens so viele politische Auseinandersetzungen. Oft
Es schien ein Muss, den Festivalleiter abzusetzen
waren sie heftig, meist entzündeten sie sich an der Festivalleitung. Fast konnte man den Eindruck gewinnen, jeder neue Kulturreferent sei geradezu verpflichtet, den Festivalleiter abzusetzen, den der Vorgänger eingesetzt hatte. So folgte Joachim Lang auf Albert Ostermaier und Patrick Wengenroth auf Joachim Lang. Keine dieser Personalentscheidungen wurde still gefällt, die hitzigen Debatten in den politischen Gremien waren oft unterhaltsamer als ein Theaterabend. Um Inhalte ging es dabei manchmal – aber leider viel zu selten.
Nun hat diesen Freitag wieder ein Brechtfestival begonnen, wobei der aktuelle Termin vollkommen willkürlich erscheint. Brechts Geburtstag am 10. Februar – das Datum, das einst ausschlaggebend war für eine Verlegung in den Winter – ist schließlich längst vorüber. Vorüber sind auch die Zeiten, in denen die Besucher gespannt sein durften, welche Spitzen während der Eröffnungsreden wohl platziert würden, nur um die Debatte auch zu diesem Anlass anzufachen. Es ist ruhig geworden ums Brechtfestival. Fast schon zu ruhig!
Wer das Programm studiert, findet zwar viele Termine. Prominente, wie sie Ostermaier und auch Lang (Milva, Heino Ferch, Iris Berben ...) holten, tauchen aber kaum noch auf. Jetzt sind es fast ausschließlich Augsburger Akteure, die dieses Festival gestalten. Kein Promi-Glanz, kein Glamour. Das muss nicht heißen, dass die Reihe an Qualität verloren hat. Die Einbindung lokaler Akteure war ja auch eine unmissverständliche Vorgabe, die Kulturreferent Thomas Weitzel an Festivalleiter Wengenroth stellte. Die Hoffnung aber, Augsburg könnte mit dem Brechtfestival langfristig auch überregional punkten, droht sich durch diese Neuausrichtung zu zerschlagen.